Bienvenida a los Estados Unidos…….de México!

Tatsächlich gestaltet es sich eher schwierig von der Insel Hispaniola schnell und günstig herunter zu kommen. Das Zwischenseminar meines Freiwilligendienstes fand aber nun in Mexiko statt. Also machte ich mich am Samstag vor zwei Wochen auf eine 5-stündige Flugreise. Mit viel Vorfreude, leeren inneren Batterien, die dringend aufgeladen werden mussten und einem kleinen Rucksack landete ich in Mexiko Stadt. Die Landung war schon atemberaubend. So eine riesige Stadt hatte ich noch nie gesehen: Die Miniaturhäuser hörten gar nicht mehr auf und als ich dachte das Zentrum erspäht zu haben, kam gleich noch eines hinterher und noch mehr Gebäude, Straßen und Menschen. Und ganz viel Nebel, der sich später als Smog heraus stellte, und innerhalb der Stadt dazu führt, dass man nicht einmal einen Kilometer weit schauen kann – wie mir später erklärt wurde.

Am Flughafen wartete ich seelenruhig auf zwei andere Freiwillige aus Kolumbien, mit denen ich zusammen in die Stadt fahren wollte. Genüsslich verzehrte ich mein Mittags-Sandwich und ließ mein Handy langsam mit dem Internet verbinden. Als es das irgendwann getan hatte, bekam ich mit, dass die beiden in Panamá hängen geblieben waren und erst am folgenden Tag kommen sollten. Oh Mensch: Anna allein in Mexiko Stadt. Also: Geld abheben, raus gehen, böse gucken und den am vertrauenswürdigst aussehenden Taxifahrer schnell und bestimmend auf Spanisch ansprechen – es klappte. Wenig später saß ich bei offenen Fenstern und mexikanischer Musik im Auto eines netten Fahrers, der mir sogar abkaufte Dominikanerin zu sein. Die Situation wendete sich allerdings bald, als er die schöne Musik leiser drehte und er eine Frau über Lautsprecher anrief. Er: „Gib mir doch deine Freundin, wenn sie bei dir ist“ – zunächst wiederholte er diesen Satz mehrmals. Unwissend von dem was passieren würde, war ich eher genervt davon, dass er das Radio leiser gedreht hatte, als dass ich mir Mühe gab, den Sachverhalt zu verstehen. Erst beim dritten Telefonat mit der gleichen Frau, als auch wiederholt Sätze von ihm fielen wie „Ich weiß ganz genau dass er bei dir ist.“, „Es ist vorbei. Ich komme gleich vorbei und werde meine Sachen holen!“ und „Bleib doch bei deinem Schatz.“, realisierte ich langsam was ich gerade live miterlebte: Mein Taxifahrer hatte sich soeben über Lautsprecher von seiner Frau getrennt. Zwischen den Gesprächen versuchte er mir dann seine Situation zu erklären und fragte mich sogar nach Rat! Als seine Frau ihn fragte, ob er denn nicht gerade einen Kunden hätte, meinte er nur „Die ist Gringa (Amerikanerin) und versteht eh nichts“, schaute in den Spiegel und zwinkerte mir zu– ich war wohl wirklich in Mexiko angekommen.

An dem Wochenende vor Beginn des Seminars trudelten wir (die 11 Freiwilligen aus Kolumbien, Mexiko und ich, aus der Dominikanischen Republik) langsam in Mexiko-Stadt ein. Bereits beim Vorbereitungsseminar (im März 2019 in Berlin) waren wir zu einem coolen Team zusammengewachsen, sodass es ein freudiges Wiedersehen gab. Super Glück ist es auch, einen Historiker und Mexikoexperten als Mitfreiwilligen zu haben, mit dessen Hilfe wir die Stadt zwar kurz aber knackig kennenlernten. Natürlich könnte ich darüber schreiben, aber da es ja mein Blog ist und kein Reiseführer, belasse ich es lieber dem, meiner Meinung nach, Spannendstem: Meinem ersten Eindruck und meinen spontanen Gefühlen: Ich ging nach Monaten wieder in einer Masse Menschen unter oder hatte wenigstens das Gefühl, dass ich nicht die Einzige bin mit heller Hautfarbe. Und: Zivilisation. Ganz komisch aber wahr: wieder Kultur, Cafés, Spazierengehen. Auch die Autos kamen mir merkwürdig vor. In Santo Domingo können sich nur die wohlhabenden Menschen ein Auto leisten, so prägen dort das Straßenbild (den nicht TÜV-würdigen Carros Publicos mal ausgeschlossen): Porsche, Mercedes, Crysler etc., meistens SUV mit getönten Scheiben. In Mexiko-Stadt gab es alle verschiedenen Größen und Modelle von Autos. Ein erster Eindruck, der mich erstaunte. Das hatte ich nicht so erwartet.

Auch nicht erwartet hatte ich, dass das 5-tägige Zwischenseminar ein reiner Traum werden würde. Ungefähr eine Stunde von Mexiko-Stadt in den Bergen auf 2700m Höhe trafen wir uns, 11 Freiwillige mit der Trainerin, dem Hausherren eines wunderschönen Chalets inmitten der Berge und purer Natur sowie zwei lieben Köchinnen. Die Zeit war wortwörtlich zum Durchatmen da, denn die Luft war frisch und morgens noch sehr kühl und auch die Stille wirkte sehr heilend.

Zwischen Reflexion und Analyse der bisherigen 3 Monate im Freiwilligendienst zauberten die lieben Köchinnen uns mexikanische Geschmackswunder. Das leckere Essen, die uns umgebende Natur, der friedliche Schlaf und der tiefe Austausch untereinander ließ mich oft meine Frustration vergessen, die ich spürte, wenn die Anderen von ihren Arbeitsstellen und Erfahrungen berichteten und ich immer nur wieder von meiner katastrophalen Einsatzstelle berichten konnte.

Das wohl krasseste Erlebnis des Seminars war ein Ausflug mit unserem Hausherren zu seinen Freunden in ein Temazcal. Dabei handelt es sich um ein Dampfbad, welches im mesoamerikanischen Raum archäologisch belegt ist. Es geht dabei nicht um Spa, wie bei einem Saunagang, sondern um den therapeutischen Zweck; in erster Linie um die Heilung von Krankheiten. Wir saßen 3 Stunden in einer Art Steiniglu zu dreizehnt in Badekleidung. In vier verschiedenen Etappen wurden heiße Steine in die Mitte in ein großes Loch gelegt und später mit Wasser immer wieder aufgegossen.

In dem stockdunklen Raum atmeten wir, lauschten den zwei Anleitern und ihren Gedanken zu Leben, Leistung und Schicksal und musizierten wir. Der wohl emotionalste Moment: Wir sprachen die Dinge aus, die wir dort, im Temazcal, zurücklassen wollten. Es wurde immer heißer und am Ende befand ich mich fast in einer Trance. Als das Ritual beendet war, Licht uns wieder erreichte, wir langsam unseren Kreislauf zu sich kommen ließen,  und die ersten das Steinglu verließen, lag ich einfach nur auf dem Boden und weinte still. Ich weiß nicht warum und wie es dazu kam. Aber es tat gut und im Nachhinein war es einfach nur umwerfend. Was auch immer ich dort zurückgelassen habe, in der Nacht danach habe ich so gut geschlafen wie seit drei Monaten nicht mehr, und meine Batterien waren wieder im grünen Bereich.

(Fortsetzung über anschließende Backpacking-Tour folgt!)