Aller Anfang ist schwer  

Donnerstag, 13.9.2018

Ich beobachte, wie sich der Ventilator in seinem regelmäßigen Rhythmus hin und her bewegt und dabei fleißig vor sich hin dröhnt. Die Augen beginnen mir schon langsam zufallen, als mir einfällt, dass ich doch eigentlich einen Blog schreiben wollte.

Ich habe im Vorhinein beschlossen, dass ich von Zeit zu Zeit Texte über meine Erfahrungen in Kolumbien schreiben möchte. Nicht nur lässt sich so das Hundertste „Na, was machst du so“ eines Bekannten elegant beantworten, sondern stellt es auch eine praktische Form der Selbstreflexion für mich da.
Ich freue mich über jeden Leser dieses Blogs und hoffe, dass meine Erfahrungen das Interesse anderer wecken. Sollte dies der Fall sein, habe ich dann doch einige Begleiter auf meinem, zumindest zu Beginn, recht einsamen Abenteuer!

Nun ja, jetzt fange ich aber auch mal an!

Meine Reise nach Kolumbien fing am 12.9. früh morgens an. Am Flughafen in Hannover musste ich dann Abschied von meinen Eltern und meiner Schwester nehmen. Ein sehr emotionaler Moment für mich, aber für viel Trauer war keine Zeit schließlich musste ich den Rest der Reise angemessen bewältigen.
Das gelang auch sehr gut: Von Hannover nach Frankfurt, von Frankfurt nach Bogota und von Bogota nach Barranquilla. Alles in allem dauerte die Reise fast 24 h Stunden. Ich war dementsprechend sehr erleichtert als mich um 22:30 kolumbianischer Zeit endlich eine Hitzewelle in Barranquilla begrüßte, ich meinen Koffer sofort entgegennehmen und meine Gastmutter Rina und meinen Gastbruder Carlos begrüßen konnte.

Auf der Autofahrt zum Haus der Familie wurde mir sofort bewusst, dass die Herausforderung, der ich mich stelle, alles andere als einfach sein würde. Einerseits stellt die Sprachbarriere ein gewaltiges Kommunikationsproblem da (ich hatte kein Spanisch in der Schule und meine selbst beigebrachten Grundlagen sind, nun ja, eher dürftig), andererseits fuhr das Auto immer weiter in eine völlig unbekannte Stadt.

Barranquilla ist eine Millionenstadt, was für mich als Herforder (64.000 Einwohner) schon etwas ganz Neues ist. Es sollte außerdem auch klar sein, dass eine kolumbianische Großstadt sich wesentlich von einer deutschen unterscheidet. Andere Regeln (im Straßenverkehr auf den ersten Blick am ersten Tag nicht immer genau erkennbar), andere Architektur und anderes Straßennamensystem sind nur einige Beispiele.

Meinen ersten richtigen Eindruck von der Stadt konnte ich mir aber erst bei Tageslicht am Folgetag meiner Ankunft machen, unteranderem auf meinem ersten kleinen Abenteuer:

Nachdem ich den Vormittag im großen umzäunten Grundstück meiner Gastfamilie mit der Mutter meiner Gastmutter und der Reinigungskraft/Nanny Nina(?) verbrachte hatte und mich dabei wie im golden Käfig gefühlt habe, nahm mich Rafael, der Familienvater, mit, der Alejandro (mit 5 Jahren der jüngste der drei Söhne) zu einer kleinen Nachmittags-Leseeinheit am Colegio Aleman brachte. Das ist die Schule, an der ich das Jahr über arbeiten werde. Während Alejandro und Nina in der Bibliothek waren, ging ich auf dem Gelände herum und bestaunte die bestens ausgestattete Schule. Überall Grün, diverse Lerngebäude, Schwimmbecken, Bühne mit Tribüne, Fußballplatz und aus einigen Räumen hörte ich schon die ersten mehr oder weniger erfolgreichen Versuche einiger Trompeten des „Imperial Marsch(s)“ aus Star Wars. Der Schule scheint an nichts zu mangeln.
Als Alejandro fertig war, ging es dann aber auch schon wieder zurück. Da die Eltern uns jedoch nicht abholen konnten sind wir bei einem Auto zugestiegen, in dem schon vier Leute saßen. Das macht nach Adam Riese sieben Personen auf fünf Plätze. Naja, nichts weiter ungewöhnliches scheinbar.
Plötzlich winkt Nina und wir halten unmittelbar vor einem Supermarkt und ich werde darüber informiert, dass wir jetzt eine SIM-Karte kaufen wollen. Davon wusste ich vorher aber nichts und ohne Geld ist das natürlich nicht ganz einfach. Deshalb ging es zu Fuß zurück nach Hause und ich beschloss kurzer Hand meine sieben Sachen zusammenzupacken und allein noch einmal zum Supermarkt zu gehen.
Ich genoss die Freiheit, mich selbstständig bewegen zu können. Und tatsächlich kam ich nach einer gefühlten Ewigkeit aus dem Supermarkt heraus und zwar mit einer funktionsfähigen SIM-Karte im Handy!
Ohne der Freundlichkeit des Verkäufers wäre es mit mein Spanischklümpchen wohl sehr schwer gewesen, das Gewünschte zu erreichen. Zwischenzeitlich viel auch noch die Kasse aus, was den ganzen Prozess deutlich verlängerte.

Aber das Entscheidende ist, dass ich jetzt endlich Internet für den Kontakt nach Hause habe (das WLAN der Familie funktioniert aktuell nicht) und das habe ich ganz allein geschafft. Es mag banal, ja vielleicht sogar lächerlich klingen, aber für mich war das ein großer Erfolg. Solche kleinen Herausforderung Schritt für Schritt zu bewältigen, gibt mir Selbstvertrauen und ich lerne dabei eine ganze Menge.

Morgen ist Dienstbeginn an der Schule, worauf ich sehr gespannt bin. Hoffentlich komme ich gut mit den Kollegen aus und bekomme ein gutes Einführungsprogramm. Besonders der Spanischkurs ist dringend erforderlich!

Wie ich bereits gesagt habe, ist der Anfang meiner Zeit hier in Barranquilla eine echte Herausforderung. Ich versuche geduldig und achtsam hier Fuß zu fassen, ob mir das in ein paar Wochen, Monaten oder gar nicht so wirklich gelingt, weiß ich nicht. Es ist aber sicher, dass mich diese Erfahrung grundlegend prägen wird und ich bin guter Dinge, dass es ein spannendes und vielseitiges Jahr werden kann!

 

Beste Grüße aus Barranquilla!

 

Jan

2 Gedanken zu „Aller Anfang ist schwer  

  1. Sarah

    Lieber Jan,

    wir kennen uns garnicht; ich bin auf deinen Blog aufmerksam geworden weil ich selbst mit kulturweit in Barranquilla war, allerdings an einer anderen Schule. Ich wünsche dir eine tolle Zeit und dass du so oft wie möglich aus deinem „goldenen Käfig“ rauskommst; es lohnt sich!:)

    Liebe Grüße!
    Sarah

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