Tonight we are young!

***english version below***

Tonight we’re young! 

Wir alle haben bestimmt schon öfters die Zeit bis zum Weihnachtsabend gezählt. Am Anfang sind es noch lange 3 Monate und wir ärgern uns, dass es schon Schoko-Weihnachtsmänner zu kaufen gibt. Dann sind es plötzlich nur noch 4 Wochen und der Adventskalender erinnert uns täglich, wie lange wir noch bis zum lang ersehnten Tag warten müssen (das traumhaft-naive Denken als Kind), beziehungsweise, wieviel Zeit uns noch bleibt, die passenden Geschenke für unsere Liebsten auszusuchen (Realität löst die naive Traumwelt langsam aber sicher ab).
Ich zähle zurzeit zwar nicht die Tage bis Heiligabend, aber trotzdem erlebe ich gerade Ähnliches. Im Oktober wollte ich nichts über ein mögliches Ende meines Auslandsaufenthaltes hören- Ist doch so lange hin, daran denke ich doch jetzt noch nicht.

Heute, 3 Monate später, sieht die Situation ein bisschen aus. Es ist, als würde ich anfangen, den Adventskalender zu öffnen. Weihnachten beziehungsweise das Ende einer meiner  Lebensabschnitte wird greifbar. Aber anstatt entweder voller Vorfreude zu platzen oder wegen dem Geschenkestress die Krise zu bekommen, kann ich meinen Gefühlszustand momentan nicht annähernd so konkret beschreiben.

Es gab vor kurzem einen Abend, an dem ich mir ganz bedacht mein Elternhaus mit Google Street View angeschaut und dabei Lieder angehört habe, die nicht mehr von Zuhause handeln könnten:

„[…]Du hast dich oft gefragt, was mich zerreißt
Ich wollte nicht, dass du es weißt
Du warst allein zu Haus‘, hast mich vermisst
Und dich gefragt, was du noch für mich bist
Zu Hause bist immer noch du
Zu Hause bist immer nur du […]“ (AnnenMayKantereit – Oft Gefragt)

In dem Augenblick wurde mir bewusst, was Heimweh für mich bedeutet. Es war nicht mehr länger nur ein Wort.

Oder es gibt Momente, in denen ich eine tiefe Ablehnung gegenüber der polnischen Sprache empfinde. Ich sehne mich danach, eine fließende Konversation mit der Ticketverkäuferin am Bahnhof zu führen, ohne dass sie aufgrund meiner Aussprache/schlechten Grammatik/einfachem Wortschatz merkt, dass ich leider keine Muttersprachlerin bin.

Und seit ein paar Wochen kann ich auch ganz getrost ein paar Abende zu Hause sein, „Orange ist the new black“ schauen oder Bücher lesen, ohne dabei das Gefühl zu haben, die beste Party verpassen zu können. Das war die ersten Monate nicht so. Da wurde alles mitgenommen, was geht. Aber vielleicht kann es sein, dass ich den Partys langsam überdrüssig werde? Am Ende gleichen sie sich ja doch alle irgendwie, oder?!

Aber dann gibt es auch die Tage, an denen ich dauerhaft Gänsehaut habe, weil mich der Gedanke begleitet, „das alles“ bald hinter mich zu lassen.

Was meine ich eigentlich mit „das alles“?
Vielleicht ist Leichtigkeit ein gutes Wort, um meine Zeit in Krakau zu beschreiben. Die Leichtigkeit, mit der ohne Schlaf trotzdem nach Zakopane gefahren und eine Wandertour vom feinsten hingelegt wird, die schöne Leichtigkeit, mit der wir im Sommer in unseren luftigsten Kleidern und Flip Flops in die Clubs Krakaus eingetreten sind, ich als Nichtraucherin ganz selbstverständlich eine Zigarette nach der anderen schnorre oder wir mit einer unverschämten Lässigkeit zu einer Party voller Manager_innen im Kongresszentrum gehen, zu der wir selbstverständlich nicht eingeladen sind.

Hinzu kommen die vielen verschiedenen Trips in verschiedene Dörfer und Städte dieser Länder, die Besuche meiner Liebsten, die kulturweit-Seminare und ein Workshop für mein EVS (Europäischen Freiwilligendienst) in Warschau. Nichts von alledem möchte ich missen wollen.

So ein Auslandsaufenthalt lehrt einem viel. Auch ich werde mit vielen Eindrücken, neuem Wissen über Polen und der polnische Kultur, Fetzen der polnischen aber auch der spanischen und türkischen Sprache und ein bisschen gereifter zurückkommen. Und ich habe, wie beschrieben, gelernt es zu genießen, das Leben und sich selbst nicht allzu streng zu nehmen und die Dinge mit einer gewissen Leichtigkeit zu sehen.

Am meisten wird mir aber in dieser Zeit bewusst, was mein Heimatland und -stadt für mich bedeuten, was ich wirklich vermisse und worauf ich getrost verzichten könnte. Heimat und Zuhause sein bedeutet für jeden Menschen etwas anderes; ich habe gelernt, was sie für mich bedeuten und welchen Wert sie für mich haben.

Ich bin mir sicher, dass mich die Erfahrungen lange begleiten werden und ich hoffe, die Leichtigkeit in einem guten Maße mitnehmen zu können.
Vielleicht kaufe ich mir, gegen meinen vor lange Zeit aufgestellten und bis heute nicht gebrochenen Vorsatz, nie Geld für Zigaretten auszugeben, Eine Schachtel und nehme sie dann mit nach Deutschland. Ich könnte mich dann still in eine Ecke setzen, heimlich eine rauchen und dabei ganz besinnlich „Sienna“, „Centrum Kongresowe“ „Pijalnja“, „Afera“ oder „Alchemia“  mit Google Street View suchen. Oder ich könnte sie ganz einfach beim Tatort gucken mit Mama und Papa rauchen und dabei aus vollem Herzen „Toniiiiiiiight we´re young“ singen. Kommt darauf an, wie lässig ich dann noch bin. 😉

Doch zunächst werde ich die nächsten Wochen jeden Tag meinen  „Adventskalender“ öffnen. Mal genervt, mal fröhlich, mal neugierig aber immer gespannt und ich bin mir sicher, dass er einige Überraschungen bereithält. 🙂

„Die Dinge nicht benennen, einfach die Luft anbrennen
Kommt, lasst uns freidrehen
Lass den Gedanken zu, es gibt nichts zu tun -außer freidrehen“
(Clueso- Freidrehen)

 

——-

Tonight we´re young! 

I´m sure that every one of us has once counted the days left until Christmas. In the beginning there are still 3 months left and we´re annoyed that we can already buy Christmas cookies.  And then suddenly there are just 4 weeks left and our adventskalender reminds us every day, how long we have to wait until this special day (this dreamlike-naive thinking as a child) or how many days we have left to find the right presents for our besties (slowly but surely the reality comes instead of this naïve dream world).

These days I don´t count the days to Christmas but still I feel something similar just now. In October I didn´t want to hear anything about a potential ending of my stay abroad- there is so much time left, I don´t think about that now- come on…

Today, 3 months later, the situation seems a bit different. It´s like I would start to open the adventskalender. Christmas or rather the end of one of my steps in life comes closer. But instead of getting crazy because of happiness or getting stressed because of all these non-bought presents it´s impossible to describe my feelings almost concrete like that.

Short time ago there was an evening, on which I searched my parents’ home with Google Street View and I listened to some songs, which couldn´t be more about home:

„[…] Often you have asked yourself, what dismembers me
I didn´t want, that you know it
You were alone at home, you missed me
and you asked yourself, what you´re for me
Home is still you
Home is forever just you […]“ (AnnenMayKantereit – Oft Gefragt, original lyrics are German)

In this moment I realized what it means to me to be homesick. It wasn´t just a word any longer.

Or there are these moments, in which I feel a big refusal against the polish language. I just wish to have a fluent conversation with the ticket seller at the train station without the person recognizing that I´m unfortunately not a native speaker, because of my pronunciation/ bad grammar/ basic vocabulary.

Since some weeks, it has been totally ok to spend an evening at home, watching “orange is the new black” or reading some books without having the feeling to miss the best party ever. The first months it wasn´t like this at all. There we took everything, what we could get. But maybe it´s possible that I`m getting slowly tired of parties? In the end they are always nearly same, aren´t they?!

But on the other hand there are these days, I constantly have goosebumps because I`m always thinking about not having “all the stuff” in some weeks anymore.
But what do I mean with “all the stuff”?
Maybe lightness is a good word to describe my time in Cracow. The lightness, with which we go to Zakopane without any sleep and have an amazing hiking trip or the pretty lightness, with which we went in summer in our sweetest dresses and flip-flop to Cracow´s clubs and I mooche as a non-smoker one cigarette after one without any regrets or the naughty lightness, with which we´re going to Centrum Kongresowe to an official party full of managers, to which we are of course not invited.

Several trips to different villages and cities these countries are also coming along plus the visits of my besties, the “kulturweit”-workshops and the on arrival training in Warsaw for my EVS. Nothing of them I would like to miss.

Staying abroad teaches you a lot. I also will go back with many expressions, new knowledge about Poland and the polish culture and little pieces of the Polish but also of the Turkish and Spanish language and a bit grown-up.  As I said, I also learned to enjoy, to take the life and yourself not so serious and to see all the things with a special taste of lightness.

But at most I`m realizing what my homecountry and –city  mean to me, what I really miss and with what I could  not live without. Home and to be at home means something different for everyone. I learned, what these words mean to me and which value they have for me.

I´m sure that my experiences will accompany me for a long time and I hope to take the lightness in a good dimension with me.

Maybe I will buy, against my own old rule (to never spend money for cigarettes and I didn´t break it yet), a package of cigarettes and will take them to Germany. I could sit down in a silent corner, smoke the cigarettes secretly and although search  for “Sienna“, „Centrum Kongresowe“, „Pijalnja“, „Afera“ or „Alchemia“  with Google Street View and think about all the memories. Another option could be to smoke the cigarettes just easily with my mum and dad during watching Tatort (a German crime series, which many families watch every Sunday evening) and sing from the bottom of my heart: “Toniiiiiiight we´re yooooung”. It depends, how cool I will still be. 😉

But at first I will open my „adventskalender“ every day. Sometimes exhausted, sometimes happy, sometimes curious but always excited and I´m sure that it hold some surprises ready. 🙂

Ein Gedanke zu “Tonight we are young!

  1. Yes. Everything above is true. When You recognize some place at someone’s picture, or eat something and than the thing will come ,, this taste is like Zapiekanka!“.

    This moments, tastes , memories – that’s all will come back in moments that You never expect.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.