Archiv der Kategorie: Bildungsarbeit

Hier wird gebildet

Schule mal etwas anders…

Deutsche und argentinische Flaggen findet man viel an der Schule

Ein Klassenzimmer

Der Mate Tee ist natürlich immer und überall dabei

Die Grundschüler auf dem Pausenhof

Einer der zwei Schulkiosk

Alle Klassenzimmer sind von den Schülern kreativ dekoriert worden.

Wie die meisten von euch ja bereits wissen arbeite ich hier in Buenos Aires an einer Schule.
In den letzten drei Wochen konnte ich so einen guten Einblick in die Klassenzimmer bekommen. Dabei sind mir einige Dinge aufgefallen, die aus deutscher Sicht ziemlich merkwürdig sind. Deshalb möchte ich euch nun mal einen kleinen Eindruck vom Schulleben an meiner Schule vermitteln.

Zunächst aber etwas Allgemeines über die Cangallo Schule. Sie ist eine Privatschule, dies ist in Buenos Aires aber nichts Besonderes, da circa die Hälfte aller Schulen privatisiert sind. Die Schule enthält einen Kindergarten, die „Primaria“ (1 bis 7 Klasse) und die „Secundaria“ (8 bis 12 Klasse). In der Secundaria wählen die Kinder einen Zweig (Geisteswissenschaften, Technik, etc.). Deutsch kann hier von den Schülern als zweite Fremdsprache gelernt werden. Nach dem Beenden der 12. Klasse !sollten! sie das Niveau B1 in Deutsch haben. Die Schüler können außerdem das deutsche Sprachdiplom ablegen (kurz DSD). In diesem Fall das DSD 1 auf dem besagten Niveau B1. Dies ist möglich da die Cangallo Schule eine PASCH – Schule ist (bedeutet soviel wie Partnerschule) und deshalb von der deutschen Bundesregierung gefördert wird.

Nach dieser kurzen Einführung nun aber zum praktischen Schulleben:
Der Tag beginnt für die Schüler bereits um 7:20. Viele Schüler wohnen in der Nähe, da Buenos Aires aber so riesig ist, gibt es auch einige Schüler die über eine Stunde in die Schule brauchen.
Wie in vielen deutschen Schulen geht auch hier eine Schulstunde anderthalb Stunden. Theoretisch. Praktisch ist es jedoch so, dass die Lehrer beim Klingeln zu Unterrichtsbeginn noch ganz entspannt ihren Kaffee zu Ende trinken und sich dann erst langsam auf den Weg zum Klassenzimmer machen. Eine Lehrerin meinte mal zu mir: „Eigentlich beginnt der Unterricht zwanzig nach, aber ich komme immer erst halb. Die Schüler sind ja eh immer zu spät.“
Befindet sich der Lehrer dann endlich im Klassenzimmer wartet dort schon etwas, was man in deutschen Schulen eher seltener vorfindet. Hier wird geduzt. Die Schüler sprechen alle ihre Lehrer mit Vornamen an. Außerdem kommt es häufig vor, dass Lehrer und Schüler sich mit einem Küsschen auf die Wange begrüßen. Ich muss zugeben, dass dies eine angenehme freundschaftliche Atmosphäre schafft. Nun könnte man sich fragen, ob die Schüler dann überhaupt noch Respekt vor den Lehrern haben? Ich würde sagen, dass viele Schüler temperamentvoller sind als ich es gewohnt bin aus deutschen Klassenzimmern. Man redet lauter und häufiger. Aber ich kann nicht behaupten, dass die Schüler hier respektlos gegenüber ihren Lehrern sind. Oder zumindest nicht häufiger als deutsche Schüler…
Es gibt noch etwas, was man aus deutschen Klassenzimmern nicht kennt: Mate. Fast immer packt im Unterricht ein Schüler seinen Mate Tee aus und trinkt ihn aus einem „Calabaza“ (Mategefäß, traditionell aus Kürbis hergestellt) mit einem „Bombilla“ (eine Art Strohhalm, meistens aus Metall). Der Mate Tee wird dann herumgereicht und jeder, der möchte, kann davon trinken. Natürlich wird auch dem Lehrer etwas angeboten. Mate ist eben ein sehr geselliges Getränk.
Der Unterricht endet täglich zu unterschiedlichen Uhrzeiten. Einmal in der Woche haben die Schüler um 14:00 Schluss, die anderen Tage häufig erst um 17:00 Uhr (die Secundaria). Zehn Stunden in der Schule würde ich zugegebener Maßen auch nur mit ganz viel Ruhe und Gelassenheit überstehen.

Die erste Woche in Buenos Aires

Die erste Schulwoche ist um und es wird Zeit einmal Bilanz zu ziehen. Aber fangen wir lieber erst ganz von vorne an.

Am Montag kam ich natürlich ganz pünktlich um halb zehn in die Schule und fand niemanden im Deutschlehrerzimmer vor. Nach ein paar Minuten kam dann eine Lehrerin rein und erklärte mir, dass es eine Veranstaltung in der Turnhalle gibt und dort alle versammelt sind. Also folgte ich ihr in die Turnhalle und fand dort circa 200 Schüler auf dem Boden sitzend, während die Lehrer auf Stühlen daneben saßen. Alle blickten nach vorne, wo drei Flaggen aufgestellt waren, die Argentinische, die von Buenos Aires und die der Schule. Auf einmal erhoben sich alle und begannen die argentinische Nationalhymne zu singen. Auf irritierten Gesichtsausdruck hin, wurde mir versichert, dass so etwas nicht jeden Montag stattfindet. Die Veranstaltung hatte den Anlass, dass am Sonntag „Tag des Lehrers“ gewesen ist. Anschließend sangen ein paar Kinder etwas vor und andere trugen selbstgeschriebene Gedichte vor. Nach der Veranstaltung stellte sich dann heraus, dass meine Ansprechpartnerin heute gar nicht an der Schule sein würde. Deshalb konnte ich danach nach Hause gehen und mein erster „Arbeitstag“ endete um halb zwölf.

Am Dienstag begann dann mein Tag an der Schule sogar erst um halb elf. Diesmal nahm mich eine Lehrerin in den Deutschunterricht ihrer elften Klasse mit. Die Klasse bestand aus sechs/ sieben Schülern (die Kurse werden an der Schule nochmal nach Deutschniveau aufgeteilt, sodass es insgesamt sechs verschiedene Deutschklassen in jeder Stufe gibt). Die Schüler waren alle sehr interessiert und stellten mir viele unterschiedliche Fragen über mich und Deutschland. Gegen Mittag waren dann ein paar Verwaltungsaufgaben dran. Am Nachmittag jedoch sollte ich zusammen mit einer anderen Lehrerin ein paar Schüler auf das Deutsche Sprachdiplom (kurz DSD) vorbereiten. Dies wird nun jeden Nachmittag nach der Schule stattfinden, wurde mir gesagt. An diesem Nachmittag saß ich jedoch mehr daneben und verfolgte aufmerksam wie die Lehrerin ein paar grammatikalische Sachen erklärte, von denen ich persönlich noch nie etwas gehört hatte. Am Abend hatte ich mich dann für eine Hypnoseshow im internationalen Studentenhaus eingetragen. Tatsächlich schaffte der Mann es sechs Leute gleichzeitig zu hypnotisieren und ließ sie verschiedene Dinge tun. Beispielsweise einen Hamburger essen, Zeichensprache sprechen, einen lustigen Film ansehen, etc. Es war wirklich wahnsinnig witzig sich dies anzusehen!

Am nächsten Tag schlenderte ich ganz unschuldig zum Deutschlehrerzimmer, als mir meine Ansprechpartnerin entgegenkam und ganz aufgeregt meinte: „Es fehlen drei Deutschlehrer! Könntest du, die achte Klasse schnell mal für anderthalb Stunden übernehmen?“ Natürlich stimmte ich zu und wurde so gleich von der Deutschlehrerin zum Klassenzimmer der Achten geführt. „Also ich bin hier gleich gegenüber. Wenn etwas sein sollte, dann kommst du einfach vorbei.“ meinte sie und verschwand in ihre eigene Klasse. Nun stand ich da vor zwanzig vierzehnjährigen Schülern, die mich mit großen Augen ansahen. Nachdem ich mich kurz vorgestellt hatte (auf Spanisch natürlich, da das Deutschniveau der Schüler sehr niedrig war), erklärte ich den Schülern, dass wir nun Galgenmännchen auf Deutsch spielen werden. In diesen anderthalb Stunden kramte ich mein komplettes Unterrichtsspiele Repertoire heraus. Man muss allerdings sagen, dass argentinische Schüler um einiges lauter sind. Doch meistens konnten sie sich selbst wieder beruhigen. Am Ende der Stunde hatten die Schüler dann noch einige Fragen über das deutsche Schulsystem, welches sich doch stark von dem argentinischen unterscheidet. Am Nachmittag hatte ich dann noch Hospitanz bei einer zwölften Klasse (ah … Wie ruhig die doch sind!). Danach ging nach Hause um mich noch am selben Tag bei einem Ruderverein vorstellen zu können. Tatsächlich fand ich einen und mir wurde gesagt, ich könnte gleich am nächsten Tag wieder kommen, um mitzutrainieren.

Der Donnerstag war dann ein sehr entspannter Tag, da die Schule aufgrund des „Tags des Schülers“ geschlossen hatte. Also fuhr ich nur zum Ruderverein und traf dort auf wirklich sehr nette Trainer und Sportkollegen. (Deshalb freue ich mich schon sehr darauf am Sonntag dort wieder zu trainieren und hoffe sehr, dass dies regelmäßig klappt.)

Auch Freitag war ein eher ruhiger Tag, da die Schüler bereits um elf nach Hause gehen konnten. Sie hatten eine Veranstaltung in der Turnhalle (da der Tag davor ja der „Tag des Schülers“ war) und hatten danach keinen Unterricht mehr. Ja, die Logik am Tag nach dem unterrichtsfreien Tag Unterrichtsausfall aufgrund des unterrichtsfreien Tages zu haben leuchtet mir absolut ein …

Dennoch war es alles in allem eine sehr ereignisreiche Woche und freue mich schon sehr darauf nächste Woche wieder in die Schule zu gehen. Die Lehrerkollegen sind alle wahnsinnig nett und die Schüler (eigentlich) auch ganz lieb.

 

Das Logo der Schule

Ein kleiner Ausschnitt des Schulgebäudes