Was bisher geschah…

Szia und hàllo, liebe Leute!

„Ist sie nicht ein bisschen spät dran damit?“, denkt ihr euch sicher, wenn ihr diesen allerersten Blogpost von mir lest (falls ihr überhaupt mitbekommen habt, dass ich mich nach knapp zwei Wochen in Ungarn und beinahe einen Monat nach dem offiziellen Start meines FSJ doch noch dazu entschlossen habe, einen Blog zu schreiben). Und ihr habt Recht. Ja, tatsächlich bin ich spät dran, aber voilà: hier ist er, mein ungemein spannender Blog zu all den aufregenden, alltäglichen, frustrierenden, schönen, bisweilen nicht labelfähigen Erlebnissen, die mir in den nächsten Monaten begegnen werden oder es sogar schon getan haben. Wie kommt es, dass ich dieses Projekt doch noch anfange, wo doch in den letzten Wochen schon so viel Blogwürdiges passiert ist, das es nun aufzuholen gilt? Wenn ihr bereit seid, euch in den Mammutpost zu stürzen, zu dem dieser Artikel zwangsläufig ausarten wird, dann lest weiter und findet es heraus!

Es ist der erste September, an dem ich mit einem Rucksack, der größer ist als ich selbst, meiner Mama sowie unserer neuen italienischen Austauschschülerin zu einer für mich unmenschlichen Zeit am Bahnhof stehe und auf den Zug warte. Aufregung? Abschiedsgefühle? Fehlanzeige. Die Realität ist – wie so oft in den letzten Monaten – einfach noch nicht bei mir angekommen, das einzige, was mir in diesem Moment Sorgen bereitet, ist, dass der Zug nach Hamburg wie so oft verspätet sein könnte und mir damit einen Strich durch meine pünktliche Ankunft in Berlin macht. Schnell werden Start- und Zielort auf mein DB-Sommerticket geschrieben, dann ist es auch schon so weit. Ich habe Glück, alle Züge sind pünktlich, ich finde einen Sitzplatz im ICE, und trotz der bis ein Uhr nachts andauernden Packaktion tue ich kein Auge zu. Dann Berlin. Die anderen kulturweit’ler sind schnell gefunden und haben beruhigenderweise meist genau so wenig Ahnung von der ganzen Sache wie ich (was sich die nächsten zehn Tage bis auf wenige Ausnahmen immer wieder bestätigt). Und trotz meiner Prognose, irgendwann auf dem Vorbereitungsseminar in der ehemaligen Pionierrepublik am Werbellinsee von der Erkenntnis, nach Ungarn zu gehen für ein Jahr (etwas, das auch in diesem Moment noch immer surreal klingt für mich) erschlagen zu werden, passiert es nicht. Ich treffe meine ersten Mitfreiwilligen, die nach Ungarn gehen (15 sind wir insgesamt über das ganze Land verteilt) und meine Mitbewohner, dann die überwältigende Homezone 18 mit unserer wunderbaren Trainerin, Anja. Was ist eine Homezone, fragt ihr euch?

…das ist eine Homezone!

Nun, da wir knapp 320 kulturweit-Freiwillige auf diesem Vorbereitungsseminar sind und das gelegentlich unübersichtlich werden kann, sind wir in Kleingruppen eingeteilt, mit in unserem Falle 12 Freiwilligen, die nach Ungarn, Tschechien, Montenegro, Albanien und die Slowakei gehen. Die nächsten 10 Tage fühlen sich einerseits wie Wochen an und vergehen andererseits im Flug. Wir knüpfen erste Freundschaften, schmieden Pläne, versuchen erste ungarische Wörter zu lernen und lachen gemeinsam, besonders über die in der Heimat immer wiederkehrende Frage: „Und warum gehst du jetzt nach Ungarn?“. Nach einer sehr anspruchsvollen und anstrengenden, aber auch sehr schönen Zeit voller Workshops, Diskussionen, Auseinandersetzungen zu Themen wie Rassismus oder Weißsein, morgendlichem (oder spontanem nächtlichen) Baden im Werbellinsee, Kartoffeln, Fluchen über die Kälte, umso größerer Freude über Sonnenstunden, Filmabende in unserer Homezone, ein paar Flaschen Weißwein und auch manchen geteilten Sorgen geht es schließlich weiter. Für manche nach Hause, für andere ins Gastland, für mich zu meiner Tante. Was uns zu Teil II dieser Erzählung bringt:

12. September, EN 477 nach Budapest. Ich, jetzt nicht mehr bloß mit einem riesigen Rucksack, sondern zusätzlich noch zwei kleinen Koffern bepackt (meine Überlegung dahinter: „Einen kleinen Koffer kann ich tragen, den sperrigen großen nicht.“ Naja. Ich habe es überlebt.), breche auf nach Ungarn. Auf nach Ungarn, das bedeutet 13 1/2 Stunden Liegewagen bis nach Budapest, dann auf dem mir unbekannten Bahnhof es schaffen, ein weiteres Ticket zu kaufen und das richtige Gleis zu finden, um weitere drei Stunden mit dem IC nach Nyìregyhàza zu fahren, wo ich von meiner Ansprechpartnerin abgeholt und nach Nagykàllò gefahren werde, meinem Zuhause für das nächste Jahr. In Ungarn erschlägt mich erst einmal die Hitze. Sonne und Wärme? Nach zwei Wochen, in denen ich der Überzeugung erlegen war, Deutschland hätte schon den Herbst oder gar Winter eingeführt, ist also die Realität wenigstens in Form des Wetters bei mir angekommen.

Auf die Ankunft folgen ein paar Tage, in denen ununterbrochen neue Eindrücke auf mich einströmen und kaum Zeit zum Durchatmen bleibt. Überall werden mir Leute vorgestellt, Orte in Nagykàllò oder auch Nyìregyhàza gezeigt, ich muss mich an meine neue Wohnsituation (alleine in einer von der Schule gestellten Dienstwohnung) gewöhnen und an den Fakt, dass es schwierig bis teuer ist, Bioprodukte zu finden. Nach den ersten Tagen, die auch noch von einem Schockerlebnis untermalt werden (Ich habe Clarissa vergessen! Keine sauberen Brillengläser für mich!)*, nehme ich mir also den Sonntag, um endlich mal durchzuatmen, Tagebuch zu schreiben (eines meiner Projekte hier, das bis jetzt mittelgut funktioniert), Tee zu trinken und Wäsche zu waschen, bevor es am Montag weiterging mit einer Woche voll neuen Gesichtern und Namen.

So, das soll es erst mal sein für diesen ersten Riesenpost, ich will euch schließlich nicht überfordern! Aber keine Sorge, in ein paar Stunden gibt es womöglich bereits ein Update, in dem ich spezifischer eingehen werde auf meine Schule, Nagykàllò und Nyìregyhàza sowie das letzte Wochenende (vielleicht mit Bildern. Aber versprechen will ich nichts.)

Bis ganz bald,

Karen

 

*Du wirst es schon geahnt haben, aber das Schockerlebnis war ein anderes. Mein Laptop hat die Reise nicht ganz heil überstanden, weswegen sich die Erstellung dieses Blogs auch so lange verzögert hat.

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5 Antworten zu Was bisher geschah…

  1. Rolf sagt:

    Toller Blog,
    Macht neugierig auf die Fortsetzung
    Ganz viel Spaß und genieße die neuen, ganz anderen Erfahrungen!

  2. Melanie sagt:

    Ich freue mich schon darauf, noch mehr von dir zu lesen. Genieße die Zeit in Ungarn.

  3. Gerd sagt:

    Schöner Einstieg.
    Du wirst das Land lieben.
    Ich war damals (in den 80’ern d.R.) auch immer wieder gerne in Budapest.
    Eine der schönsten Städte der Welt.

  4. Claudia sagt:

    Danke – du erlöst mich von der sinnlosen Suche nach Abwechslung im Internet ? endlich eine lesenswerte Lektüre (ich setze einfach mal voraus, dass es so sein wird). Geniesse die Zeit und „sauge“ das dir Unbekannte auf.

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