JUST LVIV IT!

Guten Tag! (So werde ich jeden Tag ganz vorbildlich von meinen Schüler_innen begrüßt) 🙂

Die letzten Wochen des Schulhalbjahres laufen und es hat ein Marathon an Tests, Arbeiten und Präsentationen begonnen. Die Lehrer_innen brauchen noch die letzten Noten und die Schüler_innen hoffen, in den letzten Wochen nochmal alles rauszuholen, was sie in den letzten Monaten versäumt haben.. eine mir sehr bekannte Situation: das ganze Schuljahr immer nur gerade so viel tun, wie nötig und am Ende des Schuljahres ganz optimistisch denken, mit 3-Mal Melden, immer freundlich sein und einer freiwilligen Hausaufgabe, könnte man es von einer 4 doch noch auf ne 3 oder sogar auf ne 2 schaffen.. Und wieder mal bin ich sehr froh, dass die Zeiten bei mir vorbei sind und ich zur Zeit auf der anderen Seite stehe und Noten geben kann 🙂
Ab nächster Woche stehen dann die Noten fest und es folgen ein Sportfest und andere spaßige Tage. Am Mittwoch wird das Theaterstück „die goldene Gans“ nochmals von der Theatergruppe aufgeführt – diesmal sogar zum guten Zweck: Jede Person, die sich das Stück anschauen will, muss 4 Zloty bezahlen und das eingenommene Geld kommt den Kindern zu Gute, die in der Schule nicht zu Mittag essen können, da sie es sich nicht leisten können. Das Mittagessen in der Schule (Suppe + Hauptspeise + Getränk + Nachtisch oder Obst) kostet 8 Zloty (2€) und es gibt leider einige Familien, die das Geld für die Kinder nicht aufbringen können. Ich hoffe sehr, dass wir einiges einnehmen werden und ich werde mein Bestes geben, meinen Part gut zu machen: Eine Schülerin wird an diesem Tag nicht in der Schule sein und ich wurde gebeten, ihre Rolle zu übernehmen. So werde ich mich mal als Bäuerin versuchen 🙂 .

Vor zwei Wochen fand das Zwischenseminar unseres FSJ´s statt. Alle Kulturweitler_innen aus Ungarn, Tschechien und Polen sind zusammen gekommen und wir haben uns über unsere Einsatzstellen, -städte und-länder ausgetauscht. Es war echt schön, alle wieder zu sehen, über unsere Erfahrungen zu quatschen und festzustellen, dass jedes Kulturweitjahr anders aussieht. Während des Seminars sind wir in der Begegnungsstätte  in Krzyżowa (Kreisau) untergekommen. Manchen von euch ist vielleicht der „Kreisauer Kreis“ ein Begriff. Der Kreisauer Kreis war eine Widerstandsgruppe zur Zeit des Nationalsozialismus und die Jugendbegegnungsstätte in Kreisau wurde 1998 als Erinnerung an diese Widerstandsgruppe von der Stiftung Kreisau für europäische Verständigung ins Leben gerufen.  Kreisau liegt nicht weit weg von Breslau, deswegen habe ich nach dem Seminar mit ein paar Leuten nochmals ein paar Tage dort verbracht. Ich war nun schon dreimal in Breslau und ich finde es wirklich auch sehr toll dort. Es gefällt mir von mal zu mal besser. Zwar nicht so gut wie Krakau, aber man soll ja auch nicht Äpfel mit Birnen vergleichen und es ist einfach generell für eine Stadt schwer, an Krakau heranzukommen 😉

 

Letzte Woche hatte ich am Donnerstag und Freitag frei, da Fronleichnam in Polen ein Feiertag ist. Zwei andere Kulturweitis und ich beschlossen, die Gelegenheit zu nutzen und mal wieder etwas zu reisen. Uns wurde Lviv (Ukraine) sehr ans Herz gelegt und so verbrachten wir 3 Tage in dieser interessanten Stadt. Schon der Grenzübergang Polen-Ukraine war ein Erlebnis für sich. Wir mussten unsere Pässe mehrmals zeigen und wurden genaustens gemustert, bis wir dann schließlich einen Stempel in unsere Reisepässe bekamen. Die ganze Prozedur kann plus Wartezeit mehrere Stunden dauern. Wir hatten auf der Hin- wie auf der Rückfahrt Glück und es kostete uns jeweils ca 30-45 Minuten.

Müsste ich Lviv mit 5 Begriffen beschreiben, würde das wahrscheinlich so aussehen:
1. unschlagbar günstig
2. pro Europa & Putin-Klopapier
3. Straßenkünstler_innen
4. Dill im Essen
5. keine Supermärkte

Lviv ist wahrscheinlich die günstigste Stadt, in der ich jemals war. Wir haben beispielsweise 4 € pro Nacht in einem Hotel bezahlt. Aber an den niedrigen Preisen merkt man natürlich auch sofort, wie arm das Land ist.
Wirklich beeindruckt und überrascht hat uns auch, wie stark sich die Pro-Europa Einstellung bemerkbar macht: Überall hängen Europa-Flaggen, an vielen Ständen wird Putin-Klopapier verkauft oder andere Gegenstände, die den Putin-Hass nicht deutlicher zeigen könnten. Das, wie auch aufgestellte Kerzen und Bilder von gefallenen Soldaten haben uns bewusst gemacht, wie prekär die Lage des Landes zur Zeit und das in der Ukraine Krieg herrscht, auch wenn es in Lviv äußerst friedlich zugeht.

 

Ansonsten haben wir uns auch gefragt, wie viele Straßenmusiker es in Lviv wohl gibt. Jedes Mal, wenn wir draußen in einem Restaurant gegessen haben, hatten wir mehr oder weniger schöne Begleitmusik. Wenn ich schon bei Restaurants bin: Ich glaube, die Köche haben momentan Dill für sich entdeckt. Keine Ahnung warum, aber ALLES wurde mit Dill verfeinert. Das eine mal mehr, das andere mal weniger passend..

Lviv habe ich  in vieler Weise wirklich ganz anders als beispielsweise Krakau oder Berlin wahrgenommen. Eine Tatsache, die das ganz gut verdeutlicht, ist das Nicht-Vorhandensein von herkömmlichen Supermärkten. Wir haben in den paar Tagen ein paar „Tante Emma Läden“ entdeckt, aber von Supermärkten fehlte jede Spur. Als wir in den kleinen Läden Produkte wie Milch, Butter oder Joghurt kaufen wollten, stellte sich das Vorhaben als unerwartet schwierig heraus. Wir fanden KEINE Butter, von der das Mindesthaltbarkeitsdatum noch nicht abgelaufen war und um noch haltbare Milch zu finden, mussten wir auch erstmal ein bisschen kramen.
Eine andere Sache, die wirklich komisch für uns war, war die Tatsache, dass wir einfach nichts lesen zu konnten. Ich meine, ich kann auch nicht unendlich viel auf Polnisch verstehen, aber immerhin könnte ich mir theoretisch was aus den Buchstaben zusammen basteln. Bei dem kyrillischen Alphabet ist das jedoch unmöglich und leider konnten wir somit einige Male leider gar nichts verstehen.

Ich finde, der Kurzurlaub hat sich wirklich gelohnt. Lviv ist eine überschaubare aber total sehenswerte und lebendige Stadt! Wenn ihr mal in der Nähe seid, unbedingt vorbeischauen! Zum guten Schluss noch ein paar Bilder und dann ists auch genug für heute! 🙂