Colegio Mater Ter Admirabilis – Ein kleines Schulportrait

Das “Colegio Mater Ter Admirabilis” ist eine große katholische Privatschule mit rund 1.700 Schülern. Die Schule wird von elf Schwestern geleitet, die in der oberen Etage des Colegios auch wohnen. Es gibt 280 Lehrerinnen und Lehrer, die dort unterrichten. Die Schule liegt ziemlich zentral im Stadtteil “San Cristobal” und ich muss von meiner WG in Boedo nur etwa 10 Minuten zu Fuß zum Colegio laufen. Ein solch kurzer Arbeitsweg ist in Buenos Aires ein totaler Luxus, denn die Stadt streckt sich ziemlich weit und die Subte (Metro) ist zu den Stoßzeiten natürlich immer überfüllt.

Die Gänge des Colegios sehen für mich momentan noch alle gleich aus, was die Orientierung in der Schule für mich ziemlich schwierig macht. Aber die Lehrer und Schüler sind alle super freundlich und immer wieder bereit, mir den richtigen Weg zu Klassenzimmern zu zeigen.

Pater Josef Kentenich

Beim Unterrichten bezieht man sich hier auf  Pater Josef Kentenich, den Gründer der sogenannten Schönstatt-Bewegung, der die Lehre einer geschlechterdifferenzierten Erziehung vertrat.

Deswegen werden Mädchen und Jungen in der Mater Ter Admirabilis getrennt unterrichtet und ich bin hauptsächlich bei Mädchen im Unterricht eingeteilt. Außerdem beginnt der Deutschunterricht immer mit einem Gebet auf Deutsch, welches von Jahrgang zu Jahrgang komplexer wird.

Liebe & Süßigkeiten

Ich habe mich jetzt schon in vielen Klassen als die neue “kulturweit”-Freiwillige der Schule vorgestellt. Dabei zeigten die Kinder immer ganz viel Interesse: Neben den Fragen nach meinem Namen und Alter wollten sie immer wissen, ob ich einen Freund oder gar Verlobten hätte. Außerdem wurde ich immer gefragt, ob ich denn schon “Dulce de leche” (Karamell-Creme) probiert hätte. Liebe und Süßigkeiten scheinen den Schülern hier also nach meiner ersten Erkenntnis seeehr wichtig zu sein 😉

Die jüngeren Schülerinnen freuen sich immer riesig mich zu sehen und zeigen mir das auch direkt: So stehen viele mitten im Unterricht auf, um mich zu umarmen oder mir ein Küsschen auf die Wange zu drücken. Außerdem haben mir viele Schülerinnen am Anfang ganz süße Zettel geschrieben und gemalt mit “Te quiero, Lola <3”

Besitos

Die Pausen verbringe ich im Lehrerzimmer. Hier ist es üblich, sich mit mit einem “besito” (Küsschen) auf die rechte Wange und einem kurzen “Que tal? – Todo bien” zu begrüßen. Bei der großen Anzahl der Lehrer werfe ich aber auch häufig mal ein freundliches “Buenos dias” in die Runde. Im Lehrerzimmer gibt es eine kleine Küche, in der sich die meisten Lehrer das von zu Hause mitgebrachte Mittagessen aufwärmen können. Es herrscht hier eine angenehme Stimmung. Häufig werden auch kleine Leckereien wie Kekse oder nach Ostern ein “Rosca de Pascua” (Osterkranz) angeboten.

5 Sterne-mensa

Wenn ich es mal nicht schaffe, mir ein Mittagessen vorzukochen, esse ich in der Mensa des Colegios, wo es eine sagenhafte Auswahl gibt: Hauptspeisen wie Pizza, Empanadas oder Milanesas (Schnitzel meist mit Rindfleisch), eine Salattheke und eine Auswahl an Desserts – fast wie in einem Restaurant, derbe lecker!

Es ist echt schön, dass ich den Deutschunterricht in dieser PASCH-Schule unterstützen darf. Hasta luego…

Ostereier & Bananenmilch in Mar del Plata – Felices Pascuas!

Das Osterwochenende habe ich gemeinsam mit zwei anderen kulturweit-Freiwilligen aus Buenos Aires genutzt, um der Großstadt nach kaum 2 Wochen zu entfliehen und die freie Zeit am Strandort “Mar del Plata” zu genießen. Was wir nicht erwartet hatten: Die Reisebusse sind in Argentinien super ausgestattet und man fühlt sich beinahe wie in der Business Class eines Flugzeugs! Als wir nach einer 5-stündigen, sehr angenehmen Busfahrt letzten Mittwochnachmittag in Mar del Plata ankamen, mussten wir noch etwa 40 Minuten lang mit einem Colectivo nach Santa Elena zu unserem AirBnb fahren.

Colectivo bedeutet einfach Bus. Mit dem Wort “Bus” kommt man allerdings nicht weit, da alle Argentinier so tun, als hätten sie dieses recht internationale Wort noch nie gehört. Um die Colectivos anzuhalten, streckt man einfach seinen Arm aus und muss sich auch nicht unbedingt an einer Haltestelle befinden. Wenn man aussteigen möchte, drückt man einfach auf den Knopf. Man sollte dabei aber aufpassen, keinen frühzeitigen Abgang zu machen, da die Busfahrer die Türen meist schon während des Fahrens öffnen.

Dank Colectivo kamen wir in unser AirBnb, das dann doch nicht so zentral lag, wie angepriesen.

Unser Ferienhäuschen in Santa Elena war schön, aber etwas schmuddelig. Es gab außerdem kein Spülmittel, was dem Abwasch etwas die Effektivität nahm. Für uns war die Lage aber genau das Richtige, um einmal richtig runterkommen zu können. Wir waren eines Abends erstaunt, als uns einfach frei laufende Pferde entgegen kamen, so etwas Entspanntes hatten wir noch nie gesehen.

Den Donnerstag haben wir am Strand in Mar del Plata verbracht. Während die meisten Argentinier sich in der Sonne brieten und Mate schlürften, cremte ich mich mit 50+ Sonnencreme ein und knabberte an meinem trockenen Toast. Es war traumhaft schön, aber es kam uns surreal vor, dass wir im Südatlantik planschten, während unsere Freunde und Familie in Deutschland teilweise verschneite Ostern verbrachten.

Ansonsten haben wir am Karfreitag abends an einem “Via crucis” (Kreuzweg) der katholischen Kirche “Iglesia Catedral de Mar del Plata” teilgenommen. Es war ein Umzug der Gemeinde zum Gedenken an den Leidensweg Christi. Es herrschte eine andächtige Stimmung und es war beeindruckend und schön, dabei mitzulaufen. Etwas befremdlich war es für mich, dass die Statuen Christis und Marias mitgetragen wurden und die Menschen diese unbedingt berühren wollten.

Insgesamt haben Sara-Lina, Evelyn und ich sehr viel Zeit mit Schlafen und Essen verbracht. Wir haben uns den Tipp von Eves Mutter zu Herzen genommen und “bei allem, außer dem Essen gespart”. So wurde beispielsweise die abendliche Bananenmilch für uns drei Chiquitas in den fünf Tagen zu einer heiß geliebten Tradition, die wir Tag für Tag zelebrierten.

In den argentinischen Supermärkten werden zu Ostern riesige Schoko-Ostereier verkauft. Diese sind in Tonnen von Plastik gehüllt und kosten ein Vermögen (etwa 12 Euro pro Stück!). Jedes Kind bekommt ein großes Ei zu Ostern und damit muss die Schokoladenindustrie ein echt gutes Geschäft machen…

 

Wir dagegen haben am Samstagabend gekochte Eier mit Filzern, Finelinern und viel Liebe bemalt. Diese sowie Schokohasen haben wir am Ostersonntag im kleinen Garten des AirBnbs versteckt. Es war echt interessant, wie sehr wir uns über diese deutsche Tradition gefreut haben und wie wir uns durch die Eiersuche ein kleines Stück Heimat nach Argentinien holten. Anschließend hatten wir ein idyllisches und gemütliches Osterfrühstück.

Gestern Nachmittag ging es dann schon wieder mit dem Reisebus nach Hause nach Buenos Aires. Allerdings hatten nicht nur wir die schlaue Idee, bereits Sonntagabend nach Buenos Aires zurückzukehren, weshalb die Straßen verstopft waren. Das störte uns aber keineswegs, denn in den gemütlichen Sesseln konnte man herrlich schlafen, dösen und die vom Busunternehmen servierten “Alfajores” von Havanna genießen. Das ist eine typische und sehr beliebte südamerikanische Süßigkeit: Ein Doppelkeks, der mit Dulce de Leche gefüllt und mit Schokolade überzogen ist. 

Sara-Lina und ich hielten laut Eve wohl auch den ganzen Bus mit unseren recht persönlichen Geschichten wach. Allerdings fand unsere Unterhaltung ja auf Deutsch statt, weshalb der Großteil uns auf der 6-stündigen Busfahrt hoffentlich trotzdem nicht soo gut kennengelernt hat 😉

Morgen beginnt dann wieder der Schulalltag…

Simón und ich…

Darf ich vorstellen: Das ist der schwarze Kater Simón, der Mitglied unserer WG in Boedo ist.

Ich muss dazu sagen, dass ich kein Katzenfan bin und viele Geschichten über gemeine und hinterlistige Katzen kenne.

Als ich letzte Woche in die Wohnung einzog und mich relativ einsam fühlte, war Simón mir keine willkommene Gesellschaft, da er mich immer zu anschaute und jeden meiner Schritte beobachtete. Als ich mit meinen Eltern telefonierte, brach ich theatralisch in Tränen aus und berichtete, wie sehr mir der Kater Angst mache… Ich weiß, sehr dramatisch. Dass Simón letzte Woche in die Badewanne gekackt hatte, kurz bevor ich duschen wollte, machte mir ihn allerdings nicht gerade sympathischer.

Nach anfänglichen Schwierigkeiten hat sich unsere Beziehung nun enorm verbessert. Mittlerweile kann ich sogar sagen, keine Angst mehr vor ihm zu haben. Denn mich traf die Einsicht, dass der Kleine auch nur etwas Gesellschaft braucht und er eigentlich ganz lieb und kuschelig ist.

Ich möchte mich zwar nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, würde aber behaupten, dass Simón und ich nun so etwas wie Freunde sind 🙂 Und ich werde ihn vermutlich sogar echt vermissen, wenn er in etwa 2 Monaten mit seiner Besitzerin auszieht.

Da kann man mal sehen, wie schnell sich die Dinge wenden können, denn wenn mir das jemand vor einer Woche gesagt hätte, hätte ich demjenigen einen Vogel gezeigt…

“Der Milchtrinker vom Bahnhof Zoo”

Auch nach einigen Tagen in Südamerika geht mir noch die Exkursion des kulturweit-Vorbereitungsseminars “Obdachlose zeigen ihr Berlin – Obdachlos auf schicken Straßen” durch den Kopf. Der obdachlose Dieter (“Ich bin 50 Jahre jung -und nicht alt”) führte uns durch seinen Kiez, den Stadtteil Charlottenburg.

Er erzählte uns, wie er im Winter 2012 obdachlos wurde, nachdem seine Vermieterin ihn durch Abstellen der Heizung und weitere Schikanen aus der Wohnung gedrängt hatte. Dieter wollte eigentlich von Thüringen aus nach Frankreich laufen, um dort sein neues Leben zu starten. Er lief allerdings in die falsche Richtung und landete in Berlin am Bahnhof Zoo. Dort schloss er sich einer Gruppe von acht Obdachlosen an, um gemeinsam das Leben auf der Straße zu bewältigen – vornehmlich mit Essensbeschaffung und dem Finden eines Schlafplatzes. Einem Mann seiner Gruppe fehlte ein Arm:  Seine Armprothese mit einem Reißverschluss nutzte er als “Einkaufstasche”, um Lebensmittel darin mitgehen zu lassen. Ein breiter und großer Kerl war dafür zuständig, die Gruppe zu verteidigen, wenn diese von anderen Obdachlosen beklaut oder angegriffen wurde. Dieter berichtete, dass fast alle in seiner Gruppe alkoholabhängig waren und zwei bis drei Flaschen Schnaps pro Tag killten. Er selbst machte sich dagegen den Namen als “Der Milchtrinker vom Bahnhof Zoo”, da er keinen Alkohol anrührte und bei Milch blieb!

Er betonte außerdem, wie schwer es sei, den öffentlichen Raum für private Zwecke zu nutzen. In Berlin wurden wohl in den letzten Jahren viele Holz- durch Metallbänke ersetzt. Das stelle ein großes Problem für Obdachlose im Winter dar, denn im Schlaf könne die Haut von Gesicht oder Händen über Nacht am Metall festfrieren und dann abreißen. Zudem würden bei Minusgraden einzelne Hautzellen absterben, was meist am großen Zeh beginne. Die abgestorbenen Hautzellen beginnen dann zu faulen und übel zu riechen. Deswegen liege ein unangenehmer Geruch mancher Obdachloser eventuell nicht an mangelnder Hygiene, sondern an abgestorbenen Zellen. Die Behandlung der Hautzellen ist sehr teuer, weswegen sich manche Obdachlose extra oft beim Schwarzfahren erwischen lassen, um dann über den Winter im Gefängnis sein zu können, wo es eine kostenlose medizinische Behandlung gebe. “Der Milchtrinker vom Bahnhof Zoo” berichtete aber auch von netten Menschen, die der Gruppe Lebensmittel schenkten und ihm beim Finden einer Wohnung unter Betreuung halfen.

Am Ende der Kiezführung zog Dieter ein deprimierendes Resumée: Von seiner damals 8-köpfigen Gruppe sind nur noch zwei Personen am Leben: Er und ein Mann, dessen Körper den krassen Alkoholkonsum nicht mehr lange mitmachen würde. Die Meisten waren am Alkoholmissbrauch gestorben. Eine Obdachlose war abhängig von Crystal-Meth und sah mit Mitte 20 wohl schon aus wie eine alte Frau, da die Droge die Haut komplett rissig mache. Ein Anderer war unter mysteriösen Umständen mit aufgeschlagenem Kopf gestorben, was sie damals alle hart getroffen hatte.

Die Exkursion, die kulturweit im Vorbereitungsseminar für unseren Auslandsaufenthalt angeboten hatte, war ein interessanter Ausflug, der uns allen noch einmal bewusst machte, wie hart das Leben auf der Straße ist. Dieter gab uns diese Anregung mit auf den Weg: Man solle Obdachlosen wenigstens Beachtung schenken. Denn oftmals tendiere man dazu, Obdachlose, die nach Geld fragen, wie Luft zu behandeln. Doch sie sind immer noch Menschen, denen man menschenwürdig gegenübertreten sollte.