Ich, 3 Australierinnen und ein Klempner

Ich bin etwa 24 Stunden in Ulaanbataar und stehe gejetlagt in einer Karaoke Bar auf einem Sofa und singe schief und laut mit 20 Australiern „Gen… Gen… Genghis Khan. Hey rider, Ho rider …“. Und das einzige woran ich denken kann ist der mongolische Klempner, der in meinem Badezimmer ohne Handschuhe eine Überschwemmung stopft.

Aber erstmal von Anfang an. Ich wurde nach einer Last-Minute-Planänderung nun doch vom Genghis Khan International Airport abgeholt. Und während mein zukünftiger Arbeitskollege Jay, in mir unverständlicher Art und Weise eine Fahrgelegenheit klar machte, atmete ich zum ersten Mal die feinstaubreiche Luft ein.

Ulaanbataar leidet aufgrund seiner geografischen Lage und dem hohen Energieverbrauch bei kalten Temperaturen, unter einer hohen Luftverschmutzung. Doch auch das ist wie fast alles hier eine Gewöhnungssache. Denn an Tag 2 fiel mir die Qualität der Luft schon gar nicht mehr auf. Vielleicht lag das auch daran, dass der Jetlag zu diesem Zeitpunkt den Großteil meines Gehirns lahmgelegt hatte. Wie ein Zombie folgte ich am Morgen einer meiner drei australischen Mitbewohnerinnen, die mich an meinem ersten Arbeitstag und weniger als 24 Stunden nach meiner Landung, zum UN House begleitete.

Über mehrere Ecken wurde mir auf dem Vorbereitungsseminar erzählt, dass meine Vorgängerin hauptsächlich Übersetzungen kontrolliert habe, was mich damals nicht wirklich aus den Socken haute. Dementsprechend groß war meine Überraschung (soweit mein Jetlag das zuließ), als ich den Beitrag der Mongolei im International Hydrological Programme (IHP) seit 2007 in so viele Worte fassen sollte um damit eine Doppelseite im Jubiläumsbuch der UNESCO zu füllen.

Während sich mein innerer Schweinehund dachte: „Geil, da haben wir ja das Kulturweit-Projekt schon an Tag 1 in der Tasche“, veranlasste der Mangel an Schlaf meinen Kopf dazu, die Tastatur des Laptops als Kissen zu verwenden und den Inhalt der ersten Seiten des Berichts zu einer Wiederholung der selben drei Tasten zu machen. – Ich wurde frühzeitig nach Hause geschickt.

Bevor ich mich in die nötige Horizontale bewegen konnte, berichteten mir meine Mitbewohnerinnen, dass sie ab dem nächsten Tag für eine Woche im Westen der Mongolei einem Adler-Event beiwohnen würden und mir somit die Wohnung alleine überlassen sei. Dieses extreme Maß an Selbstständigkeit machte mir weniger Sorgen, als der besagte mongolische Klempner der sich während dieser Konversation in unserem Bad um eine kleine Überschwemmung kümmerte. Oder es wenigstens versuchte, denn obwohl es zu eine essentiellen Tätigkeit eines Klempners gehören muss, konnte dieser Mann in unserem Bad scheinbar nicht die für seine Arbeit so notwendigen Rohre finden.

Sich einer unlösbaren Herausforderung gegenüberstehend sehen, tat er das meiner Meinung nach einzig richtige und verließ ohne ein Wort die Wohnung. Nicht das ich große Lust auf ein intensives Gespräch auf Mongolisch über die Ästhetik von Regenabflussrohre hatte, aber uns wurde nicht ganz klar ob und wann er wieder auftauchen würde. Mir blieb also nichts anderes übrig, als meine Augen vor der Realität zu verschließen und den wohlverdienten Schlaf nachzuholen.

Der Abend bot eine riesen Menge an indischem Essen und gesprächsfreudigen Australiern. Zwei von ihnen hatten Geburtstag und zu meiner Freude, kam ich sofort mit Menschen in Kontakt deren verbale Art der Kommunikation ich teilen konnte. Mir kam wieder mein Freund der Klempner in den Kopf, während sich die Gesellschaft zu einer nahegelegenen Karaoke Bar bewegte.

Am Ende des Abend war ich heiser vom Karaoke singen, verabredet für einen Reit-Trip am Wochenende und total fertig. Doch die beste Nachricht kam von meiner Mitbewohnerin Danielle. Der Klempner war überraschend wiedergekommen und meine Sorgen lösten sich so schnell auf, wie der See auf dem Boden unseres Badezimmers.

Ich kann sagen, dass ich gut angekommen bin. Und obwohl die ersten beiden Tage genug Stoff für eine mehrteilige Fantasy-Saga hätten, bestand der Rest meiner ersten Woche aus ankommen, arbeiten, abfrühstückten von Vincent, Kirsten und Jessy um 6:15 und anstrengenden Behördengängen. Aber davon ein Andermal.

Ciao

Euer Lennart

 

 

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