pueblos jóvenes

In früheren Blogeinträgen wurden sie schon ab uns zu erwähnt: die pueblos jovenes, die jungen Dörfer. Um an dieser Stelle Wikipedia zu zitieren: „Es handelt sich um zumindest in der Anfangsphase informelle Siedlungen, die aber schon eine teilweise oder vollständige Infrastruktur aufweisen, so etwa fließend Wasser und Strom. Die Pueblos Jovenes sind durch die großen Migrationswellen aus den umliegenden ländlichen Gebieten oder aus dem gesamten Land entstanden. Letzteres ist bei der peruanischen Hauptstadt Lima der Fall. Die Migration nahm durch die Aktivitäten verschiedener Terrorgruppen, vor allem Sendero Luminoso und MRTA, seit deren Beginn um 1980 stark zu.“ (ein Eintrag zu den Terrorgruppen im Kontext von Perus Geschichte folgt vielleicht in den nächsten Tagen).

Schon zu Beginn meiner Zeit in Peru wurde mir von den pueblos jovenes erzählt, allerdings meistens im Zuge von Erklärungen, welche Stadtviertel ich vermeiden sollte. Für mich war recht schnell klar: es gibt reiche und arme Stadtviertel, und es gibt die pueblos jovenes, in meinem damaligen Verständnis mit favelas zu vergleichen.

Im Nachhinein ziemlich ignorant.

Schon von mehreren Seiten wurden mir die Alternativen Stadtführungen empfohlen, die Alois Kennerknecht in den pueblos jovenes in Lima anbietet, und diesen Samstag habe ich mich schließlich mit Clara und Saskia auf den Weg gemacht, um Alois in Surco zu treffen und mit ihm in die benachbarten pueblos zu fahren.
Alois Kennerknecht kommt ursprünglich aus dem Allgäu, lebt jetzt aber schon seit 1987 in Perú und arbeitete zuerst in verschiedenen Regierungsinitiativen, bevor er begann, eigene Projekte auf die Beine zu stellen. Hier gibt es ein Interview mit ihm, das seine Arbeit genauer erklärt.
Zuerst war ich skeptisch, klingt das doch alles sehr nach Entwicklungshilfe, und der stehe ich schließlich sehr kritisch gegenüber. Umso mehr Alois aber erzählt hat, desto mehr wurde klar, dass seine Arbeit nichts mit konventioneller Entwicklungszusammenarbeit zu tun hat. Er wird geschätzt, um seine Meinung gebeten, und doch ist er manchen Leuten ein Dorn im Auge; er erzählt von einem Vortrag in Villa del Salvador (der Partnerstadt Tübigens!), bei dem er mehrmals gebeten wurde, zu gehen; da er bekannt dafür ist, Missstände anzuprangern, wurde befürchtet, er könnte die Geldgeber verärgern.

Ich scheitere jetzt schon am locker fünften Versuch, diesen Eintrag inhaltlich oder chronologisch zu strukturieren und den berühmten roten Faden zu finden, also gibt es jetzt einfach meine Eindrücke und Erfahrungen ohne Zusammenhang:

1) pueblo joven ist nicht gleich pueblo joven
Pueblos jovenes ist der Überbegriff für die Gebiete, die einst informelle Siedlungen waren, da dort aber 2/3 der Stadtbevölkerung leben, ist das Gebiet natürlich entsprechend groß und in viele weitere Stadtviertel unterteilt, deren Namen im Zentrum Limas kaum jemand kennt.

2) Die informellen Stadtviertel sind genauso vielseitig wie die Offiziellen
Das klingt, als wäre es offensichtlich, tatsächlich war mir aber nicht bewusst, wie groß die Unterschiede innerhalb eines Viertels sein können, vor allem die Infrastruktur betreffend. Während sich die Hauptstraßen kaum von denen in Callao unterscheiden, gibt es oben an den Hängen einfache Holzhütten ohne Wasser und Strom. Doch der Großteil der Viertel hat Anschluss zu beidem, und ist auch sonst überhaupt nicht so verwahrlost, wie man erwarten könnte. Das bringt uns zu Punkt 3:

3) Die Menschen unterscheiden sich nicht zu denen auf der anderen Seite
Nochmal sehr offensichtlich. Konkret: Themen wie Mode, Internettrends oder Promi-News sind genauso relevant wie überall sonst; man geht zur Arbeit, zum Sport, in die Schule oder auf die Uni; es gibt Shoppingcenter, Restaurants und Friseure.

4) Die Panamericanas fanden in einigen der Viertel statt
Da im Zentrum Limas ja nicht einfach Häuser abgerissen werden konnten, um Platz für die Sportanlagen der Panamericanas zu machen, die 2019 in Lima stattfanden, wich man in die umliegenden Gebiete aus, und verwandelte einfache Fußballfelder in z.B. Villa Amarilla del Triunfo in moderne und beeindruckend große Anlagen, die jetzt ein bisschen fehlplatziert mitten in den Vierteln stehen. Alois hat uns zusätzlich darauf hingewiesen, dass die Zufahrtswege zu den Anlagen ordentlich aufgehübscht wurden: die Straßen wurden ausgebessert, und es wurden Farbeimer an die Anwohner verschenkt, damit zumindest der erste Eindruck die Realität versteckt.

5) Die Nebelfänger kann man wohl eher als Geldfänger bezeichnen
Falls ihr euch die Doku zur Mauer angesehen habt, wisst ihr schon, um was es geht: die sogenannten „Nebelfänger“ sehen im ersten Moment aus wie einfache Tücher, die auf den Bergrücken gespannt sind, um den Nebel abzufangen, der für Lima tatsächlich ein Problem darstellt – und das kann theoretisch sogar funktionieren! In der Praxis hat der „Erfinder“ Abel Cruz die recht stattliche Fördersumme allerdings hauptsächlich selbst eingesteckt, und die paar Nebelfänger, die auf den Bergen zu finden sind, funktionieren nur im Ausnahmefall.

6) Einfacher bedeutet nicht schlechter
Mit einfach beziehe ich mich auf die Krankenhäuser in den pueblos: oft an den großen Verbindungsstraßen gelegen, bestehen sie meistens aus einem langgezogenen überdachten Hauptgang, an dem links und rechts Container angeschlossen sind, in denen sich dann Behandlungszimmer, Materiallager usw. befinden. Klingt im ersten Moment nach einer recht provisorischen Lösung, vor allem, wenn man ein klassisches deutsches Krankenhaus als Vergleich heranzieht, aber tatsächlich spricht überhaupt nichts gegen diese Krankenhäuser: durch das Containersystem sind die verschiedenen Abteilungen beliebig erweiterbar, die Materialkosten halten sich deutlich in Grenzen, und beim Klima Limas sind durchgängige Wände schlichtweg nicht notwendig. Nach dem Besuch dort hat sich einiges in meinem Verständnis geändert!

7) Die beste Straße Limas liegt weit entfernt von Miraflores oder La Molina
… und zwar in Virgen de Lourdes! Eine Zementfabrik, die dort ihren Sitz hat, hat sie gebaut, und direkt unter ihr verlaufen riesige Förderbänder – ganz schön beeindruckend.

8) Immobilien sind genauso wichtig wie im Rest Perus
Wohnraum ist in Peru sehr wichtig, und wer sein Geld sinnvoll anlegen möchte, investiert in eine Wohnung an der Küste; das ist hier der allgemeine Konsens. Oft ist sogar von einer richtigen Immobilienmafia die Rede, und Spekulation mit Wohnraum ist keine Seltenheit. Dabei ist Landbesetzung eine häufige Strategie: Mit dem Ziel, mehr Fläche wirtschaftlich nutzbar zu machen, wurden in den 70er-Jahren einige konfuse Gesetze verabschiedet, die brachliegendes Land der Person zusprechen, die es bewirtschaftet oder besiedelt. Das führt heute dazu, dass Immobilienmogule Menschen in den pueblos jovenes dafür bezahlen, dass sie mehrere Flecken Land besetzen, um den Menschen das Land dann billig abzukaufen. So haben viele Leute mehrere Häuser, und werden von den Menschen auf der anderen Seite der Mauer dafür verteufelt.

9) Der schnelle Wachstum der pueblos beruht nicht auf Landflucht
In vielen Reiseführern und Büchern wurde immer wieder erwähnt: Wegen der anhaltenden Landflucht wachsen die pueblos jovenes weiter und weiter. Tatsächlich ist das aber eher auf das zentralisierte Bildungssystem zurückzuführen: Da es lange Zeit nur Universitäten in Lima und Trujillo gab, zogen oft ganze Familien in die Städte, um ihren Kindern Bildung zu ermöglichen. So viel zu den „verarmten Indigenen, die ihr Glück in den Städten suchen“ – dieses Bild ist stark vereinfacht, aber leider trotzdem häufig benutzt.

10) Korruption ist allgegenwärtig
Während wir durch die Straßen fahren, erzählt Alois immer wieder von Projekten, die an der Korruption scheitern, und wie es den Leuten langsam den Mut nimmt, neues auf die Beine zu stellen. Nur ein Beispiel: eine Schule in San Juan de Miraflores, seit Jahren von einer Stiftung aus Deutschland gefördert; angekommen von dem Geld ist fast nichts, stattdessen landet es in den Taschen des Direktors. Doch der Organisator will davon nichts wissen, hat sein Projekt in Deutschland doch so einen guten Ruf.

11) Die Wahlpflicht sorgt für ziemlich viele Probleme
Wahlbetrug auf recht subtile Weise: wenn in den pueblos vor den Wahlen auf einmal Land verschenkt wird oder Care-Pakete verteilt werden, kann es schnell passieren, dass sich so einige Menschen für einen Kandidaten entscheiden, den sie sonst nicht unterstützt hätten – irgendjemand müssen sie ja wählen.

12) Hohe Kriminalitätsrate ≠ man wird sofort überfallen
Unser Taxifahrer war recht skeptisch, als Alois verkündete, wo er gerne hinmöchte – er war auch noch nie in den pueblos gewesen, und ließ sich erstmal versichern, dass er und sein Auto wieder heil in Lima ankommen würden. Die Kriminalitätsrate ist tatsächlich deutlich höher als in den „normalen“ Stadtteilen Limas, und vor allem Jugendbanden sind weit verbreitet. Und doch leben dort normale Menschen, und wir konnten uns auch als gringas problemlos bewegen.

Ich weiß nicht ganz, was ich erwartet habe; wahrscheinlich Wellblechhütten, Kinder in dreckigen Klamotten, die auf der Straße spielen, Müll und Straßenhunde – das klassische Bild eines Armenviertels, von Mitleid manipuliert. Stattdessen war ich auf dem größten Friedhof Südamerikas, habe eine tolle Künstlerin kennengelernt, die in wenigen Sekunden ein Alpaka aus Stoff zauberte,war in einem Krankenhaus mit unglaublich moderner Ausstattung und einer Schule, die so auch in La Molina stehen könnte.
Die Probleme in den pueblos sind viel komplexer, als man im ersten Moment denkt, und die Stadttour mit Alois hat mir auf jeden Fall unglaublich geholfen, mein eindimensionales Bild der Viertel zu revidieren und zu erweitern. Das würde wahrscheinlich auch den Verantwortlichen in der Stadtverwaltung mal ganz gut tun – im Moment werden die pueblos meiner Meinung nach nämlich nicht als vollwertige Stadtviertel angesehen, denn obwohl Infrastruktur wie Wasser und Strom bereitgestellt wird, hat man doch irgendwie keine Lust, sich wirklich mit den Problemen dort zu beschäftigen. Auch die meisten Limeños, mit denen ich gesprochen habe, haben ein sehr stereotypisiertes Bild vor Augen: Armut, Kriminalität und vor allem die illegale Landbesetzung stehen dabei im Vordergrund. Und es ist nunmal so viel einfacher, eine Mauer zu bauen, als wirklich Verantwortung zu übernehmen.

Fotos hier

 

Proteste/Weihnachtsstimmung

„Hast du schon was von den Protesten mitbekommen?“ – von welchen denn genau? war mein erster Gedanke, als ich das am Montagabend von Saskia gefragt wurde, schließlich gibt es in Südamerika ja gerade genug davon. In Ecuador hat sich die Lage zwar wieder beruhigt, aber in Chile, Bolivien und auch Kolumbien geht es hoch her. Bisher war ich nur begrenzt davon betroffen – statt zum Zwischenseminar nach Santiago ging es eben nach Cordoba in Argentinien, und dass eine der Freiwilligen in Bolivien nach ihrem Seminar nicht mehr einreisen konnte, habe ich auch erst heute erfahren.

In Peru war es bisher sehr ruhig. Bis zum Montagabend: Saskia hatte nämlich eher als ich mitbekommen, das im Zentrum Limas, genauer gesagt am Plaza San Martin, protestiert wurde, mit ersten kleinen Zusammenstößen mit der Polizei. Nichts ernstes. Noch nicht?
Auslöser war die Freilassung des ehemaligen Präsidenten Keiko Fujimoris, der wegen Korruption festgenommen wurde. Wer sich an meinen Blogeintrag zur politischen Lage in Peru erinnert, dem sind die politischen Anhänger Fujimoris, die Fujimoristas, schon ein Begriff, und zwar als die Mehrheit in peruanischen Kongress, die dem jetzigen Präsidenten nicht gerade wohlgesonnen sind. Er steht für den Kampf gegen die Korruption, und hat dabei viele Anhänger, was die Proteste gegen die Freilassung des korrupten Fujimoris zeigen.

Heute (Donnerstag) ist wieder alles ruhig, die Proteste waren also ziemlich kurzweilig, das Thema ist wieder unter den Tisch gefallen. Stattdessen ist Weihnachten in aller Munde: jeden Morgen, wenn ich in die Lobby komme, ist ein neues bisschen Weihnachtsdeko dazugekommen; auf eine Plastiktanne folgte eine Girlande über den Aufzügen, dann über dem Eingang, hinter dem Portier, über dem anderen Ausgang;  heute musste das Sofa einer Weihnachtsmann-Figur weichen. Viel Platz ist nicht mehr, vielleicht kommen nichtsdestotrotz noch ein paar Rentiere oder Kunstschnee dazu?

Auch im Supermarkt und auf der Straße dreht sich fast alles um Weihnachten – ich bin im Gegensatz dazu gar nicht in Weihnachtsstimmung, dazu fühlt sich alles viel zu sehr nach Sommer an. Trotzdem beneide ich euch um Lebkuchen, Glühwein und vor allem Weihnachtsmärkte!

Córdoba

Wie schon erwähnt fand unser Zwischenseminar in Villa General Belgrano statt, dass bei Córdoba in Argentinien liegt.  Da die Seminare verpflichtend zum Freiwilligendienst gehören, konnte ich diesen Flug nicht vermeiden; und so haben wir die Chance genutzt und sind etwas früher an- bzw. später abgereist, um Córdoba kennenzulernen.

Freitagnacht ging es also mit Nadim und Antonia zum Flughafen, wo wir Leonie und Ida getroffen haben; einige Stunden Warten (und eine nervige Umfrage zum Thema Tourismus in Peru) später saßen wir im Flieger nach Córdoba. Die Reise hätte unbequemer kaum sein können (eingequetscht zwischen zwei großen Männern), und da wir über Nacht geflogen sind, war ich wie die anderen Freiwilligen richtig fit, als wir morgens in Córdoba ankamen.

Dort wurden wir auf einmal mit einem Problem konfrontiert, das wohl keiner von uns kommen sah: Geld! Geld ist in Argentinien nämlich tatsächlich eine recht komplizierte Sache. Wie in ganz Südamerika wird viel bar bezahlt, mit unseren Kreditkarten konnten wir allerdings an keinem Bankautomaten Geld abheben. Zahlen mit Kreditkarte ist eher schwierig, da viele Geschäfte nur Debitkarten annehmen, und dass Argentinien gerade mit einer Hyperinflation zu kämpfen hat, macht die Sache nunmal auch nicht einfacher (1€ entspricht im Moment 65 – 70 Argentinischen Pesos; es kam zu skurrilen Szenen, als Clara und Saskia, die durch viel Glück Geld abheben konnten, mit 1000-Pesos-Stapeln auf dem Tisch sortierten). Im Endeffekt haben wir mit ein bisschen suchen aber doch immer Supermärkte und Cafes gefunden, bei denen mit Kreditkarte bezahlt werden konnte, nervig war es trotzdem.

Für das Wochenende vor – und nach dem Zwischenseminar haben Antonia und ich uns ein sehr süßes kleines AirBnB gemietet, das recht zentral lag und von dem aus man einen tollen Blick auf die Stadt hatte. Es war total ungewohnt, zu Fuß unterwegs sein zu können, nachdem die Strecken in Lima einfach gigantisch sind!

Wir haben das Wochenende vor-und nach dem Zwischenseminar in Córdoba verbracht, und hatten so drei ganze Tage, um die Stadt zu erkunden.

Im Stadtzentrum liegt die Plaza San Martin, an der wir an unserem ersten Tag vom Flughafen ankamen, und die zu Fuß zum Glück nur 25min von unserem AirBnB entfernt war. Neben einer imposanten Statue gibt es vor allem die Kathedrale und das Gebäude des Stadtrats zu bestaunen, außerdem lohnt sind ein Ausflug in die Seitengassen bzw. Fußgängerzone. In der ganzen Stadt riecht es immer wieder nach frischem Gebäck, und ich hatte den Eindruck, dass es auch an jeder Ecke eine Bäckerei gab, in der neben Medialunas (ein kleines halbmondförmiges Croissant mit Zuckerguss, für das Argentinien bekannt ist) jede Menge andere kleine Gebäckstücke verkauft wurden. Und Medialunas sind wirklich zu empfehlen – ich weiß wirklich nicht, wie viele Leonie (https://kulturweit.blog/leonieinperu/cordoba-suedamerika-mal-anders/) und ich in dieser einen Woche gegessen haben!

Ansonsten waren wir beim Museo Evita Palacio Ferreyra, dem Museum für Moderne Kunst in Córdoba, aber leider nicht drin – zahlen nur bar oder mit Debitkarte möglich. Zuerst war ich ziemlich enttäuscht, der tolle Garten voller Palmen hat es dann aber fast wettgemacht! Außerdem sehenswert ist der Paseo del buen pastor und die Inglesia del Sagrado Corazon (Kirche des heiligen Herzens), die mit ihren bunten Ziegeln wirklich auffällt.

Doch was das absolute Highlight Córdobas war, sind wir uns alle einig: Das Künstlerviertel Güemes! Jeden Abend machten wir uns wieder auf, um Essen zu gehen, über den Kunstmarkt zu schlendern und einen Cocktail zu trinken. Die „Hauptstraße“ war gesäumt von kleinen Läden voller Deko, Schmuck, Souvenirs und Krimskrams, und gerade im Dunkeln hatte das ganze Viertel einen besonderen Flair. Auf dem Markt konnte man wirklich alles finden, und dank der entspannten Atmosphäre kam man total schnell mit den Verkäufern ins Gespräch! Abgerundet wurden die Abende meist mit einem Cocktail, gerne auch in einer Rooftop-Bar. Natürlich mussten wir auch Fernet probieren, einen starken Kräuterschnaps, der als Spezialität Córdobas bekannt ist und mit Cola getrunken wird – ein bisschen wie Jägermeister, nur deutlich stärker!

Abschließend kann ich nur sagen, dass mir Córdoba unglaublich gut gefallen hat; die Stadt hat absolut Charme und ist meiner Meinung nach fast mit Städten am Mittelmeer zu vergleichen! Während der Zeit in Argentinien ist mir außerdem aufgefallen, wie grün alles war: Da in Lima nur wächst, was gegossen wird, hält sich die Vegetation in Grenzen; im vergleich zu Córdoba wirkt es fast, als hätte man eine dünne Schicht aus Staub und Sand über die Stadt gelegt (und das ist nicht mal so weit hergeholt). Was außerdem auffiel, war die ganz andere Zusammensetzung der Gesellschaft: meinem Eindruck nach sah in Córdoba eine deutliche Mehrheit der Menschen, die mir begegnet sind, europäisch aus; während ich als gringa (Weiße) auch in der Hauptstadt Lima auffalle, sobald ich mich nicht in den Touristenvierteln am Meer bewege.

Fotos – schaut rein, es lohnt sich!

Das Zwischenseminar

Wer in der letzten Zeit per WhatsApp und Co. mit mir in Kontakt stand, hat es sicherlich schon mitbekommen: Das Chaos rund um unser Zwischenseminar.

Die Idee ist simpel: nach ca. zwei Monaten in der Einsatzstelle treffen sich die Freiwilligen für 5 Tage mit ihrer Homezone (ihr erinnert euch, die Kleingruppen vom Vorbereitungsseminar) und haben die Möglichkeit, sich wiederzusehen, über die erste Zeit auszutauschen, Probleme anzusprechen und Projekte zu planen. So weit, so gut; in der Praxis hat das bei uns nicht ganz so reibungslos funktioniert. Ursprünglich war ein Seminar mit allen Freiwilligen aus Peru und Chile in Santiago geplant, was für mich bedeutete, dass ich meine Homezone mit Freiwilligen aus Kolumbien und Ecuador nicht wiedersehen würde. Wegen der Proteste in Chile stand dann erstmal eine ganze Weile in Frage, ob es überhaupt ein Seminar geben würde; im Endeffekt wurden wir Freiwilligen aus Peru zum Zwischenseminar nach Argentinien eingeladen, die „Chilenen“ bekamen ein Webinar.

Also ging es für uns recht spontan zu Villa General Belgrano, einer deutschen Enklave in der argentinischen Provinz Córdoba, ca. 1,5 Stunden von Córdoba selbst entfernt. Bei einer Stadtführung konnten wir die bewegte Geschichte des Ortes kennenlernen, der meiner Meinung nach Symbolcharakter für Argentinien hat: nach Vertreibung der indigenen Völker durch die Spanier wurde das Land billig an deutsche Siedler verkauft, profitiert haben mal wieder die Europäer. Als dann während des Zweiten Weltkriegs ein Teil der Besatzung des deutschen Kriegsschiffes Admiral Graf Spee angesiedelt wurden, bekam der Ort seinen „deutschen“ Charakter. Im Zentrum sind Schilder mit „Biergarten“, bayrische Flaggen und Häuser zu finden, die auch so in Tirol stehen könnten. Außerdem gibt es jährlich die Fiesta de la Cerveza (Fest des Bieres, vergleichbar mit dem Oktoberfest), zu dem unglaubliche Menschenmassen die Stadt überfluten.

Während des Seminars waren wir gemeinsam mit 16 Freiwilligen aus Argentinien in El Mirador untergebracht, einem sehr süßen Hostel, dessen Betreiber Oscar und Kiri (?) wirklich unglaublich lieb waren. Inhaltlich ging es  sehr viel um unsere bisherigen Erfahrungen, um unsere Privilegien als Freiwillige und (anknüpfend an die Stadtführung) um Kolonialismus und postkoloniale Strukturen heute – dafür sind die Besitzverhältnisse in Argentinien das beste Beispiel.

Für mich am eindrucksvollsten war der Besuch in La Perla, einem ehemaligen  Konzentrationslager, in dem politische Gegner der Militärdiktatur gefangen gehalten und gefoltert wurden ( http://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/223408/militaerdiktatur-in-argentinien). Noch heute suchen die madres/abuelas del plaza de mayohttp://www.bpb.de/internationales/amerika/lateinamerika/44628/menschenrechtsbewegung ) nach ihren Angehörigen und zum Teil nach ihren eigenen Kindern, die zu dieser Zeit verschwunden sind. Zum Thema der Diktatur und ihrer Folgen reicht kein Blogeintrag, dazu kann ich euch nur Eigenrecherche ans Herz legen. Mich hat der Ort vor allem als lebendige Erinnerungsstätte beeindruckt: da ein Großteil der Opfer kein richtiges Grab besitzt, wird mit Fotos an die Menschen erinnert; daneben sind oft handschriftliche Schriftzüge wie Nunca más, Siempre resistir oder memoria, verdad, JUSTICIA oder Blumen.

Sehr bewegt hat mich außerdem der Film Tierra Adentro, den wir an einem Abend sehen konnten und der die systematische Vertreibung der Mapuche aus ihrem Gebiet im heutigen Chile und Argentinien durch europäische Siedler zeigt. Durch die campaña desierto sollte das angeblich ungenutzte Land „zivilisiert“ werden – mit schrecklichen Folgen für die Mapuche, die den Eroberern allerdings starken Widerstand leisteten (es wurde 5 Jahre land gekämpft, bis 20 km Land erobert waren). Der Film weißt außerdem darauf hin, wie tief die Ungerechtigkeit bis heute im Land verankert ist – in den Besitzverhältnissen und der Vermögenserteilung, aber auch darin, dass noch immer viele offizielle Gebäude nach den mordenden Generälen benannt sind. Hier der Trailer, leider nur auf Spanisch: https://www.youtube.com/watch?v=TKmzLHBCO6A

Was lässt sich zusammenfassend zum Zwischenseminar sagen? Ich habe es sehr genossen, eine Woche außerhalb der Großstadt zu verbringen, und mich vor allem über den Regen gefreut, den es so in Lima nicht gibt. Es war schön, so viel Zeit mit den anderen Peruanern und auch den Freiwilligen aus Argentinien zu verbringen, und jeden Tag medialunas mit dulce de leche zu essen. Auch wenn die Chemie zwischen Gruppe und Trainerinnen nicht ganz gepasst hat, gab es jede Menge Imput, wenn auch zu Argentinien und nicht zu Peru; das ist allerdings der spontanen Planung zuzuschreiben. Alles in allem eine tolle Woche!

Hier gibt’s Bilder – die Credits für die Bilder aus La Perla gehen an Henrik, ich hatte nämlich mein Handy vergessen. Danke nochmal :)

Die Mauer der Schande

„Facettenreich beschreibt die Hauptstadt Perus wohl am besten. Laut, voll und groß – Lima ist zum Verlieben oder zum Weglaufen.“ Als ich mal wieder auf verschiedensten Reiseblogs zum Thema Peru unterwegs war, bin ich auf dieses Zitat gestoßen – besser lässt sich mein Verhältnis zu Lima nicht beschreiben.

Schon häufig gab es Momente, in denen ich den Lärm, den ständigen Stau und die weiten Strecken verflucht habe. Es wird ständig gehupt; Taxifahrer signalisieren so, dass sie frei nach Kunden suchen, es wird vor Überholmanövern gewarnt, fast die gesamte Vorfahrtsregelung beruht darauf, wer zuerst auf sich aufmerksam gemacht hat. Dazu kommen die knatternden Motorräder, die mich vor allem abends in den Wahnsinn treiben; die Micros, deren Fahrkartenverkäufer an jeder Haltestelle ihre Strecke ausrufen, und der allgemeine Lärm vieler Autos. Mit Stau muss man untertags eigentlich immer rechnen, vor allem in den Stoßzeiten morgens und abends kommt man kaum voran. Ein Versuch der Stadt, die Situation in den Griff zu kriegen, war die Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs, da dieses Projekt aber eher schleppend vorangeht, wurde zu außergewöhnlichen Mitteln gegriffen: für die großen Verbindungsstraßen quer durch Lima gibt es eine Regelung, die nur bestimmte Autos an bestimmten Tagen zulässt. Aufgeteilt wird nach geradem oder ungeradem Nummernschild, die einen dürfen am Montag und Mittwoch, die anderen am Dienstag und Donnerstag auf die Straßen. Freitag und das Wochenende bleiben von der Regelung unberührt – wie sinnvoll das alles ist, kann ich nicht wirklich sagen, auf jeden Fall trägt diese Aufteilung dazu bei, dass man noch schlechter einschätzen kann, wie lange man von A nach B braucht, da man nie weiß, welches Nummernschild der Taxifahrer hat.

In früheren Beiträgen habe ich schon erwähnt, wie groß die sozialen Unterschiede in Lima sind; wie in ganz Südamerika gibt es eine kleine, sehr reiche Oberschicht, und große Armut vor allem unter den indigenen Völkern. Als Antonia, Saskia, Clara und ich uns letztes Wochenende getroffen haben, um abends essen zu gehen, hat mich Clara auf eine sehr gute Dokumentation von arte aufmerksam gemacht: Die Mauer der Schande von Michael Unger ( https://www.arte.tv/de/videos/078636-000-A/peru-die-mauer-der-schande/). „Über der peruanischen Hauptstadt thront eine Betonmauer – 10 km lang und 3 m hoch. Gespickt mit Stacheldraht trennt sie Las Casuarinas und La Molina, zwei der reichsten Viertel der Stadt, von Pamplona Alta, einer der ärmsten Gemeinden Limas. Errichtet ab 1986 ist sie heute die längste Mauer der Welt innerhalb eines Stadtgebietes. Sie ist ein Symbol für die soziale und wirtschaftliche Kluft zwischen Reich und Arm.“

Auch wenn mir bewusst war, dass viele Menschen in Lima in den pueblos jóvenes, den jungen Dörfern, am Rande der Stadt leben, ist es doch erschreckend zu sehen, wie weit die Lebensbedingungen der Menschen auseinanderklaffen. Schon Jesus Maria, das Viertel, in dem ich wohne, ist nicht mit Miraflores zu vergleichen; La Molina und Las Casuarinas sind allerdings nochmal ganz andere Hausnummern. Die Viertel in Norden der Stadt sind im Gegensatz dazu eher arm, bei dem Besuch der PASCH-Schule in Callao habe ich mich gefühlt, als wäre ich in eine andere Stadt versetzt worden. Doch die Armenvierteln am Stadtrand? Nicht zu vergleichen.

Am schlimmsten finde ich, wie man auf der wohlhabenden Seite der Mauer absolut nichts von der andern Seite mitbekommt: als wir am 03. Oktober zum Empfang der deutschen Botschaft in Surco eingeladen wurden, waren wir nicht weit von der Mauer entfernt – von der ich nach knapp 2 Wochen in Lima noch nichts wusste, und die keiner von uns bemerkt hat, geschweige denn die Menschen, die auf der anderen Seite leben.

Paracas

Am 01.11. war mal wieder ein Feiertag in Peru, und wer meinen Blog einigermaßen regelmäßig verfolgt, weiß, was ein verlängertes Wochenende bedeutet: raus aus Lima! Dieses Mal ging es nach Paracas, eine kleine Küstenstadt ca. 3,5 h südlich von Lima.

Schon am Montag kam Kira, die ihren Freiwilligendienst in Cuenca, Ecuador, verbringt, nach Lima, und am Donnerstag ging es dann mit Cruz del Sur weiter gen Süden. Mal wieder hieß es früh aufstehen, und am späten Vormittag waren wir schließlich in Paracas – ziemlich unvorbereitet, also haben wir uns zuerst auf die Suche nach einem Hostel gemacht.

Paracas ist im Vergleich zu Lima wirklich winzig, ich habe die Ruhe und aber als unglaublich angenehm empfunden. Das Zentrum ist die Promenade am Meer, an der man neben Pelikanen und Restaurants auch einen Souvenir- und Handwerksmarkt findet. Hier konnte man neben vorproduzierte Kühlschrankmagneten und Postkarten auch handgemachten Schmuck und lauter Kleinigkeiten finden, und wir hatten jede Menge Spaß, an den Ständen zu stöbern :)

Freitagmorgen ging es dann mit einer Bootstour zu den Islas Ballestas, die vor der Küste im Pazifik liegen und wegen der verschiedensten Tierarten, die dort leben, unter Naturschutz stehen. Aus diesem Grund gibt es auch nur vormittags Touren, damit die Tiere zumindest nachmittags von Touristen verschont werden, meiner Meinung nach eine sehr sinnvolle Regelung.
Wegen des Nationalen Feiertags waren zusätzlich zu den üblichen Besuchermassen auch noch jede Menge Peruaner über das Wochenende an die Küste gekommen, wir hatten aber zum Glück eine tolle Agentur erwischt, die uns auch sehr spontan noch eine Tour anbieten konnte. Schon die Fahrt aus dem Hafen aufs Meer war großartig – was gibt es auch schöneres, als den Fahrtwind zu spüren und ab und zu ein bisschen Salzwasser ins Gesicht zu kriegen :) Da wir ganz hinten saßen, hatten wir außerdem einen tollen Blick auf den Hafen und die bunten Boote, die vor Anker lagen.
Auf dem Weg konnten wir außerdem den Candelabro de Paracas (Kerzenleuchter von Paracas) sehen, eine 120 m hohe Felszeichnung, die den Nazca-Linien ähnelt, aber bedeutend jünger ist und wahrscheinlich Seefahrern zur Orientierung diente. Für mich sieht der Kerzenleuchter allerdings eher aus wie ein Kaktus – aber seht selbst.
Die Inseln selbst waren wirklich beeindruckend: kristallklares Wasser, Humboldt-Pinguine, Robben und verschiedenste Seevögel. Neben Kira und mir saß außerdem eine supersüße Kolumbianerin, die mich jedes Mal angestupst hat, wenn sie eine Robbe gesehen hat, damit ich auch ja keine verpasse :D

Am Nachmittag haben wir dann Saskia und Clara getroffen, die am Donnerstag noch arbeiten mussten und drum am Freitag nachkamen. Wir haben zusammen Mittag gegessen und uns dann auf den Weg zu unserer Tour in den Nationalpark gemacht. Dabei sind wir mit sogenannten Buggies durch die Salzwüste gefahren, und das war echt ein tolles Erlebnis! Der erste Zwischenstopp war an einem sehr schönen Strand, an dem uns die Besonderheit des Gebiets erklärt wurde – durch die Plattentektonik hat sich das Wasser vom heutigen Gebirge zurückgezogen, das Salz ist aber zurückgeblieben. Am playa roja, dem roten Strand, haben wir dann den Sonnenuntergang gesehen, und schon ging es zurück nach Paracas.

Am Samstag kam dann mein persönliches Highlight an die Reihe – die Oase Huacachina bei Ica, ca. eine Stunde im Landesinneren gelegen. Die Oase wird von einem unterirdischen Fluss aus den Anden gespeist, und ist bei Touristen sehr beliebt, der Ansturm war entsprechend groß. Klassisch für einen Besuch ist eine Wüstentour mit Sandboarding, und auch wir haben uns dafür entschieden, es auszuprobieren, eine sehr gute Entscheidung. Mit einem Buggie ging es über die Dünen in die Wüste, die Fahrt hat unglaublich viel Spaß gemacht und sehr an eine Achterbahn erinnert :D
Unser Guide war super, und hat uns wirklich weit in die Wüste gebracht, sodass wir anstatt von Menschenmassen umgeben völlig alleine waren. Die Wüste selbst war für mich wirklich umwerfend – diese Weiten kann man sich einfach nicht vorstellen, und das Gefühl, komplett von Sand umgeben zu sein, lässt sich mit Bildern nicht vergleichen. In der Ferne konnten wir Ica erkennen, das an manchen Stellen schon in der Wüste liegt, und in dessen Stadtzentrum kleine Dünen liegen. Der nächste Programmpunkt war dann das Sandboarding – man rutscht mit Snowboardartigen Brettern die Dünen runter, und das macht wirklich total viel Spaß! Schließlich noch ein paar Fotos von der Oase und ein Eis zur Abkühlung, und wir haben Huacachina schon wieder verlassen.

Da Kira und ich schon am Samstagabend zurück nach Lima gefahren sind, mussten wir uns nach einem letzten Pizzaessen auch schon verabschieden – total schade, aber ich hatte ein großartiges Wochenende!
mehr Fotos

Alltag in Lima

Heute ist mir aufgefallen, dass ich lange keinen Blogeintrag mehr geschrieben habe – seit Trujillo sind zwei Wochen vergangen und da nichts superspannendes passiert ist, habe ich es schlicht und einfach vergessen. Hier also mal wieder ein Update aus meinem Leben in Lima :)

Normalerweise stehe ich gegen halb acht auf, um zu Frühstücken und mein Essen für die Mittagspause vorzubereiten – trotz aller guten Vorsätze mache ich das nämlich nur selten am Abend zuvor. Manchmal telefoniere ich währenddessen mit meiner Familie oder mit Felix, oft vergesse ich die Zeit und bin dann doch ein bisschen in Eile. Ab kurz nach neun bin ich dann im Büro, und um eins ist dann auch schon wieder Mittagspause, dann esse ich mit Antonia entweder im Goethe oder beim Veganer (praktischerweise ist sie nämlich auch Vegetarierin, und hat wie ich überhaupt nichts gegen veganes Essen, im Gegenteil – vor allem, wenn ein ganzes Menü nur 10 Soles kostet). Gegen fünf ist dann auch schon wieder Schluss, und ich mache mich auf den Weg nach Hause. Ziemlich unspektakulär, aber nach acht Stunden Arbeit kommt es auch mal vor, dass ich noch was esse, ein bisschen lese und auch schon schlafen gehe :)

Natürlich verbringe ich so nicht jeden Tag, das wäre auf Dauer wirklich ein bisschen langweilig. Dienstags und Donnerstags gehe ich zu einem Aquarellkurs ins MALI; es macht wirklich Spaß, auch wenn ich mehr vom Spanischen gefordert werde als vom Künstlerischen. Außerdem fand letzte Woche eine Projektpräsentation zum Thema Migration am Goethe statt, es wurden Kurzfilme vorgestellt, der Botschafter kam, es gab Snacks, also waren Antonia und ich natürlich sofort dabei. Am nächsten Tag wurde am IPNM, einer der Schulen in Lima, eine Talentshow der Fachschaft Deutsch veranstaltet, zu der Sandra und ich netterweise eingeladen wurden. Zu diesem Anlass hat auch Sandras Tanzkurs seine Ergebnisse präsentiert, und es war ein total schöner Nachmittag!

Zur Zeit wird das Wetter hier deutlich besser, es ist so ziemlich jeden Tag sonnig, wenn auch manchmal nur für ein paar Stunden. Trotzdem eine deutliche Verbesserung zum Dauernebel.

Das letzte Wochenende war ziemlich unspektakulär: waschen, einkaufen, telefonieren, Essen gehen in Barranco. Da Antonia 2017 einen Schüleraustausch nach Lima gemacht hat, haben wir uns am Samstag mit Fabianna, ihrer Gastschwester, und deren besten Freundin getroffen. Die Unterhaltung fand im Endeffekt hauptsächlich auf Englisch statt, da für uns Spanisch und für die Peruanerinnen Deutsch eher anstrengend ist, das war aber auch mal lustig :)

Gestern habe ich außerdem mein erstes Erdbeben erlebt – Lima liegt in einer seismisch sehr aktiven Zone, weswegen es sogar unterschiedliche Bezeichnungen für die harmlosen, kleinen Erdbeben, die häufig vorkommen, und die wirklich starken gibt. Das Erdbeben gestern war definitiv eins der kleinen – die Fensterscheiben klirren, der Boden wackelt, das wars schon wieder. Für mich trotzdem spannend.

In der nächsten Woche bin ich drei Tage alleine im Büro, da Sandra Urlaub hat – Oh Gott – und ab Montag ist Kira, die in Ecuador eingesetzt ist, bei uns in Lima zu Besuch! Vorfreudee! Am Donnerstag und Freitag muss ich nicht arbeiten (danke an die absurd vielen peruanischen Feiertage) und natürlich nutzen wir die Chance, um übers Wochenende wegzufahren – ihr könnt ja mal raten, wohin :D

Fotos

Apropos, falls jemandem an Sonntagnachmittagen langweilig sein sollte, meldet euch gerne – ich telefoniere nämlich total gerne mit Leuten von zuhause :)

Trujillo

Letztens wurde ich gefragt: „Musst du überhaupt arbeiten? Du bist ja die ganze Zeit nur unterwegs!“ (Hi Nico :D). Und tatsächlich ging es schon zwei Tage, nachdem ich aus Huaraz wiedergekommen war, schon wieder los in den Norden Perus: Die Deutschprüfungen in Trujillo standen an, und ich durfte die Prüfer als Assistenz begleiten.

Konkret bedeutet das für mich die Betreuung von schriftlichen A1, A2 und B1-Prüfungen. Anwesenheit kontrollieren, Regeln auf Deutsch und auf Spanisch erklären, Bögen austeilen, Fragen beantworten und immer die Zeit im Blick behalten – eigentlich ganz einfach, nur ist es schwierig, konzentriert zu bleiben, während die Schüler schreiben und man selbst nichts zu tun hat! Nach dem schriftlichen Teil folgt dann meistens die mündliche Prüfung, bei der es meine Aufgabe war, ein Auge auf die wartenden Schüler zu haben, die Gruppen pünktlich zum Prüfungsraum zu bringen und schließlich die Bewertungen auf Ergebnisbögen zu übertragen. Yay!

Während der Prüfungen haben wir in Huanchaco gewohnt, einem etwas kleineren Dorf, das ein paar Kilometer westlich von Trujillo direkt am Meer liegt und für seine große Beliebtheit bei Surfern bekannt ist. Tatsächlich war die Atmosphäre ziemlich international, trotzdem hat Huanchaco für mich im Vergleich zu Lima ziemlich ursprünglich gewirkt. Unser Hotel lag direkt am Meer, und der Ausblick war wirklich toll. Im Hotel haben übrigens auch eine Katze, ein Kaninchen und eine Schildkröte gewohnt, die dann ab und zu beim Frühstück vorbeikamen; das war wirklich süß.

Da Leonie, die in Trujillo an der Montessori-Schule arbeitet, auch in Huanchaco wohnt, haben wir uns oft nach der Arbeit verabredet. Es wurde für die wenigen paar Tage fast schon zur Tradition, sich abends zum Sonnenuntergang am Meer zu treffen (von dem dank der Wolken mal mehr, mal weniger zu sehen war) und danach zusammen essen zu gehen. Wir haben vegetarische Burger probiert, Leonie hat mir eine supersüße Pizzeria gezeigt, und einmal haben wir selbst Kaiserschmarrn gemacht, sogar mit Apfelmus :)
Da ich am Sonntag frei hatte, konnten wir einen ganzen Tag in Trujillo und der Altstadt verbringen – der Plaza de Armas war echt schön, und es gab ein Buchfestival, für das ich mich natürlich mal wieder total begeistern konnte!

An der bekanntesten Sehenswürdigkeit Trujillos bin ich allerdings nur vorbeigefahren: Chan Chan, die Überreste der Hauptstadt des Chimú-Reiches. Die Chimú-Kultur hatte sich im 13. und 14. Jahrhundert im Norden Perus etabliert und von Lima bis an die heutige Grenze von Ecuador ausgedehnt, bevor sie von den Inka in ihr Reich eingegliedert wurde. Das Gebiet, in dem sich die Hautstadt einst befand, ist riesig, und theoretisch offen zugänglich; es würde aber niemand wagen, auf den Sandmauern herumzuklettern. Da die Straße von Huanchaco nach Trujillo genau durch Chan Chan führt, hatte ich nicht wirklich das Bedürfnis, nochmal herzukommen – so spannend die Hintergründe auch sind, zu sehen gibt es wirklich nicht viel.
Beendet haben Sandra (meine Ansprechperson und Chefin, supernett und auch noch sehr jung) und ich die Tage in Trujillo mit einem Besuch in einem vegetarischen Cafe – besser hätte es kaum noch werden können :)

Bilder gibt’s hier

Huaraz

Ich kann es selbst kaum glauben, aber ich bin am Freitag tatsächlich um halb sieben aufgestanden, obwohl ich nicht arbeiten musste! Stattdessen hab ich für unseren Wochenendtrip gepackt, Essen vorbereitet und noch ein bisschen aufgeräumt (welch Motivation). Kurz darauf saßen wir auch schon im Bus nach Huaraz, und als wir acht Stunden später ankamen, war es auch schon wieder dunkel. Huaraz ist die Hauptstadt der Bergregion Ancash in den Anden, ca. 450 km nördlich von Lima. Die Stadt liegt auf 3100 Höhenmetern inmitten der Hochgebirgsregion Cordillera Blanca, in der sich auch Perus höchster Berg Huascarán (6768 m) befindet.

Im Vorfeld hatten wir alle ziemlichen Respekt vor der sogenannten Höhenkrankheit, denn obwohl wir uns mit der Busfahrt eigentlich langsam an die Höhe gewöhnt haben, sind 3100 m Höhenunterschied eben doch nicht zu unterschätzen. Die Höhenkrankheit wird durch eine Verengung der Blutgefäße und damit verminderter Sauerstoffaufnahme ausgelößt, und schränkt durch Kopfschmerzen, Übelkeit, Müdigkeit und Schwindel sehr ein. Auch wir wurden nicht ganz verschont, es hätte aber noch deutlich schlimmer sein können, und so haben wir echt Glück gehabt :)

Unser Hostel war total süß, und wurde als Familienbetrieb geführt – alle unglaublich lieb und hilfsbereit! Spätestens als uns die neunjährige Tochter am Samstag die Marmelade zum Frühstück gebracht hat, waren wir alle hin und weg. Danach ging es auch schon los zur ersten Tour zur Laguna Parón auf 4200 m – den Großteil der Höhenmeter haben wir aber im Bus überwunden. Allein die Fahrt durch das Gebirge war den Ausflug schon wert, und es war unglaublich interessant zu sehen, wie sehr sich die ländliche Bergregion von der Metropole Lima unterscheidet. Neben Häusern aus Ziegeln und Wellblech, vor denen Straßenhunde im Müll gewühlt haben, stehen ein Friseursalon und ein Fitnessstudio; der Plaza de Armas mit Blumenbeeten und Palmen steht im krassen Gegensatz zur kahlen Berglandschaft. Zum ersten Mal in Peru sehe ich die traditionelle Kleidung der Quechua (wobei Quechua auch nur ein Sammelbegriff für alle Ethnien ist, deren Muttersprache eine der Quechua-Sprachen ist). Ein Mädchen im Hannah-Montana-Tshirt treibt Schafe vor sich her, läuft an einem Fußballplatz entlang und zu Autowerkstatt, die zur Straße offen ist. Wir kommen an einer Schule vorbei, deren Wände zum Thema Umweltschutz bemalt wurden, an einer Kirche, und immer wieder an Baustellen. Umso weiter wir in die Berge fahren, desto mehr sehen wir kleine Höfe, die man bei uns wohl als Bergbauern bezeichnen würde, viele Häuser sind mit Sprüchen beschrieben, die auf die anstehende Bürgermeisterwahl Bezug nehmen.

Nach einer doch langen Busfahrt, deren letztes Stück über schmale Serpentinen schon spannend war (zum Glück wusste der Busfahrer, was er tut), kommen wir schließlich an der Laguna Parón an, und was soll ich sagen: schaut euch die Fotos an, denn man kann kaum glauben, wie knallblau die Lagune wirklich ist. Nach einer kurzen Wanderung kamen wir zum Mirador, dem Aussichtspunkt, von dem man einen absolut großartigen Blick auf die Lagune, den Gletscher und die umliegenden Berge hatte!

Am nächsten Tag ging es schon um 5:00 Uhr wieder in den Bus, dieses Mal zur Laguna 69, zu der man 7km wandert und dabei 800 Höhenmeter überwindet – das ist wirklich nicht wenig, wenn man bei 3800m anfängt. Zuerst geht es recht flach durch ein Tal, das mich unglaublich an die Highlands erinnert hat, nach ca. 2,5km wird es schließlich steiler, und der Weg schlängelt sich in engen Kurven den Berg hinauf. Nach ca. 2h wandern kommt man auf eine atemberaubende Hochebene, die auch schon eine kleine Lagune beheimatet, und kann sich auf einem flachen Stück kurz entspannen, bevor der berüchtigte letzte Kilometer kommt, der steil nach oben zur Lagune führt. An diesem Punkt hatten Leonie und ich einen Kein-Bock-mehr-Moment, und die Höhe hat einem allmählich wirklich zu schaffen gemacht. Es ist einfach nicht angenehm, nach 5 Metern schon wieder außer Puste zu sein, weil es sich anfühlt, als gäbe es einfach zu wenig Sauerstoff. Insgesamt war die Tour aber auch für mich als nicht wirklich begeisterten Wanderer gut zu machen, und die spektakulären Ausblicke haben genug Anlässe für Pausen gegeben!

An der Laguna 69 angekommen, haben wir wegen des Nebels leider eher wenig gesehen, und es war unglaublich kalt, sodass wir uns recht schnell auf den Rückweg gemacht haben. Als es dann gehagelt hat, hatten wir mit Sonne, Nebel, Regen und Schnee wirklich alles durch, was das Wetter so zu bieten hat, und waren nach insgesamt 6h in den Bergen auch ausgelastet. Zum Glück haben wir abends ein süßes kleines Restaurant namens Chilli heaven gefunden, wo wir uns sehr gut erholen konnten :)

Und Montag ging es auch schon zurück nach Lima – das Wochenende ist deutlich schneller vergangen als gedacht! Huaraz war toll, nicht nur wegen der spektakulären Touren, sondern auch wegen der ganzen neuen Eindrücke von Peru, die mir gezeigt haben, in was für einer Blase ich in Lima lebe.

Bilder!!!

Empfang der deutschen Botschaft

Zum 3. Oktober hat die deutsche Botschaft einen Empfang zu 30 Jahren Mauerfall organisiert, zu dem nicht nur die ganzen wichtigen Menschen eingeladen wurden, sondern skurrilerweise auch wir kulturweit-Freiwillige und Lehrer der deutschen Auslandsschulen.

Zu diesem Anlass sind extra Leonie aus Trujillo und Ida aus Arequipa gekommen, was Antonia und mir die Möglichkeit geboten hat, einen Tag mit ihnen in Miraflores und Barranco zu verbringen. Nach unseren großartigen Erfahrungen mit einem Cafe in Lacomar in der Woche zuvor haben wir entschieden, dass wir da gleich nochmal hin müssen, und zum Glück konnten Leonie und Ida unsere Begeisterung teilen :) Nach einem kurzen Besuch am Meer und einigen gefährlichen Straßenüberquerungen („ach kommt, das geht schon“) haben wir es dann auch nach Barranco geschafft, und haben den Flair und die Streetart genossen.

Im Vorfeld wussten wir alle überhaupt nicht, was uns an diesem Abend erwarten würde, und haben die recht lange Taxifahrt durch Lima mit einigen Spekulationen zum Essen verbracht. In Surco angekommen, waren wir erstmal ein bisschen überfordert, als wir die riesige Villa und festliche Dekoration gesehen haben. Am Eingang wurden wir gleich mal fotografiert und haben dem deutschen Botschafter und anderen Leuten die Hand geschüttelt – wer genau das alles war, bleibt wohl für immer ungeklärt. Ich war ziemlich erleichtert, als wir Clara und Saskia gefunden haben, die an einen Tisch etwas abseits standen, von dem wir die ganze Veranstaltung gut beobachten konnten. Nach einer einleitenden Rede kommen drei Zeitzeugen zu Wort, die Nationalhymnen beider Länder wurden gespielt. Die folgende Rede des deutschen Botschafters hätte auch ich besser auf Spanisch vorlesen können, und ganz allgemein war mir der Abend ein bisschen zu patriotisch. Im Endeffekt hatten wir aber einen echt tollen Abend – dabei waren nicht nur die Ginbar, sondern auch das Nachtischbuffet involviert!

Fotos

Zur Werkzeugleiste springen