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Ich möchte bleiben, Ich bleibe, Ich bin geblieben…Ich bin immer noch da!

Die Stadt der Träume

3 Monate…Vor 3 Monaten habe ich das letzte mal geschrieben. Vermutlich aus dem Grund das ich mich so selbstverständlich wie Zuhause fühle, dass ich es nicht mehr als Notwendig ersah zu schreiben oder zu Dokumentieren. Nun möchte ich Verkünden, ich habe meinen 6 Monatigen Freiwilligen-dienst auf 12 Monate verlängert. Ich hätte nach diesen 6 Monaten nicht zurück gehen können, nicht nach alldem was passiert ist, nicht nach alldem was ich erlebt habe und nicht nachdem alles erst richtig Angefangen hat. Ich hätte das nicht Ausgehalten! In den Ferien war ich für drei Wochen in Berlin, bei meiner Familie, nach dem rechten geschaut und das war heftig!  Es scheint als wäre in Berlin die Zeit stehen geblieben, als hätte sich nichts Verändert, alles ist beim alten…und doch hatte ich mich selbst Verändert, aber die Menschen um mich herum nicht (Versteht mich bitte nicht falsch, aber ich war plötzlich nicht mehr in der Lage mit Freunden oder Bekannten Unterhaltungen zu führen, nicht ohne komischer Hintergedanken, wie kleinlich doch das alles ist). Ich betrachtete Berlin eher als Tourist, teilnahmslos in irgend einer Weise…nein, das war leider nie meine Heimat. So traurig das auch klingen mag, Berlin kann mir persönlich nicht das bieten was mir immer gefehlt hatte. Ob ihr es glauben wollt oder nicht, aber als ich mit meiner Schwester aus Ungarn mit dem Bus über die Grenze fuhren nach Serbien, überkam mich plötzlich das Gefühl von Innerer Ruhe und Ausgeglichenheit. 6 Monate sind einfach zu wenig… Die ersten Monate findet man sich zurecht, knüpft erste Kontakte. Danach Vertieft man diese Kontakte, lernt mit seiner Aussenwelt zurechtzukommen. Und erst im Nachhinein selektiert man Freundschaften, schafft sich sein Umfeld, Reist herum und man fühlt sich wie ein Fisch im Wasser. Ein Jahr. Wir starteten zu 7. für Serbien, nun bin ich zurückgeblieben…eigenartiger Gedanke. Es ist nicht schlimm, aber anders.  Es gibt für mich noch so viel zu tun, so viel Arbeit die mir zugewiesen wurde und die ich noch mir selbst aufgetragen habe. Da sind zum Beispiel die 5 Filme die in Bearbeitung sind, zwei davon sind schon fast Fertig für das GI/PASCH. Hinzu kommen dann noch meine Fotoprojekte und privaten Fotoshootings die auch noch konzipiert werden müssen und, und, und…

Meine nächsten Artikel werden wieder Situationen der letzten 3 Monate beschreiben, die sich mir besonders ins Gedächtnis gebrannt haben und auch bestimmte Auswirkungen auf meine jetzige Situation haben 🙂

Ich Grüße alle ganz Herzlich und das Abenteuer geht weiter !

LG

Julia

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Meine allerliebste Baba Dessa

Vielleicht ist euch aufgefallen, ob im Gespräch, im Blog oder woanders, bei mir im Zusammenhang mit Serbien ständig der Name „Baba Dessa“ fällt. Nun, hier möchte ich sie euch nun vollständig vorstellen und Charakterisieren. Baba Dessa ist eine ältere Dame, mit stolzen 80 Jahren, dabei habe ich sie um 10 Jahre jünger geschätzt. Alles fing damit an, dass sie meine Vermieterin ist und über mir wohnt. Sie ist eine kleine, zierliche Frau mit einer riesen Lockenmähne, glaubt mir so ein Haar in ihrem alter habe ich noch bei keinem gesehen. Letztens beim Friseur hat sie ihre ganze Haarespracht aus ihrem Knoten gelöst. Die Friseurin machte sich eifrig daran dem Haar noch mehr Volumen zu geben in dem sie die Haare gegen den Strich aufbürstete. Dessa sah aus als hätte sich ein riesiges flauschiges Schaf bei ihr auf dem Kopf bequem gemacht, so unglaublich flauschig und Rund, ich muss davon unbedingt noch ein Foto machen. Ebenfalls muss ich erwähnen dass sie so ein Typ Frau ist wie man das aus klischeehaften italienischen Erzählungen kennt. Morgens und abends läuft sie in quietsch blauen Puschen und einem Pinken Bademantel durchs Haus und etlichen Lockenwicklern im Haar. Nachts zieht sie sich eine Tüte über die Frisur um sie nicht zu verknoten, hat mir zumindest ihre Enkeltochter erzählt. Sie ist seit 10 Jahren Witwe, was sie aber nicht davon abhält mir jeden Tag von ihrem Mann (der Mathematiker war) zu erzählen. Ich könnte jeden Tag bei ihr Klopfen und sie würde mich zum Kaffee einladen, was auch regelmäßig passiert. Wenn man bei Dessa zu Besuch ist wird man auf Serbisch mit Erzählungen über ihre Familie, Freunde und Wetter Überheuft, egal ob du serbisch sprichst oder nicht, dadurch fühlt man sich sofort pudel wohl. Dessa ist eine sehr energische und quirlige Dame, die ständig etwas tun muss, trinkt man Kaffee, muss unbedingt noch dies und das auf den Tisch. Doch wenn es mal ernst wird kann Dessa auch ganz anders, ich erinnere mich als wir zur Polizei mussten wegen der Visums Beantragung. Sie zog sich in einen diskreten Anzug um, schminkte sich dezent (Lippenstift ist in Serbien übrigens sehr wichtig) und türmte ihre Harre zu einem festen Knoten auf. Dann war sie fertig. Später erzählte sie mir dass sie ehemalige Sekretärin beim Militär war, vielleicht erklärt dass ihre Laute und lieblich, aufdringliche Art beim Sprechen. Ein klein wenig erinnert sie mich an eine Mischung an italienischer Dominanz, einer Prise Griechischer Lautstärke und einem Esslöffel Russischer Verrücktheit und Herzlichkeit. Ich muss gestehen, dass ich kaum richtige Sommerkleidung mitgebracht hatte, die ganze 30Grad aushalten würden. Weshalb ich mich eines schönen Tages auf den Weg machte einzukaufen. Diesmal allein. Ich geriet in den H & M, obwohl ich kein großer Liebhaber dieser Kette bin. Und fand nach 2 Stunden, anstrengendem Suchen zwei schicke Jumpsuit die mir, oh Wunder, wie angegossen passten, was bei meiner Körpergröße häufig ein großes Problem darstellt. Denn aus irgendeinem Grund sind sich anscheinend alle Modedesigner einig, dass je größer die Person ist, desto dicker oder dünner ist sie (eine „normalheit/durchschnitt“ gibt es nicht). Naja, einer war mir dann doch im Brustraum/Rippen zu weit, aber ich nahm in trotzdem mit, in der Hoffnung das mir schon was einfallen würde. Ich bezahlte eine stolze Summe, was mich ziemlich verunsicherte.

Ich kam nach Hause und stakste Schnurstraks zu Baba Dessa um ihre Meinung zu hören. „Lepo Matzo!“, sie klatschte erfreut in die Hände, ich zeigte ihr den zweiten. Sie lächelte erfreut: „Lepsche“, was sogar eine Steigerung bedeutet, dann bemerkte sie aber dass der Jumpsuit doch nicht ganz gut sitzt. Sie lief eifrig zu einem Schrank und nahm einige Stecknadeln heraus, nach 20 Minuten saß alles Brillant. Baba Dessa war nämlich auch noch Schneiderin und nähte alle ihre Kleidung von Hand. So überrascht sie mich immer wieder. Als ich Besuch hatte und meine beiden Betten besetzt waren, zog ich für eine Nacht zu ihr aufs Sofa, so eine gute Nacht hatte ich lange nicht mehr. Und so geht unser Zusammenleben schon seit 2 Monaten, worüber ich unglaublich froh bin. Ihren Geburtstag hatte ich auch gemeinsam mit ihrer Familie gefeiert. Tanja (Englischlehrerin) und Selena sehe ich ja regelmäßig, also kenne ich auch schon fast die ganze Familie. Was ich auch noch erwähnen möchte. Wenn ich mal für 5 Tage nicht in Nis bin und wieder zurück komme, erscheint mir meine Wohnung plötzlich sauberer. Wahrscheinlich Heinzelmännchen… Und wenn ich mal eine Information Tanja oder Dessa erzähle, kann ich mir zu 99,9% sicher sein das am nächsten Morgen die ganze Familie davon weiß und vielleicht manch einer mehr.

 

Übrigens bei dem Fotoshooting war es sehr schwierig ihr zu erklären still zu halten wenn ich klicke… Was aber die Fotos auch umso Authentischer macht.