Von unnötigem Stress und wunderschöner Aussicht

Moskau

– Das Umsteigen in Scheremetjevo, dem Moskower Flughafen, war eine kleine Hürde. Eigentlich nicht so schlimm wie in Deutschland, wo sie von dem Visum verwirrt waren und zusätzlich nicht auf meine Buchungsdaten zugreifen konnten, aber schlimm, weil ich viel weniger Zeit hatte. Irgendwie war es nämlich nicht möglich, am Deutschen Flughafen die Boarding Pässe für beide Flüge zu bekommen, ich musste sozusagen in Moskow nochmal neu einchecken. Während ich also darauf warte, dass die Person am Schalter Zeit für mich hat, wandert mein Blick hoch zu der Tafel und sucht mein Gate… Schnell gefunden ist es und um so größer der Schreck, dass ich 43 Minuten Gehweg dahin habe. Na schönen Dank auch. Das wird knapp, denke ich mir, während der Check-In-Vorgang ewig dauert. Oder kommt es mir nur so vor, weil ich es plötzlich eilig habe?

Mit dem Ticket in der Hand wird also eine kleine Wanderung begonnen. Wer schon mal in Scheremetjevo umgestiegen ist, weiß wovon ich rede. Ich musste ungelogen durch den kompletten Flughafen. An 57 Gates vorbei. 58 ist das letzte. In immer schnelleren Schritten bewege ich mich also durch eine Menschenmasse, die ich als überwiegend dem asiatischen Raum zugeordnet lese.  Vorbei an überteuerten Modegeschäften, aufgetakelten Supermärkten und futuristischen Särgen, die man anscheinend zum Schlafen mieten kann.

Angekommen am Gate erweist sich dann die Aussage des Menschen, der mich eingecheckt hatte als untertrieben, denn der Flug hat nicht „ein bischen Verspätung“, nein er geht fast eine Stunde zu spät. Mehr Zeit zum Essen, denke ich, entledige mich meines verschwitzten Hemdes und krempel die Hosenbeine hoch um zu lüften.

Moskau -> Ulaanbaatar

Boarding problemlos, das Flugzeug hat 7 Sitzreihen und zwei Gänge, ist ziemlich komfortabel und begrüßt mich mit dezenter mongolischer Musik. Enttäuscht muss ich feststellen, dass ich keinen Fensterplatz habe. Schwerer also, einzuschlafen und auch nicht viel Möglichkeit, raus zu schauen. Die Trauer wird durch die Tatsache gedämpft, dass ich plötzlich meinen Namen höre. Ich schaue hoch, nur um Christhin und Lotta zu sehen, zwei Mitfreiwillige, die sich durch den Gang schieben. Unser freudiges Wiedersehen wird jedoch von der Stewardess beendet, die sich beschwert, dass es nicht weiter geht.

Der Flug verläuft danach recht unspektakulär. Nach ein wenig Dösen und einem passablen Essen, für das ich ewig brauche (links zu sehen), verbringe ich die meiste Zeit meines Fluges mit dem Film „Shazam“ und verliere mich kurzzeitig in dem Gedanken, wann ich wohl das letzte Mal alleine einen Film gesehen habe… Danach beobachte ich auf dem Bildschirm vor mir das hier abgebildete Phänomen:

Ich hatte gehofft, das das passiert…

Begeistert beschließe ich also, nun doch die Odysee zu einem anderen Platz zu wagen. Einem am Fenster. Einem, den ich wertschätzen kann, nicht so wie die anderen, schlafenden Passagiere. Nach einem Weilchen suchen und schuldbewusstem Stolpern über Schlafende Füße finde ich einen leeren Doppelplatz am Fenster. Jackpot. Ich siedele erst teilweise um, später ganz und verbringe den Rest der Reise damit, am Fenster zu kleben.

Ein kleiner Bericht über die Beobachtungen am Fenster.

Alles. was ich davon drauf gekriegt habe 🙁

Zuerst der Überflug der Tag-Nacht-Scheide. Leuchtendes Gelb und Rot am Horizont, dass sich zu einem Gleißen und Strahlen auswächst, das unglaublich blendet. Im Prinzip nur ein beschleunigter Sonnenaufgang aus einem winzigen Bullaugenfenster, aber gerade in seiner Schlichtheit unglaublich schön.

Mit dem Sonnenaufgang klart der Himmel auf und mindestens 40 Minuten kann ich den Blick nicht abwenden von der rauhen Schönheit der Landschaft unter mir. Sie sieht ziemlich gleich aus und ist doch unglaublich verschieden. Riesige Seen, Wälderartige Gebiete, gewundene Flussläufe und Straßen. Und dazwischen, wie kleine Sterne verteilt, weiße Punkte, die ich als Jurten identifiziere. Die Leere, die dieses Land dem darüber hinweg fliegenden Beobachter entgegenstreckt ist unvorstellbar, wenn man noch nie etwas ähnliches gesehen hat. Kurz vor der Landung in Ulan Bator zieht sich der Himmel wieder zu. Oder ist es der sagenumwobene Smog? Nach einem kurzen Schrieb in mein Abenteuerbuch (es heißt jetzt Khabishi ^^) durchbrechen wir die Wolkendecke und Ulaanbatar liegt unter uns. Über die Stadt gibt es von oben noch nicht viel zu sagen… Aber der Bericht von unten kommt noch.

Ulaanbaatar

Nach dem ich durch die Passkontrolle bin, hole ich vor Freude hüpfend meinen Koffer ab. Ich selbst werde von einer der Deutschlehrerinnen an meinem zukünftigen Arbeitsplatz abgeholt und in einem kleinen, schwarzen Auto in meine Wohnung gefahren. Der Schlaf bemächtigt sich meiner recht schnell.

4 Gedanken zu „Von unnötigem Stress und wunderschöner Aussicht

  1. Das ist ein zweiter Versuch. Mein anderer Kommentar fliegt irgendwo im Weltall herum ?. Ich habe es genossen, mir Deinen Bericht vorlesen zu lassen. ? Die Erde ist so schön. Mit offenen Augen und einem frohen Herzen gibt es Freude für jeden Tag. ?⚘

  2. T R A U M H A F T !
    Noch ein Gedanke von Oscar Wilde: „Ich habe einen ganz einfachen Geschmack. Ich bin immer mit dem Besten zufrieden.“ ?⚘

  3. Es fühlt sich absurd an, aber auch aufregend, wie mir beim Durchstöbern deines Blogs bewusst wird, dass du während ich in meinem Zimmer lese oder den Wocheneinkauf gemacht habe, um die halbe Welt geflogen bist. Wie sich für dich Perspektiven wechseln, während ich so fest in meiner stecke.
    Und ich freue mich sehr über jede Audioaufnahme deiner Geschichtenerzählerstimme. 😉

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