Vielleicht der Beginn des Alltags

Meine erste volle Woche hier in Slowenien ist um und es ist mal wieder Zeit für einen Blogeintrag. Ich hab lange überlegt, ob ich diese Woche irgendwie in einem Wort zusammenfassen kann, aber sie war eben… vielseitig.

An der einen Schule war ich am Montag und Mittwoch schon mit im Unterricht. Die Kollegen sind echt alle super nett und haben sich teilweise sogar schon Mühe gegeben, mich ein bisschen in den Unterricht zu integrieren. Ich habe schon aufgehört zu zählen, wie oft ich mich einer Klasse vorgestellt habe… wahrscheinlich haben einige die Vorstellung schon mehrfach gehört. Besonders Spaß gemacht hat es mir in den unteren Klassen (also bei uns 10. oder 11. Klasse), weil die alle zwar noch nicht unbedingt perfekt deutsch sprechen, aber alle sehr viel Freude am Lernen mitbringen und (so fühlt es sich zumindest an) deswegen auch ein bisschen mehr Bock auf meine Gesellschaft haben. Inhaltlich konnte ich natürlich noch nicht so viel helfen. Ich saß drei Stunden in der nahezu gleichen Grammatikstunde und habe wahrscheinlich genauso große Augen wie die Schüler gemacht, als es um den Gebrauch des Infinitivs nach Modalverben ging. Danach war ich tatsächlich ein bisschen frustriert- und gelangweilt. Aber es gab auch coole Momente. Zum Beispiel habe ich mit einer Klasse die ganze Stunde ein Interview im Perfekt geführt und durfte Fragen beantworten wie „Was hast du heute gegessen?“ oder „Was hast du bis jetzt hier in deiner Freizeit gemacht?“ (woraufhin ich zugeben musste, dass ich tatsächlich -noch- nicht so viel in meiner wertvollen Freizeit mache. Aber vielleicht hat mich die Antwort ‚Netflix‘ ja ein bisschen sympathisch gemacht).

Ich bin jetzt außerdem ins Schul-WLAN eingeloggt und bin mit ersten Aufgaben betraut worden. Zum Beispiel soll ich mir einmal die Rede zur DSD-Verleihung angucken und gegebenenfalls ein bisschen umschreiben, weil man am Ende (Zitat) „ja doch immer jedes Jahr das Gleiche erzählt“. Bin mal gespannt, ob ich da daran groß etwas ändern kann…

Dies ist auch ein guter Zeitpunkt, mal über das DSD, also das Deutsche Sprachdiplom im Allgemeinen zu sprechen. Der Anspruch, der an die Schüler gestellt wird, ist wirklich krass. Allein die ganze Arbeit die im Vorhinein vonnöten ist: Es reicht nicht, den ganz normalen Deutschunterricht zu besuchen und dann kann man die Prüfung ablegen, sobald man ein bestimmtes Niveau erreicht hat. Sondern man muss neben den üblichen Tests, die ich in der Art zum Beispiel auch von den DELF-Prüfungen kenne und die verschiedenen Kompetenzen wie Lesen, Hören, Schreiben und Sprechen abfragen auch noch einen Vortrag inklusive Plakat oder Powerpoint Präsentation halten. Bei DSD I handelt es sich dabei „nur“ um ein einfaches Thema wie beispielsweise ein eigenes Hobby, aber bei DSD II geht es um wirklich komplizierte aktuelle kontroverse Themen politischer oder wirtschaftlicher Art – und es muss immer ein Vergleich zu Deutschland gezogen werden. Außerdem gibt es dann eben auch noch die schon angesprochenen „normalen“ Fragen, wo der Schüler in der Lage sein muss, spontan auf Fragen zu  antworten oder einen Aufsatz inklusive Zusammenfassung einer Quelle, Diskussion und Beurteilung mitsamt Diagramm- und Grafikauswertung zu schreiben. Es ist also alles wirklich sehr anspruchsvoll und ich komm nicht umhin mich zu fragen, was denn dann den Schülern für ein Bild von Deutschland transportiert wird und ob das jetzt gut ist oder nicht. Ich habe jedenfalls größten Respekt vor den Schülern.

Bei der anderen Schule war ich noch nicht „richtig“ im Unterricht dabei, weil sie diese Woche so eine Art „Exkursionswoche“ hatten. Das war für mich die perfekte Möglichkeit, auch ein bisschen von Slowenien zu sehen. Am Dienstag waren wir zuerst in einer Grotte mit ganz vielen Unterwasserseen, danach in einem Schloss und schließlich in einem Nationalpark spazieren, wo wir uns „natürliche Sehenswürdigkeiten“ angesehen haben, wie durch ausgehöhlten Stein entstandene Brücken und Höhlen. Das war wirklich sehr schön – und glücklicherweise entpuppte sich Anita, meine Ansprechpartnerin, als begeisterte Instagram-Fotografin und hat ein paar schöne Schnappschüsse produziert 🙂

Bei einer anderen Exkursion, was so etwas wie eine kurze Seminarfahrt für Schüler in einem bestimmten Programm war, ging es ans Meer. Und so hatte ich die Gelegenheit, den Sommer im 25 Grad warmen Mittelmeer ausklingen zu lassen. Also das nenne ich Arbeit, die man aushalten kann!

Ich lerne die Schönheit und Vielseitigkeit dieses Landes echt langsam zu schätzen. Hier wo ich bin habe ich 20 Minuten zum nächsten Skigebiet und zwei Stunden Autofahrt weiter ist man fast in Italien mitten im Weinberg. Es gibt also wirklich viele Ecken, besonders viele in der Natur, die ich noch besichtigen muss. Ich freu mich schon drauf 🙂

Von Pantoffeln, Wanderungen und einer Löffel-Suche…

Ich habe mir in der Schule wahrscheinlich schon bessere Titel für Artikel ausgedacht, aber dennoch fasst dieser hier meine vergangenen, ersten Tage hier wohl am Besten zusammen.

Am Freitag, dem 14. September, hatte ich meinen ersten Tag an den beiden Schulen, an denen ich nun tätig bin. Es war immer noch kein „richtiger“ Arbeitstag, denn ich wurde mehr oder weniger nur vorgestellt und ein bisschen herumgeführt . In der Praxis hieß das also: viele Hände schütteln, lächeln, zuhören… und Schlüssel für die Schulen entgegennehmen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich der Verantwortung gewachsen bin, gleich zwei Schlüssel für zwei verschiedene Schulen mit mir herumzutragen, ach herrje. Das bemerkte auch eine Freundin von mir, als ich ihr davon erzählte… was mich nicht wirklich beruhigte. Danke dafür! Wie dem auch sei, ich blickte also in viele neue Gesichter meiner neuen Kollegen, die allesamt wirklich nett und herzlich schienen. Ich freue mich schon, mit ihnen zu arbeiten und dass ich ihre Gunst nicht verspiele… indem ich zum Beispiel die Schlüssel verliere…. Gott, ich darf gar nicht daran denken!

Was ich auch spannend finde, ist der Unterschied zwischen den beiden Schulen: Beide sind zwar ein Gymnasium und das bedeutet in Slowenien, dass es vier Klassenstufen gibt, die unserer 10.-13. Klasse entsprechen, aber in der Architektur unterscheiden sie sich grundlegend. Damit ich jetzt nicht zu sehr in Beschreibungen ausschweife, halte ich diesen Teil kurz… Im Prinzip kann man es sich aber vorstellen wie Schloss Einstein früher vs. heute. Da müsste doch jetzt jeder ein ungefähres Bild vor Augen haben:D

Was beide Schulen jedoch gemeinsam haben- und was mich echt stutzig gemacht hat, ist Folgendes: Jeder Schüler trägt Hausschuhe in der Schule. Wenn viele Jugendliche, egal ob in Jogginghose oder komplett aufgestylt, allesamt in Filzpantoffeln über Linoleum-Fußboden schlittern, dann sieht Ansicht nur witzig aus, es macht auch einen komischen Sound. Aber anscheinend ist das in Slowenien so Gang und Gebe – und bevor jetzt alle danken, diese Schlussfolgerung sei undifferenziert und ich hätte auf dem Vorbereitungsseminar nichts gelernt – Ich habe das von meiner Ansprechpartnerin, die ich danach gefragt habe. Sie sagte, dass das häufig in slowenischen Schulen so gemacht wird, damit man nicht so viel und so oft putzen muss… eigentlich wirklich schlau. Ein positiver Nebeneffekt sei, dass man so gleich erkennen könne, wer nicht rechtmäßig in die Schule gehört… und ratet mal, wer direkt skeptisch von der Seite angeschaut wurde? Richtig:) Nach Rücksprache mit meiner Ansprechpartnerin meinte sie jedoch zu mir, dass ich nicht dazu verpflichtet sei, meine Schuhe jedes Mal zu wechseln, das müssten die übrigen Lehrer schließlich auch nicht. Irgendwie finde ich diese Art von Abgrenzung zu den „normalen“ Schülern gut, irgendwie stört sie mich auch… mal sehen.

Ich habe jedenfalls auch schon einige liebe Schüler kennengelernt. Zwei von ihnen haben mich direkt durch die Schule geführt.. was sehr hilfreich war, denn diese Schule war die ältere, „schlossigere“ Schule von beiden und ich hätte mich direkt verlaufen, wären die beiden nicht gewesen. Außerdem hat mir ein Deutschkurs eine kleine Stadtführung auf deutsch gegeben. Gut, die wurden vielleicht eher von ihrer Lehrerin genötigt, aber ich fands trotzdem irgendwie süß.

Am nächsten Tag, meinem ersten „freien Tag“, machte ich es mir zur Aufgabe, einen Löffel zu kaufen. Ich hatte nämlich am letzten Abend feststellen müssen, dass die Küche im Wohnheim nichts außer Herdplatten zur Verfügung stellt und deswegen hatte ich mir als Löffel für mein Müsli ein geeignetes, löffelförmiges Stück aus einer Plastikflasche herausgeschnitten. Und obwohl ich mich irgendwie sehr gut gefühlt habe, dass ich den nachhaltigen Gedanken verfolgt hatte, schien mir das doch keine dauerhafte Lösung zu sein. Ich verbrachte also meinen Samstagmorgen damit, zuerst durch Kranj zu irren um auf gut Glück ein Geschäft zu finden, das Besteck im Angebot hat (dumme Idee), dann aufgeben zu wollen aber zu merken, dass Kranj ein öffentliches Wlan hat, dann „Besteck“ zu übersetzen und bei Google Maps einzugeben (hätte ich auch vorher drauf kommen können, ja Mama), danach eine halbe Stunde Fußmarsch zum gefundenen Geschäft hinzulegen, nur um zu bemerken, dass dieses nur Besteck von WMF hatte, was nun wirklich nicht meiner Preisklasse entsprach….. und dann auf dem verzweifelten Rückweg an einem Spar vorbeizukommen. Und ja- die hatten einen Löffel. und sogar zwei. Und auch zwei Messer, zwei Gabeln, eine Müslischüssel und einen Becher. Halleluja.

Bleibt mir also nur noch, von den Wanderungen zu erzählen. Meinen ersten kleinen Ausflug ins Grüne habe ich schon gestern vor der Löffeljagd gehabt und dabei einen richtig schönen Ort mitten in der Stadt entdeckt: Es ist eine kleine Schlucht, durch die die Kokra, ein Seitenarm der Sava, fließt und so fast so etwas wir eine „grüne Ader“ durch die Stadt zieht. Links und rechts ist das Ufer mit Bäumen umsäumt und es führt eine malerische Fußgängerbrücke zu dem kleinen Rundweg. An einigen Stellen kann man bis ganz ans Wasser gehen und hätte ich auch noch meinen Zeichenblock dabeigehabt, dann wäre es ein perfekter Tumblr-Moment gewesen:)

Einen ähnlichen Moment hatte ich dafür heute, allerdings nicht durchs Zeichnen, sondern durchs Lesen. Ich habe auf meinem Anstieg auf den Berg an den Kranj grenzt (Smarjetna gora), eine Pause gegönnt und mich dafür ein bisschen abseits des Weges in den Wald verkrochen, weil ich nicht dauernd auf der Straße für einen Schluck Wasser stehen bleiben wollte. Es war nämlich peinlich genug gewesen, vorher schon von einer Oma (oder zumindest hätte sie eine Oma sein können) überholt worden zu sein, der der steile Anstieg überhaupt nichts auszumachen schien. Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass ich vorher, um allein zum Berg hinzukommen, schon drei bis vier Kilometer tendenziell bergan hatte laufen müssen, also erschien mir das nicht fair.

Am Ende des Tages habe ich es aber auf den Gipfel und auch heil wieder herunter geschafft und liege jetzt zufrieden und müde in meinem Bett, um morgen um 7:10 (!) zur ersten Stunde in der Schule zu sein.

Ankommen und (fast) wohlfühlen

Da sitze ich also und versuche, meinen ersten Blogbeitrag aufs Papier, beziehungsweise ins Internet zu schmieren und hoffe, dass es nicht vollkommene Grütze wird.

Vielleicht sollte ich erstmal damit anfangen, was bis hier hin schon alles passiert ist. Offiziell sind bereits zwei Wochen meines Freiwilligendienstes um. Die zehn Tage Vorbereitungsseminar in Berlin vergingen wie im Fluge, was zum Einen an dem durchgetakteten und mental teils wirklich anspruchsvollen Programm lag, zum Anderen an den ganzen lieben Menschen, die ich dort kennengelernt habe. Auf die meisten von ihnen kann ich mich jetzt schon freuen, denn wir werden uns auf dem Zwischenseminar in Serbien Ende November treffen und bestimmt wieder viel Spaß haben (so lange es Wein gibt, versteht sich… :D).

Danach ging es für mich erst einmal wieder für zwei Tage nach Hause in die Heimat. Und dann habe ich auch langsam realisiert, dass es Zeit zum Abschied nehmen war. Ich habe viel darüber nachgedacht, ob es jetzt schlau war, vor der Ausreise nochmals zurück nach Hause zu gehen, denn so musste man von dem ganzen Input und der Vorbereitung auf dem Seminar durch die man sich so bereit gefühlt hat erstmal wieder Abstand nehmen und schließlich noch einmal alle verabschieden… aber letztendlich ist man ja hinterher immer schlauer. Außerdem war es so auch sehr schön: Meine Freunde, oder zumindest diejenigen von ihnen, die noch im Lande und noch nicht über die ganze Welt verstreut sind, haben noch ein kleines Überraschungs-Abschieds-Zusammensein organisiert und es war echt schön, sie alle noch einmal zu sehen und zu drücken. Ganz ganz viele von ihnen, sowie natürlich auch meine Familie, vermisse ich jetzt schon ganz doll – aber ich habe auch einiges an Fotos und Karten mitgenommen, sodass ich mich in den Down-Phasen vielleicht aufmuntern kann.

SO, jetzt hat der Beitrag irgendwie eine traurige Wendung genommen… Zeit, sich wieder dem Schönen und Positiven zu widmen (obwohl ja Heimweh auch irgendwie etwas Schönes ist… aber dazu kommen wir bestimmt an anderer Stelle oft genug).

Nachdem ich dann alles gepackt, wieder ausgepackt, umgepackt und noch schnell alles was mir noch einfiel nachgestopft hatte, bin ich mit zwei Koffern, einen schiebend, den anderen auf dem Rücken, sowie einem Rucksack vor dem Bauch zuerst in den ICE von Hamburg nach München, dann über den Münchener Hauptbahnhof und schließlich in Kranj aus dem Zug gewankt. Das habe ich so ausführlich beschrieben, weil es genauso anstrengend und komisch aussah wie es klingt – aber zum Glück hatte ich immer nette Menschen in der Nähe, die mir geholfen haben, die beiden tonnenschweren Gepäckstücke auf die Ablage zu hieven – Danke euch Samaritern!

Wie schon angeklungen bin ich also heil in Kranj (wird übrigens „Krann“ ausgesprochen) angekommen und auch direkt von meiner Ansprechpartnerin in Empfang genommen und zu meinem Wohnort, dem örtlichen Studentenwohnheim, gebracht worden. Da ich an zwei Schulen tätig bin, trafen wir dort noch die Kollegin der anderen Schule und sie haben mir beim Einchecken und Finden des Zimmers geholfen. Die beiden waren wirklich eine große Hilfe, denn bei mir ist nach meinem platonischen „Dóber dán“ (Guten Tag) auch schon Schluss mit Slowenisch (was sich natürlich hoffentlich noch ändern wird) und damit kommt man in einer Konversation nicht wirklich weit… Danach wurde ich netterweise auch noch zum Essen eingeladen und hatte die Gelegenheit, einige Fragen und Unklarheiten zu klären und mich ein bisschen über die Reise zu unterhalten. Es war also ein sehr lieber, persönlicher und auch herzlicher Empfang und ich habe wirklich das Gefühl, dass ich gut mit den Kollegen hier vor Ort zusammenarbeiten  und  ihnen eine echte Hilfe sein kann.

Mit diesem positiven Gefühl ging ich dann zurück auf mein Zimmer – nachdem ich der Rezeption unten noch mit Händen und Füßen mitgeteilt habe, dass ich noch keine Decke und Kissen habe – und räumte meine Sachen in die Schränke, sodass der einst kahle Raum sich nun schon ein bisschen mehr wie ich selbst und wie ein Zuhause anfühlt. Das einzige, was mich im Moment noch stört sind die hinterlassenen aufgehängten Ausdrucke meiner offensichtlich Vormieterin über der Tür: Eine Collage von „Just girly things“ wie „being young, wild and free“… Da hat mein innerer Sexismus-Alert aber schon gewaltig Alarm geschlagen. Um diesen Bullshit zu zensieren, werde ich mir aber schon irgendetwas zum Darüberhängen einfallen lassen. Der Rest der Einrichtung ist schlicht, aber mehr brauche ich ja auch nicht. Außerdem gibt es gutes Internet, das ist ja schon einmal die halbe Miete:)

Mein erster Tag verlief also ohne größere Hürden als das Beschaffen von Bettdecke und -kissen und ich bin sehr erschöpft aber optimistisch eingeschlafen.