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Eine Entdeckungsreise

In den letzten 20 Tagen habe ich mich auf den Weg gemacht und bin angekommen – einige Male. Aber vor allem bin ich aufgebrochen. Aufgebrochen aus der heimischen Behaglichkeit und aus gewohntem Umfeld. Und Aufbruch bedeutet Umbruch. Aufbruch bedeutet Angst und Aufbruch bedeutet Freude. Aufbruch bedeutet Ungewissheit und Aufbruch bedeutet Loslassen. Aufbruch bedeutet Abschied und Willkommen.

Zunächst ging es für mich und rund 320 weitere Freiwillige an den Werbellinsee zum Vorbereitungsseminar. Die Zeit dort ist schwer in Worte zu fassen. Den unheimlichen Input, den wir erhalten haben, gilt es nun in unser Handeln verantwortlich zu integrieren und in unseren Köpfen weiter zu entwickeln.

Es wurde über Rassismus und „Weiß-sein“, Privilegien und Ausgrenzung, über den kritischen Medienumgang und die verantwortliche Berichterstattung, Gender und die eigene Identität, aber auch über kulturweit, das Auswärtige Amt und die Deutsche UNESCO-Kommission e.V. kritisch und konstruktiv diskutiert.

Begleitet wurden diese Thematiken von einem Rahmenprogramm und sog. Homezones, die auch Erholung und Spaß enthielten, einen Ausflug nach Berlin inkludierten und Partner*innen-Tagen, die – in meinem Fall – die Aufgabe eines Freiwilligen an einer Schule beleuchteten. Außerdem bot sich ausreichend Möglichkeit, um Kontakte und Freundschaften zu knüpfen, die den Aufenthalt in einem fremden Land gemeinsam erleben lassen.

Doch so kam zu dem herzlichen Willkommen auch ein wehmütiger Abschied hinzu, denn in 10 Tagen voller aufrüttelnder Erlebnisse und Ehrlichkeit wächst man zusammen.

Weiter reiste ich nun, am 14.9., nach Újhartyán in Ungarn. Der Abschied zu Hause fiel schwer und dennoch bin ich voller Zuversicht ins Flugzeug gestiegen.

Seitdem lebe ich in einem Rausch neuer Eindrücke. Positiver Eindrücke. Doch es fehlt der Pause-Knopf und vor allem der zur Wiederholung. Marmeladenglasmomente, die nicht vorbei sein sollen, die wiedererlebt werden wollen.

Erst seit fast einer Woche bin ich hier. Eine Woche mit ca. 300 neuen Personen, einem neuen Umfeld, einem neuen Zuhause, neuem Essen, einer neuen Sprache, einer anderen Kultur  – eine Woche in einem fremden Land. Aber eigentlich fühlt es sich nicht mehr sehr fremd an, sondern richtig. Es ist richtig, dass ich hier bin und diese Reise ins Ungewisse gewagt habe.

Die Freundlichkeit und Herzlichkeit, die Offenheit und Begeisterung für mich, meine Sprache und meine Kultur sind nur einige der Faktoren, die dieses Ankommen so einfach gemacht haben. Ich bin am richtigen Ort für mich und diese Zeit angekommen, auch, wenn ich mein „richtiges Zuhause“ vermisse.

Doch auch hier bin ich einige Male aufgebrochen, denn es gibt so viel zu erleben. Ich bin aufgebrochen, um in Kinderherzen geschlossen zu werden. Ich bin aufgebrochen, um mit Lehrerinnen und Lehrern über Schule, den Unterricht, Deutschland und so vieles mehr zu diskutieren und sie kennenzulernen. Ich bin aufgebrochen, um über die Deutsche Selbstverwaltung zu erfahren und von ihr über die bedeutsame Geschichte meines „neuen Zuhauses“ zu lernen. Ich bin aufgebrochen, um Budapest zu erkunden. Ich bin aufgebrochen, um die Gemeinschaft Junger Ungarndeutscher (GJU) zu treffen und mit ihnen über unsere Tradition und unsere Zukunft nachzudenken. Ich bin aufgebrochen, um mit dem örtlichen, jungen schwäbischen Freundeskreis ins Mátra-Gebirge zu reisen und neue Geschichten zu erfahren und neue Freundschaften zu schließen.

 

Ich bin aufgebrochen, um anzukommen. Ankommen auf einem langen Weg, der vieles bewegen wird. Ankommen auf einer Reise ins Ungewisse, denn auch, wenn die ersten Stationen nun bekannt sind, so liegt die Zukunft im Ungewissen und ich freue mich sehr auf mehr herzliche Willkommen und mehr Aufbrüche. Und irgendwann, irgendwann werde ich ankommen – irgendwo.

One thought on “Eine Entdeckungsreise

  1. Sehr schöne Zeilen, Kari! Jemand hat einmal gesagt: „Life is the ultimate experience. But you have to live it in order to write about it!“ … mir scheint Du bist auf dem richtigen Weg!
    Wir freuen uns, dass Dir Dein ‚Abenteuer‘ so gut gefällt.

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