August, 2014

Taschkent

Mein Jahr in Taschkent Usbekistan war sicherlich eine der abenteuerlichsten und prägendsten Zeiten meines Lebens. Aber über diese persönlichen Entwicklungen wollte ich hier auf diesem Blog eigentlich nicht (ausschließlich) berichten. Vielmehr wollte ich eine kleine Übersicht aus meiner Perspektive geben über dieses uns (im Westen) häufig doch sehr unbekannte Land und dessen Hauptstadt. Bevor ich nach Taschkent umzog hatte ich nämlich nur sehr wenige informationen über viele relevante Themen bekommen. Jetzt nach der Rückreise wird mir umso mehr klar, dass einige im Internet kursierende Informationen nicht nur nicht existent waren, sondern teilweise total inkorrekt sind. Deshalb sind hier einige Informationen zusammengestellt, die dir weiterhelfen werden, falls du erwägst nach Usbekistan zu reisen oder umzuziehen.

Jahreszeiten

Herbst in Taschkent ist die perfekte Zeit zu Reisen: Das Wetter ist wunderschön, nicht kalt, fast gar kein Regen, nicht heiss und die Farben der Bäume und der Sonne sind unschlagbar.

37 Grad gehört zum usbekischen standard Sommer-Wetter

Usbekistan hat insgesamt ein kontinentales Klima. Es gibt einen verhältnismäßigen kalten Winter und einen sehr warmen Sommer, bei ziemlich trockenen Klima (welchesw nicht zuletzt an Haar und Haut spürbar ist :D).
Ich kam im September in Taschkent an und es fühlte sich für mich, als Europäerin, ziemlich sommerlich an. Ich packte zunächst für ein halbes Jahr, also packte ich Klamotten insbesondere für einen sehr kalten Winter. Es lag zwar den ganz Winter Schnee, aber es fühlte sich nicht sonderlich kalt an. Insbesondere da in Usbekistan, gefühlt, das ganze Jahr über die Sonne scheint. Die Regen tage des ganzen Jahres, kann ich an meinen Fingern abzählen. Ein größeres Problem war für mich persönlich tatsächlich die Hitze in den Sommermonaten und auch die Sonneneinstrahlung im Sommer. Manchmal hatte ich richtig Panik viel Zeit draußen zu verbringen, teilweise ging die Temperatur über 40 Grad und meine (sehr weiße) Haut verbrannte selbst mit hohen Lichtschutzfaktor schnell. Auch die Locals meiden in diesen Monaten draußen zu sein und viele Gebäude sind mit Klimaanlagen ausgestattet. Mein absolute Lieblingsjahreszeit war der Herbst, denn nicht nur die Temperatur ist zu dieser Zeit perfekt, sondern auch die Farben der Blätter und das goldene Licht der Herbst-Monate war mein absolutes Highlight.

 

 

 

Essen

Meine liebe Freundin Leyla bereitet Plov für mich zu

Ich, persönlich, liebe gutes Essen und ich bin ausgesprochen experimentierfreudig.Deshalb war die Kulinarik in Usbekistan einfach ein Traum für mich, denn es war total anders als alles was ich jemals in Europa gegessen habe. Wie in so vielen Lebensbereichen Usbekistans ist auch das Essen teilweise sehr russisch geprägt. Insbesondere gibt es die klassischen Suppen, wie zum Beispiel Borschtsch, Soljanka, dann Pelmeni und verschiedenen russischen Salate. Aber das sind eben die Überbleibsel aus der sowjetischen Vergangenheit, die man überall in der ehemaligen Sowjetunion vorfindet. Eine sehr typische usbekische Mahlzeit ist Plow („Palav“, „Palov“ oder „Osch“ siehe Foto frisch zubereitet von meiner Freundin Leyla in einer taschkenter Küche. Traditionell wurde das Gericht übrigens von Männern gekocht. Heutzutage teilweise immer noch.  Insbesondere für Hochzeiten gibt es einen „Plowmeister“, der dieses Gericht in einem stundenlangen Prozess für die Gäste zubereitet). Die Usbek*innen, die ich getroffen habe, waren alle überzeugt davon, dass der ursprüngliche Plow aus Usbekistan stammt – ich habe aber festgestellt, dass es in ganz Zentralasien verschiedene Geschichtserzählungen über die Plow-Herkunft gibt (zum Beispiel, dass das Gericht aus Kasachstan stammt). Egal woher es kommt – es ist köstlich. Es ist ein sehr würziges Reisgericht mit Fleisch (Ziege oder Rind) und Karotten, sowie häufig Nüssen, Trockenobst und  ganzen Knoblauchzehen, die durch die lange Garzeit ganz weich und mild werden. Das Gericht ist nicht in jedem Restaurant zu finden, da die Zubereitung traditionell eine sehr spezielle Vorgehensweise erfordert. Doch man kann Plow zum Beispiel im Plov-Center Taschkent essen – dort gibt es auch verschiedene Varianten und es ist garantiert immer frisch. Leider gibt es dort keine Variante für Vegetarier*innen. Deshalb ist es immer besser schöne Bekanntschaften in Usbekistan zu schließen und sich entweder selbst bekochen zu lassen oder zusammen (vegetarischen) Plow zu kochen. Wenn man eine längere Zeit in Usbekistan verbringt ist die Wahrscheinlichkeit auch höher, dass man zu einer usbekischen Hochzeit eingeladen wird – bei welcher man dann spätestens in den Genuss des

Die wunderschönen usbekischen Öfen, in denen die leckersten Dinge gebacken werden

nationalen Gerichts kommt.

Ansonsten findet man überall kleine „Buden“, in denen Brot gebacken wird, welches man für einen winzigen Geldbetrag erwerben kann. Das Brot ist sehr speziell (besonders in der Form, es hat eine kleine runde Kuhle in der Mitte) und erinnert geschmacklich an Fladenbrot mit Kümmel. Es wird zu den meisten Gerichten dazu gegessen (auch zu Plov zum Beispiel).

In ähnlichen Öfen zubereitet und in kleinen Buden verkauft (siehe Bild), gibt es auch die usbekischen Samsa. Eine kleine dreieckige Köstlichkeit mit verschiedenen Füllungen. Neben fleischhaltigen Füllungen, gibt es auch welche mit Kartoffeln, Kohl oder Kürbis und immer mit Kümmel (Kümmel kommt in den meisten usbkischen Gerichten vor). Der Teig der Samsa ist übrigens nicht vegan (da er mit Ei zubereitet wird). Hier ist ein sehr gutes Rezept für Samsas (mit Fleisch).

Usbekisches Brot (Lepyoshki)

Ansonsten gibt es eine ausgeprägte Shashlik-Kultur in Usbekistan. Also: Fleischstücke am Spieß. Große und kleine, mit Gemüse dazwischen oder nur Fleisch. Diese werden mit Brot und in Essig eingelegten Zwiebeln serviert. Häufig wird dazu auch ein Salat gereicht.

Die Salate in Usbekistan waren mein persönliches Highlight. Zum Plov wird immer ein schlichter Tomatensalat mit Zwiebeln gereicht. Zu anderen Gerichten ein Teller mit Gurken, Tomaten und frischen Kräuter wie Koriander, Dill, Petersilie – all das einfach ohne Dressing. Das klingt zwar langweilig, aber der Geschmack des Gemüses und der Kräuter ist so intensiv, dass es einfach nur ein Genuss ist. Deshalb ist es auch ein Erlebnis einfach selbst mit diesen frischen Zutaten zu kochen. Salate, Gemüse, Obst – Ein Traum. Näheres zu Lebensmittel unter dem Kapitel: „Einkaufen“.

Ansonsten gibt es in Usbekistan auch eine große Koreanische Community, also findet man auch koreanisches Essen (ich habe es aber selbst eher selten gesehen) und natürlich findet man mittlerweile auch europäische Restaurants zum Beispiel mit italienischem Essen oder mit Burger/Pommes Frites. Diese Restaurants sind im Verhältnis sehr teuer.

Wie man sich vorstellen kann und wie es in den meisten Ländern üblich ist, wird auch in Usbekistan in großen Gruppen gegessen. In den Pausen in meiner Arbeit, wurden immer kleine Essensgruppen gebildet, um draußen ein Restaurant zu finden. Wenn man zu Gast bei jemanden ist, dann ist es unvorstellbar wenn man ohne Hunger ankommt. Dabei ist mir selbst ein Fauxpas passiert, weil ich selbst meinen Gästen kein Essen anbot (beziehungsweise gar kein Essen zu Hause hatte – was für meine Gäste auch kaum vorstellbar war). Meine Freund*innen fanden das sehr unhöflich habe ich festgestellt, obwohl es eigentlich ein sehr lässiges Zusammenkommen war. Das war für mich sehr unangenehm, also merken: Falls man Gäste zu sich einlädt sollte man Essen vorbereiten, oder zumindest einige Snacks. Wenn man zu Gast ist (auch wenn man nicht zum Essen verabredet ist), dann sollte man davor besser nichts essen, sonst nimmt man, wie  ich, innerhalb von zwei Monaten 5 Kg zu und ist ständig überfressen. Das Essen wird natürlich auch bei Feiern zelebriert und übertrieben, das fand ich allerdings nicht sehr ungewohnt.

Das bin ich auf einem typischer Tapchan und freue mich auf usbekische Snacks und Tee.

In traditionellen Restaurants und bei vielen Familien zu Hause kommt außerdem der usbekische Tapchan zum Einsatz. Das ist eine „Tisch auf Tisch“-Konstruktion, bei der man, ohne seine Schuhe, entweder im Schneidersitz oder ähnliches sitzt. Dieser Tapchan ist für den einen oder anderen Europäer ein wahrer Graus, da er doch eine minimale Gelenkigkeit erfordert. Ich habe diese Art zu Speisen immer als sehr gemütlich empfunden. Ansonsten ist es natürlich üblich auf Stühlen zu sitzen, Essen im Stehen (wie es in Deutschland sehr üblich ist), habe ich allerdings nie gesehen. Eine weitere Beobachtung die ich gemacht habe: Niemals die Handtasche, den Rucksack auf den Boden stellen. Das bringt nämlich Unglück! Genauer gesagt, bringt es Armut über dich. Das ist mir sehr schnell aufgefallen, weil sobald meine Tasche auf dem Boden stand, haben die Kellner*innen diese aufgehoben oder Gäste des Lokals haben mich auf meine Tasche aufmerksam gemacht. Ich habe mich mittlerweile so daran gewöhnt, dass ich jetzt auch ganz nervös werde, wenn jemand eine Tasche auf dem Boden stehen hat.

 

Sprache

Ich, wie immer sehr engagiert, im Sprachunterricht mit meiner Privatlehrerin (wusste nicht, welches Bild ich sonst hätte hochladen können)

Die Amtssprache in Usbekistan ist usbekisch, welches eine Turksprache ist. De facto wurde aber an den Veranstaltungen, an denen ich teilnehmen musste (beruflich) sehr viel Russisch gesprochen. Russisch ist nach wie vor sehr wichtig für die akademischen, kulturellen, elitären Kreise Usbekistans.

Natürlich macht das historisch einigen Sinn. Während der sowjetischen Besetzung Usbekistans, war logischerweise Russisch die Amtssprache, nach dem Zerfall sollte die usbekische Sprache wieder etabliert werden, was sich dann als gar nicht so einfach gestaltete, da viele kulturelle Infrastrukturen (wie die Universitäten beispielsweise) duch die Sowjetunion stark geprägt, wenn nicht sogar durch diese erbaut, wurde.

Auch verbindet die russische Sprache, die vielen verschiedenen ethnischen Herkünfte der Usbek*innen (ja dort spricht man von Ethnien und diese sogenannte Ethnie steht sogar im Pass der Individuen). So traf ich in Taschkent einige Tatar*innen, Koreaner*innen, Russ*innen, Armenier*innen oder natürlich Menschen mit verschiedenen Migrationshintergründen.

Insgesamt sind mir wenig Menschen begegnet, die gar kein Russisch sprachen (innerhalb der Hauptstadt), doch in Städten wie Samarkand und Buchara kam es häufiger vor. Es ist daher wirklich sehr hilfreich die Russisch basics, sowie die kyrillische Schrift zu beherrschen. Es ist allerdings fast unmöglich nur mit English im Alltag zurecht zukommen. Lediglich die jüngeren Menschen sprachen teilweise Englisch, oder manchmal sogar Deutsch.

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