Archiv für den Monat: Oktober 2017

Deutsche Kultur am anderen Ende der Welt

Als ich nach Buenos Aires geflogen bin, konnte ich mir bei bestem Willen nicht vorstellen am anderen Ende der Welt etwas von „deutscher Kultur“ wiederzufinden. Doch in Argentinien leben immerhin rund 300.000 Deutsche. Das bekommt man vor allem in Buenos Aires selbst sehr gut zu spüren. Es ist eine Einwandererstadt, in der sich verschiedene Kulturen der ganzen Welt vermischen – eben auch die Deutsche.

Hier ein paar Beispiele:

Der 03. Oktober, Tag der deutschen Einheit, wurde selbst hier gefeiert. An dem Tag fand ein Ausflug der Schule mit ein paar Schülern zum „Plaza Alemania“ (Platz Deutschlands) unternommen. Der Platz war mit deutschen und argentinischen Flaggen dekoriert worden. Außerdem war eine argentinische Blaskapelle, Vertreter des Militärs und natürlich Diplomaten anwesend. Zuschauer waren vor allem deutsche Schule und Sportvereine, von denen es in Buenos Aires gar nicht so wenige gibt!
Es gab einige Reden über die Zusammenarbeit zwischen Argentinien und Deutschland und ein Schulchor hat spanische und deutsche Lieder gesungen.
Zum Abschluss hat jede Schule eine Kiste mit Saft und Alfarores (eine argentinische Süßigkeit) für die anwesenden Schüler geschenkt bekommen – das war nun schon wieder nicht mehr ganz so deutsch.

Wie ich bereits erwähnt habe, gibt es hier einige deutsche Einwanderer. Dementsprechend habe hier viele Leute deutsche Vorfahren. So auch eine Freundin von mir: Mariá Sol Pönicke. Ihre Oma kommt aus Deutschland, hat einen Argentinier geheiratet und ist nach Buenos Aires gezogen. Dementsprechend gibt es bei Ihnen zu Hause manchmal sogar Spätzle mit Gulasch!! Die Zutaten dafür kann man hier in einem bestimmten Supermarkt problemlos kaufen, kostet nur eben ein bisschen mehr.
Dieses Wochenende wurde ich zu Sol’s Familie nach Hause eingeladen. Es war einfach unglaublich, wie herzlich eine Familie seien kann. Ständig bekam man etwas zu Essen angeboten! Am Abend bin ich dann mit Sol und einer anderen Freundin zu einer Bar gefahren. Als ich diese betrat, musste ich erstmal schmunzeln. Im „Beerhouse“ liefen alle Kellner mit grünen Hüten und Federn herum. Das war also ihre Vorstellung davon, wie wir Deutsche herum laufen… Als wir Getränke bestellen wollten, konnte ich mich bei der großen Auswahl gar nicht entscheiden. Deshalb brachte mir der Kellner einfach jedes Bier in einem kleinen Shotglas, sodass ich probieren und mich für eins entscheiden konnte. Als ich mich dann entschieden hatte, ging dieses Bier auch noch aufs Haus, denn ich war Deutsche und hatte mich so nett verhalten – wie der Kellner meinte. Also wenn es um Bier geht, ist man hier wirklich zuvorkommend zu den Deutschen! 😀

P.S.: Ich habe heute mal wieder frei, da Tag der kulturellen Vielfalt ist und ich bin sicher, dass es deswegen Morgen eine Veranstaltung in der Turnhalle geben wird, während der die Schüler keinen Unterricht haben. ((:

Schule mal etwas anders…

Deutsche und argentinische Flaggen findet man viel an der Schule

Ein Klassenzimmer

Der Mate Tee ist natürlich immer und überall dabei

Die Grundschüler auf dem Pausenhof

Einer der zwei Schulkiosk

Alle Klassenzimmer sind von den Schülern kreativ dekoriert worden.

Wie die meisten von euch ja bereits wissen arbeite ich hier in Buenos Aires an einer Schule.
In den letzten drei Wochen konnte ich so einen guten Einblick in die Klassenzimmer bekommen. Dabei sind mir einige Dinge aufgefallen, die aus deutscher Sicht ziemlich merkwürdig sind. Deshalb möchte ich euch nun mal einen kleinen Eindruck vom Schulleben an meiner Schule vermitteln.

Zunächst aber etwas Allgemeines über die Cangallo Schule. Sie ist eine Privatschule, dies ist in Buenos Aires aber nichts Besonderes, da circa die Hälfte aller Schulen privatisiert sind. Die Schule enthält einen Kindergarten, die „Primaria“ (1 bis 7 Klasse) und die „Secundaria“ (8 bis 12 Klasse). In der Secundaria wählen die Kinder einen Zweig (Geisteswissenschaften, Technik, etc.). Deutsch kann hier von den Schülern als zweite Fremdsprache gelernt werden. Nach dem Beenden der 12. Klasse !sollten! sie das Niveau B1 in Deutsch haben. Die Schüler können außerdem das deutsche Sprachdiplom ablegen (kurz DSD). In diesem Fall das DSD 1 auf dem besagten Niveau B1. Dies ist möglich da die Cangallo Schule eine PASCH – Schule ist (bedeutet soviel wie Partnerschule) und deshalb von der deutschen Bundesregierung gefördert wird.

Nach dieser kurzen Einführung nun aber zum praktischen Schulleben:
Der Tag beginnt für die Schüler bereits um 7:20. Viele Schüler wohnen in der Nähe, da Buenos Aires aber so riesig ist, gibt es auch einige Schüler die über eine Stunde in die Schule brauchen.
Wie in vielen deutschen Schulen geht auch hier eine Schulstunde anderthalb Stunden. Theoretisch. Praktisch ist es jedoch so, dass die Lehrer beim Klingeln zu Unterrichtsbeginn noch ganz entspannt ihren Kaffee zu Ende trinken und sich dann erst langsam auf den Weg zum Klassenzimmer machen. Eine Lehrerin meinte mal zu mir: „Eigentlich beginnt der Unterricht zwanzig nach, aber ich komme immer erst halb. Die Schüler sind ja eh immer zu spät.“
Befindet sich der Lehrer dann endlich im Klassenzimmer wartet dort schon etwas, was man in deutschen Schulen eher seltener vorfindet. Hier wird geduzt. Die Schüler sprechen alle ihre Lehrer mit Vornamen an. Außerdem kommt es häufig vor, dass Lehrer und Schüler sich mit einem Küsschen auf die Wange begrüßen. Ich muss zugeben, dass dies eine angenehme freundschaftliche Atmosphäre schafft. Nun könnte man sich fragen, ob die Schüler dann überhaupt noch Respekt vor den Lehrern haben? Ich würde sagen, dass viele Schüler temperamentvoller sind als ich es gewohnt bin aus deutschen Klassenzimmern. Man redet lauter und häufiger. Aber ich kann nicht behaupten, dass die Schüler hier respektlos gegenüber ihren Lehrern sind. Oder zumindest nicht häufiger als deutsche Schüler…
Es gibt noch etwas, was man aus deutschen Klassenzimmern nicht kennt: Mate. Fast immer packt im Unterricht ein Schüler seinen Mate Tee aus und trinkt ihn aus einem „Calabaza“ (Mategefäß, traditionell aus Kürbis hergestellt) mit einem „Bombilla“ (eine Art Strohhalm, meistens aus Metall). Der Mate Tee wird dann herumgereicht und jeder, der möchte, kann davon trinken. Natürlich wird auch dem Lehrer etwas angeboten. Mate ist eben ein sehr geselliges Getränk.
Der Unterricht endet täglich zu unterschiedlichen Uhrzeiten. Einmal in der Woche haben die Schüler um 14:00 Schluss, die anderen Tage häufig erst um 17:00 Uhr (die Secundaria). Zehn Stunden in der Schule würde ich zugegebener Maßen auch nur mit ganz viel Ruhe und Gelassenheit überstehen.