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Es ist noch nicht zu Ende…

Eigentlich hätte ich zum Ende meines Freiwilligendienstes im Februar 2019 einen kleinen Beitrag schreiben sollen, wo ich nochmals eine Auswertung zu meinem ereignisreichen Freiwilligendienst in Serbien mache, dem Nachbereitungsseminar und wie ich mich nun zurück in Deutschland fühlte. Zu Anfang hatte ich das auch wirklich vor, aber es gab da noch eine unbeendete Sache die mit meinem Freiwilligendienst eng zusammen hängt. Mich verließ in den letzten Monaten in Serbien der Gedanke nicht, dass ich versuchen wollte einen Weg zu finden in Serbien etwas länger zu bleiben…doch diesmal seriös, es gar mit meinem Studium zu verbinden.

Genau in den letzten mir bevorstehenden Wochen erkundigte ich mich nochmal genauer nach den Filmuniversitäten, traf zufälliger Weise eine Studentin und begab mich zu den Vorstellungsgesprächen um mich genauer zu informieren.  Mir war klar, dass Serbien nicht gerade an der Spitze der Weltrangliste für die Universitäten steht. Aber darin sah ich auch seinen Reiz, der Balkan ist noch ziemlich unangetastet und noch nicht von der Schnelligkeit und Hektik ergriffen worden, wie es in den Nordeuropäischen Ländern der Fall ist. Alles befindet sich noch in der Entwicklung und das Lebensgefühl welches einen dort ergreift ist ehrlich und lebendig. Das war übrigens der erste Unterschied der mir wieder ins Auge stach als ich in Berlin landete, diese Stille und leblose akkurate Fassade die eine Illusion von Freiheit und Möglichkeiten gibt, aber leider nirgendwo hin führt. Der ein oder andere wird sich meiner Worte anschließen können, der andere kategorisch dagegen sein. Man sollte meinen ich bin zu zynisch geworden, oder erleide immer noch den Kulturshock, ich möchte euch vergewissern dass ich den Kulturschock in den nächsten zwei Wochen überwinden konnte, allein mithilfe des Gedanken dass ich wusste, dass ich für das Bewerbungsverfahren nochmal nach Serbien fliegen würde (und ich dort unter völlig anderen Umständen einen Monat verbringen würde). Das würde nochmal ein anderes Licht auf mein vorhaben bringen. Gleichzeitig bewarb ich mich noch an zwei weiteren Universitäten in Deutschland und wartete auf Antworten.

Ich befand mich in den nächsten zwei Monaten in der völligen schwebe, versendete Bewerbungen, half ein klein wenig in der Familie aus und wartete… Es gab zahlreiche Diskussionen bei mir zu Hause wegen meiner „Schnapsidee“, meine Familie konnte sie nachvollziehen (da sie mich besucht hatten), aber so wirklich ernst wurde es, als ich Ihnen die Summe für das Studium nannte. Da erkannten alle, dass ich es wirklich ernst meinte. Die Studium kosten in Serbien sind für Ausländer schon erheblich (in etwa pro Jahr 3.500-4.500 Euro).  Ich wollte es trotzdem versuchen, an dem Bewerbungsverfahren teilnehmen, ich hatte mich schon eingetragen und befand mich im regelmäßigen Kontakt mit dem Professor  für Filmregie, der für meine Vorbereitung zuständig war. Worauf meine Familienangehörigen mich fragten: „Und was ist wenn sie dich nehmen? Wie sollen wir dich unterstützen?“. Ich Versuchte das ganze damit zu begründen, dass ich es doch erst mal einfach versuchen wollte. In den nächsten zwei Monaten kaufte ich die Flugtickets, besprach alles mit Freunden und Bekannten in Serbien und meldete mich in meinem heißgeliebten Hostel als Volontärin an.  Die Zeit in Deutschland verlief im Schneckentempo und gleichzeitig doch wieder sehr schnell. In der Zeit bekam ich von zwei Universitäten nochmal zwei unbegründete Absagen, was einerseits frustrierend aber auch erleichternd war. Doch das Gefühl von völliger Ungewissheit blieb, ich hatte keinen weiteren Plan, der mir die nächsten Jahre Sicherheit gäbe und das war am Nervenaufreibendsten.  Je näher der Tag des Abflugs kam desto hibiliger wurde ich,  ich wollte aufbrechen und gleichzeitig nagte an mir immer stärker die Unsicherheit. Das eine war seiner Familie stand zu halten zu überzeugen, dass andere seinen eigenen Gedanken zu Opfer zu fallen und alles liegen zu lassen. Ich habe in Berlin alles was man braucht und auch noch mehr, warum also wollte ich nach zwei Monaten wieder zurück? Vielleicht bildete ich mir doch alles einfach nur ein? Und es gab da noch eine weitere Sache, ich hatte immer noch nach drei Monaten keine Antwort  von der Filmuniversität Babelsberg und sollten sie mich zum Bewerbungsverfahren einladen, würde das genau auf die Tage fallen die ich in Serbien war, ich hoffte nur dass sie das Verfahren verschoben haben.

 

Und dann war es soweit, ich saß plötzlich an einem regnerischen Tag in Berlin im Flugzeug und landete nach zwei Stunden im Sonnigen Nis. Es war wie im Film, tatsächlich. Plötzlich ergriff mich die Gewissheit, dass alles seinen Weg gehen würde und ich machte mich Zielstrebig an meinen Plan. Das erste was ich unbedingt erwähnen muss ist, dass mir Irina (meine Bekanntin) für die nächsten drei Tage einfach ihre ganze Wohnung überlassen hatte, ohne wenn und aber (da sie mit ihrem Mann vereiste). Ich war Baff, ich hätte mich das nicht getraut. Das Haus zu finden war eine Tortour, da die Straßen Namen verändert wurden und einige gar nicht mehr existierten, wobei mir der eifrige Taxifahrer sehr half. Letzten Endes stellte sich heraus das wir zweimal im Kreis um das Haus gefahren waren, und trotz der Umstände, machte der Fahrer mir einen Rabatt und wünschte mir frohe Ostern. Ich betrat die schöne Wohnung und lies alles fallen und betrat den Balkon. Es schien die Sonne, es bellten Hunde und miauten Katzen, kreischten Kinder, es roch nach Benzin und verbrannten Holz, mir wurde klar dass ich das Vermisst hatte. Die Berge, den Fluss und die hässlichen Hochhäuser.  Ich rief Freunden und Bekannten an, deren Stimmen zu hören, es war schön. Mir wurde immer klarer weshalb ich wieder da war.  Ich hatte mir hier ein Leben in einem Jahr aufgebaut, welches ich noch nicht bereit war los zu lassen, es gab noch so vieles zu tun und jetzt konnte es wieder los gehen.  Ich nahm mir eine Woche Zeit, Freunde zu treffen bevor ich die restlichen drei Wochen nach Belgrad gehen würde. Ich hatte immer ein Dach über dem Kopf und die ausgiebigen Gespräche brachten mich wieder in Schwung. Eine andere Geschichte ist noch ein Shooting mit Marko Stamatovic, der mich einlud an seiner Ausstellung teil zu nehmen, dazu müsste ich einen einzelnen Beitrag verfassen.

 

Und eines schönen Morgens, befand ich mich wieder in Belgrad. Ich kam Sonntag um 8 Uhr in der Stadt an, die Stadt schlief. Es hatte sich wenig verändert und doch alles. Diesmal war ich hier nicht als Kulturweitfreiwillige da… nicht im Auftrag des Goethe Instituts.  Nikola lief mir im Treppenhaus entgegen. Die Wiedersehens Freude war groß. Er begutachtete mich prüfend: „Du hast dich nicht verändert.“  Ich grinste wie ein Honigkuchen Pferd, es hatte sich nichts verändert. Die nächsten Stunden verbrachten wir mit Klatsch und Tratsch und mit meiner Einweisung der Aufsichts schichten an der Rezeption. Dragan hatte alles so koordiniert, damit ich an den vorbereitungs Tagen frei hatte. Ich hatte die ersten Tage die vorbereitungs Stunden mit dem Professor  und meine Nervosität war groß. Vorerst, ob ich mich auch gut genug auf die Prüfung vorbereitet hatte und  die Serbische Sprache. Es würde alles in Serbisch sein… Was mir jedoch auffiel, ist dass sich nach zwei Monaten die Sprache gefestigt hat und wo ich früher länger nach gedacht habe, die Unsicherheit vollkommen verflogen war. Was das Sprachverständnis anbelangt, bin ich erstaunt wie wenig Übersetzungshilfe ich brauchte.

Bei der ersten Vorbereitungsstunde lernte ich drei weitere Bewerber kennen, alle drei Sprachen fließend Serbisch, waren aber entweder wo anders groß geworden  oder lebten wo anders. Ich verbrachte die erste Stunde erstmals schweigend und hörte zu. Mein Professor war gleichzeitig der Dekan der Akademie und erinnerte mich an ein magisches Wesen. Ich schätze ihn auf die 60, er ist ein groß gewachsener Mann , an die 2 Meter, mit langen Armen und Beinen und hat durch seine großen Ohren etwas Elfisches an sich. Aber am beeindruckensten sind seine Hände, seine Finger erscheinen unglaublich lang und durch die Gestikulierung wird das nochmal unterstrichen. Ich musste dummer weise an Harry Potter denken und Hogwarts. Schon bei dem ersten Gespräch beeindruckte mich Prf. Elcic, es war seine ruhige ausgeglichene Art etwas zu erzählen und gleichzeitig die volle Konzentration auf seine Worte zu leiten. Bei unserer ersten Stunde wurde uns nochmal erklärt wie die Prüfung verlaufen würde, wonach wir mit einer Kurzfilm Analyse begannen.  Ich hätte nie gedacht, wie spannend es sein kann einen alten Film zu analysieren, vor allem die versteckte Symbolik, Metaphorik und Geschichte dahinter. Hinzu kam nochmal die Jugoslawische und Balkanische Kinomotografie die sich thematisch erheblich von unserer unterscheidet. Die nächsten drei Stunden hörte ich und meine Mitbewerber mit größtem Interesse zu und wurde von der Begeisterung des Professors mit gerissen. Es fanden jeweils noch weitere 4 Vorbereitungskurse statt die jeweils drei Stunden andauerten. Dazwischen bekam ich genug lern Material und Aufgaben die ich versuchte Selbstständig zu lösen. Es galt für mich vor allem mein allgemeines Kulturelles Wissen zu verbessern, die Deutsche und Russische Klassik aus der Literatur, Musik und Film aufzufrischen. Die Serbokroatische Kinomotografie zu lernen und wichtige Geschichtliche Ereignisse aufzurufen. In meiner Freizeit erstellte ich mir eine allgemeine Liste mit allen wichtigen Namen und Daten um in meiner Hostelschicht mich dann mit Dragan oder Nikola zusammen zu setzten und alles nochmal durch zu gehen. Beide waren sehr eifrig dabei mich zu unterstützen wo sie nur konnten. Dragan zog mich immer wieder auf, wenn ich vollkommen offensichtliche Dinge nicht wusste oder vergaß, an einigen Stellen war das ziemlich peinlich, zum Beispiel wer denn in Deutschland den Nobelpreis in der Literatur  bekommen hatte, wer ist Boris Becker (Tennis oder Fußball), bekannte Deutsche Philosophen oder der bekannteste italienische Regisseur.

Die  Sache war die, dass jedem Bewerber aus unserer Runde, die Prüfung unterschiedlich zusammen gestellt wurde. Mein Professor war so erfreut zu hören, dass ich russische Wurzeln habe, dass er mir direkt Dostojevski, Chehov und Tolstoi auftischte und die ganze Deutsche Weltliteratur noch mit hinzu. Anfangs dachte ich, ich komme allein zurecht, nachher stellte sich heraus, dass Dragan mit großer Freude alle meine Fragen beantwortete und ich mich jedes Mal aufs neue fragte, woher er das bloß alles wusste. Es fädelte sich sogar eine so Art lockere Unterrichtsstunde ein. Er kochte und ich stellte ihm kluge oder manchmal weniger kluge Fragen. Es schien niemanden wirklich zu stören. Ich fing wieder an mit Gästen auszugehen und quatschte manche Tage lang unsinniges Zeug.

In meiner Schicht, räumte ich auf, bezog Betten, wischte den Boden, kümmerte mich um die Registrierung von neuen Gästen und informierte über Sehenswürdigkeiten. Das war für mich wie eine Meditation in der ich vollkommen das Gehirn abschalten konnte. Doch im Großen und Ganzen war es doch sehr ermüdend. An einigen Tagen  fühlte ich mich so ausgelaugt, dass ich versuchte in meiner Freizeit einfach durch die Stadt zu spazieren. Mir wurde auch immer klarer, dass ich mir einen festen Bekanntenkreis in Belgrad aufbauen müsste. Gäste sind schön und gut, aber man wird es leid immer wieder die gleiche Geschichte zu erzählen.

Ich bin auch nicht zu romantisch in Anbetracht dessen wie die Menschen in Belgrad leben. Überwiegend Arm oder von dem nötigsten was die Materielle ebene angeht, aber dagegen muss ich sagen, dass die Menschen äußerst gepflegt aussehen (es gibt immer ausnahmen). Viele Arbeiten im Sommer in Deutschland um dann dieses Geld der Familie rüber zu schicken, aber vollständig das Land verlassen kommt für wenige in Frage. Der Plan der meisten jungen Leute besteht darin in Deutschland oder Kanada zu studieren, da für eine gut bezahlte Arbeit die Chancen in Serbien sehr gering sind. Eine Versicherung haben wenige und Medizinische Hilfe kann teuer werden. Es gibt sehr vieles negatives, man könnte meinen, dass das Land eigentlich verloren sein müsste, da das Wirtschaftliche System kaum funktioniert. Doch diese Menschen haben den Krieg und die Bombardierung 1999 noch frisch in Erinnerung und das scheint auch der Schlüssel zu deren erfinderischem und lebensfrohen Lebensgeist zu sein. Schlimmer geht immer und man sollte aus dem geringsten das größte für sich machen. Und was bringt einem Selbstmitleidig in einer Ecke zu sitzen, wenn man sich auch an den kleinen Dingen und seiner Mitmenschen erfreuen kann. Es gibt nie nur weiß und nur schwarz… und das macht die Entscheidung umso schwerer.

Nun bin ich seid 3 Monaten wieder in Deutschland, ich wurde angenommen. Ich habe die Zusage. Ich erinnere mich an die Prüfung. Zwei Tage, am ersten der schriftliche Teil der gesamt drei Stunden andauerte und am nächsten der mündliche, bei dem auch alle anderen Professoren der verschiedenen Fachrichtungen mit dabei waren um ihre potenziellen Studenten zu begutachten. Die mündliche Prüfung bestand aus drei abschnitten, Analyse, Vorstellung der eigenen Arbeiten und Ideen Ausarbeitung. Meinen Mitschreitern waren vor mir dran, einerseits war es erleichternd, weil ich mir ihre Sprechweise und Inhalt genauer merken konnte um sie wieder zu benutzen oder mich darauf zu beziehen. Aber es nagte auch sehr an meiner Selbstsicherheit was meine Sprachkenntnisse anging,  ich Verstand alles, doch meine Ausdrucksweise haperte. Die Professoren ließen mir beschwichtigend Zeit, wenn Sie merkten dass die Aufregung mir die Sprache verschlug. Der Knoten löste sich im Laufe der Prüfung und ich überging einfach eigene Sprachfehler um jedermanns Zeit nicht zu schinden. Die Prüfung dauerte ganze 5 Stunden, mein Kopf fühlte sich zum Ende an wie Brei, wie ihr euch vielleicht vorstellen könnt. Als ich noch am gleichen Tag die Antwort bekam, dass ich die Prüfung bestanden hatte, kam die Information erst mal nicht wirklich an. Als ich die Nachricht Dragan überbrachte, hüpfte er vor Freude und schenkte mir eine kräftige Umarmung, ich brachte nur ein schwaches Lächeln zu Stande – ich war vollständig ausgelaugt. Die darauf folgende Woche verbrachte ich mit Übersetzungen von Papieren, Stipendien Suche, Nebenjob Möglichkeiten und befasste mich mit der Wohungsfrage. Ich freute mich auf Deutschland, auf meine eigenes Bett und meine Familie, die Puste war raus und das Ziel weshalb ich gekommen war, erreicht.

Natürlich sollte ich noch in meinem Beitrag ein paar Charaktere nicht unerwähnt lassen die diese vier Wochen mich mit begleitet hatten und mit denen ich zahlreiche Abende einen unersetzbaren Austausch an Erfahrungen und Geschichten verbracht habe. Die Xenia aus Russland, die seid 7 Jahren in Hongkong studierte und arbeitet und einen ziemliche direkte aber gutmütige Art an den Tag legte. Der Julian aus Argentinien, der mit mir als Volontär  die letzten drei Wochen arbeitete, der jeden Abend (aber auch wirklich jeden) zum Tango ging, für 3-6 Stunden und einfach ein seeeehr ruhige und ausgeglichene Art hatte zu reden, vielleicht lag es ja an dem Mate Tee den er die ganze Zeit trank. Jacob aus Australien, ein schon alter Freund, dessen Freundin aus Bosnien kommt, weshalb er ständig zwischen Australien und Bosnien pendelt, wir warten alle nur darauf, wann endlich die Heirat verkündet wird. Eine sehr liebe Schriftsteller Seele. Peda die Sportskanone und Lebensguru, der als Gast für zwei Wochen bei uns war (wir haben uns herzlich über ihn amüsiert). Und noch viele mehr. Wir kochten, lachten, schauten die letzten GoT und Eurovision 2019 (hätte nie gedacht wie lustig das sein kann). Ein Monat, mit unglaublich vielen Ereignissen, die ich nicht alle auf einmal wiedergeben könnte. Man könnte schon eine ganze Seifenoper darüber Filmen 😀

 

Hätte mir jemand vor ein und halb Jahren gesagt wo ich jetzt sein würde. Hätte ich ungläubig gelacht und mit dem Kopf geschüttelt.

Serbien?  Wo ist das und was soll ich da?

 

P.S.: Zu den Fotos, zahlreiche sind Zeitversetzt entstanden, überwiegend in dem Halben Jahr in dem ich mich in der Vorbereitungszeit befand. Hierfür bin ich Patrick Citera, Marko Stamatovic, ihnsie.de und Sina Paulitz für die tollen Fotoshootings dankbar. Ebenfalls konnte ich dem halben Jahr meine Portrait und Fashion Fotografie vertiefen, was dazu geführt hat dass meine ersten Arbeiten auf Photo VOGUE veröffentlicht wurden und ich mit ersten Model Agenturen zusammen arbeite – mehr dazu unter @juliaerns / @julernstil

 

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Ich bin ein Kunstwerk!

Nun übernehme ich mich definitiv, sagt ihr? Vielleicht, aber ich wollte überwiegend mit dieser Überschrift euer Interesse wecken, obwohl es auch etwas mit meiner eigenen Selbstwertung zu tun hat, die sich in den letzten Monaten in eine interessante Richtung zu entwickeln scheint. Aber eigentlich müsste die Rubrik „Allein in Belgrad“ heißen. 

Vor zwei Wochen hatte Tanja ein Fortbildungseminar für die Info über die A2 Kurse in Belgrad, wo ich mich schnell mit einschrieb. Da wir von Belgrad 3-4 Stunden entfernt sind durften wir einen Tag früher anreisen und im 4-Sterne Hotel auf Himmelbetten übernachten. Was ein unglaubliches Vergnügen war, aber auch seine Nachteile hat wenn man früher aufstehen muss. Am Morgen war ich 10 Minuten zu spät… Weil ich wie jede Frau das Problem hatte, dass ich nicht wusste was ich anziehen sollte. Ich hatte nämlich nicht, wie letztes mal, zu wenig von meiner bequemsten Kleidung, sondern zu viel von der „neusten“ und Sommerlichsten mitgebracht und stand jetzt vor der Qual der Wahl. Jaaaaa, dann ging ich nach oben und lernte das vollständige Deutschlehrer-Kollektiv aus Serbien und Montenegro  kennen und verstand, dass der neue Jumpsuit vollständig fehl am Platz war. Ihr könnt euch die Überraschung des Kollegiums vorstellen, als ich nach 20min. Pause wieder ganz anders gekleidet aufkreuzte und nach dem Auschecken wieder. Es ist nun halt so aus irgendeinem Grund war mir das in dem Moment wichtig. Nach acht Stunden Seminar über die bevorstehende A2 Prüfung verabschiedeten sich alle Dankend und mir stand das Wochenende allein in Belgrad bevor. Und ich hatte das erste mal keinen Plan.

Ich nahm meine 3Taschen und ging wieder ins mir bekannte „El Diablo“ und erfreute mich dem Wiedersehen mit Dragan und Nicola (den Hotelbesitzern). Ich war wieder einmal im Achter Zimmer was mich aber nicht weiter störte. Ich lernte schnell die derzeitigen Gäste kennen. Am interessantesten war dann doch der 60 Jährige Australier, der mit seiner Familie in Istanbul lebt, aber derzeit allein durch die Gegend reist. John, erlitt einen Gehörsturz, und kam aus dem tiefsten Australien, weshalb es sich als etwas schwierig heraus stellte zu verstehen was er sagte (er sprach als hätte er eine zu heiße Kartoffel im Mund).

Am ersten Abend lernt ich endlich Anton bei einem Bier kennen (auch ein freiwilliger aus Serbien), dieser zeigte mir in 6 Stunden die nächtliche Stadt und zur Abwechslung unterhielt ich mich über „Gott und die Welt“ und führte nicht nur Smalltalk. Und obwohl ich dieses Mal in Belgrad ohne wirklicher bekannter und Feiern war, genoss ich doch den Abendlichen Rhythmus der Stadt, sie schien zu leben. Die darauf folgenden Tage vergingen ziemlich entspannt, wie ich es nicht für möglich gehalten hatte. Erwähnen möchte ich insbesondere das Museum für zeitgenössische Kunst in Belgrad. Am jeden Morgen überkam mich immer die überwältigende Panik, was ich doch machen sollte und vor allem mit wem??? Komischerweise kommt mir der Zufall immer zur Hilfe. Johanna kommt aus Kolumbien und war auch untätig im Hostel unterwegs und plante eine willkürliche Tour auf die andere Seite der Stadt. Wir schlossen uns zusammen und durchkreuzten gemeinsam die Erhitzte Stadt. An dem Tag war auch noch Marathonlauf, aus dem Grund auch noch viele Touristen angereist waren(überwiegend Deutsch, wer hätte das gedacht) und die Stadt war halb gesperrt. Das Museum war fantastisch und nach dem Johanna mich fragte ob ich für ihren Kunstblog ein paar Fotos von ihr machen könnte von ihrem Tablet, dachte ich mir, warum mache ich das nicht auch einmal? Normalerweise bin ich es diejenige die alle Fotografiert, die Momente der derweiligen Person festhält, warum nicht auch mal umgekehrt? Gefragt, Getan…auch mal ein schönes Gefühl 😛 

Die darauf folgenden Tage traf ich noch ein paar weitere neue Leute, überwiegend über das Hostel. Verfluchte mich, dass ich mich als Deutsche preisgab, wenn ich auf andere Deutsche traf, die manchmal doch so anstrengend sein können. Und spazierte viel durch die Stadt. Wichtig ist zu sagen das ich nochmal Olivera aus Montenegro traf, denn 2 Wochen später reisten wir gemeinsam nach Sofia (auch nochmal eine einzelne Geschichte mit vielen Erlebnissen).
Dragan kochte wieder für uns und am Abend traf man sich mit bekannten und unbekannten Leuten in einer Bar. Nicola überzeugte mich, erst am Montag abzureisen, weshalb ich eine Nacht länger blieb, mich aber genau diesen Abend eine erstaunliche Melancholie und innerliche leere überkam. Ich war Müde von Smalltalk, denn es verlief immer gleich und ich realisierte dass mir diese Gespräche nichts mehr geben konnten. Ich konnte die Momente die ich erlebte nicht wirklich mit jemandem teilen, der mich Verstand.  Ich unterhielt mich in dem Moment mit den Leuten ohne jeglicher Leidenschaft das Gespräch am laufenden zu halten. Hinzu kam, dass mir das Ausdrücken zu einem tieferen Thema in der englischen Sprache schwerer fällt. Da das Gefühl für die Sprache trotz allen ziemlichen taub ist, als in der Muttersprache. An dem Abend rettete mich Johanna mit einem nächtlichen Ausflug durch Belgrad. Nach drei Rakija und einem aufbauendem Gespräch, gingen wir aufgeheitert ins Zentrum. Ich gönnte mir einen „Palacinke“ (einen riesen Pfannkuchen mit Nutella und Kirschen) und wir liefen zu zwei großen Kirchen die Wunderschön bei Nacht beleuchtet wurden. So ein Spaziergang konnte manchmal alle Sorgen lösen. Ich erinnerte mich wie ich Stadt vorher erlebt hatte, unruhig, feiernd, chaotisch. Plötzlich machte der verworrene Straßenverlauf Sinn, die unterschiedliche Architektur ergänzte sich und Belgrad gab mir eher den Eindruck einer sehr behüteten und ausgefüllten Stadt. Und hier muss ich einsehen, dass auch ich mich Verändert hatte. Das tun wir ständig. Aber wer hätte vor 9 Monaten, nach meinem Abitur gedacht, dass ich nach meinen Praktiken plötzlich in Serbien lande, eine eigenen Wohnung habe, unglaublich viele Bekanntschaften mache und meine Foto-Film Projekte mithilfe des Goethe Instituts Finanzieren kann? Genau, Niemand! Und für diese Verworrenen Wege des Lebens, bin ich einfach nur Dankbar …..

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Belgrad, du bist so Wunderbar!

Huuuh, eine Woche Osterferien und man ist wieder völlig von den Socken gehauen. Ich sage nur dazu Feiern, Feiern, Feiern… Aber dazu später 😉 Ich Versuche mal ganz von vorn anzufangen. Bevor die Osterferien beginnen konnten hatte ich noch keinen einzigen Plan und war darauf gefasst die Ferien sehr entspannt und ruhig zu Verbringen. Es war schon vorher mit allen anderen Freiwilligen, die in Serbien stationiert, abgesprochen sich in Belgrad zu treffen, aber ruhig und gelassen. Bis kurz vor den Ferien bei mir die Nachricht von Juel eintraf: „Hey, könnte ich bei dir für einige Tag unterkommen?“
Juel (Julian) ist schon seit 6 Monaten in Belgrad und wollte sich mal unbedingt Nis ansehen. Ich dachte mir einfach, klasse dann kann man danach auch gemeinsam nach Belgrad fahren und sich gleichzeitig Gesellschaft leisten. Ja etwas hatte ich mich vertan. Ab Montag ging die Woche erst richtig los… Juel kam am Nachmittag mit dem Bus nach Nis, ich holte ihn ab und wir begaben uns in ein Kaffee und anschließend zu mir nachhause, wo wir die ganzen Sachen ließen. Danach planten wir einfach einen ruhigen Abend mit Unterhaltungen. Doch stattdessen rief Ljubica an (meine Schülerin aus der 12.Klasse) und fragte ob wir uns nicht in Bombay (einer Shischa-Bar) treffen wollten? Um 2 Uhr Morgens waren wir wieder zu Hause 🙂

Am nächsten Tag kam ein ganz einfacher Touristen-Ausflug durch Nis der sich letzte nendes 7-Stunden spazieren durch die Stadt hinzog. Gegen 19:00 Uhr waren wir ganz Platt wieder zu Hause. Aber wir gaben nicht auf. Denn wir waren wieder um 21:30 im Labyrinth mit einigen bekannten und Ljubica verabredet. In der Unterirdischen Bar trafen wir uns mit Selena (der Enkeltochter meiner Vermieterin, 25 Jahre) ihrem Freund, einem weiteren Freund. Zu fünft genossen wir die Lifemusik von zwei Gitarrenspielern, die alte Englische-Songs zum besten gaben. Ebenfalls würde 6-mal allen ein Honig-Rakija ausgegeben (schmeckt übrigens gut :P) Um 4-Uhr Morgens gingen wir schlafen.

Am nächsten Tag wollten wir nach Belgrad. Wir fuhren zu dritt, ich Ljubica und Juel. Um 16:00 Uhr fuhr unser Bus. Gegen 20:00 Uhr waren wir in Belgrad angekommen und fuhren zu Juel in die WG. Er lebt 25min vom Zentrum entfernt auf einem sehr steilen Berg. Die WG war eben eine Männer WG 🙂 Heißt ziemlich bescheiden von der Einrichtung, mit dem nötigsten. Lena und Elisa (zwei freiwillige) waren schon in Belgrad im Hostel. Am Abend wollten wir uns mit ihnen treffen. Wir fuhren mit dem Bus los. Wenn ihr in Belgrad seit, wundert euch nicht wenn ihr euch wie ein Kartoffelsack im Bus fühlt. Denn die so werdet ihr auch transportiert, einfach, schnell und unsentimental Bergauf und Bergab, inklusive mit Vollbremsung.

Im Zentrum angekommen gingen wir zur Bierbar, wo auf uns schon alle warteten, sowie Judith (auch freiwillige am Goethe Institut) und ihre Kollegen (Sören und Cedomir) schon waren wir wieder 8 Personen, um 1:00 ging es zu einer anderen Bar und um 3:00 Uhr Morgens wollte ich nur noch schlafen und obwohl wir noch Besuch von Juels homosexuellen Freund Steffen hatten, legte ich mich einfach hin. Am nächsten Morgen wurde uns die Stadt gezeigt und wir trafen uns wieder mit allen. Zwischendurch machten wir einen Abstecher in dem Hostel, durch einen zufälligen Regenguss (ich sah aus wie ein Nasser Pudel), wo alle untergekommen sind, ich war sehr begeistert von Dragan (dem Wirt) und den Volontären dort, dass ich einfach die Erfahrungen machen wollte mal in einem Hostel unterzukommen. Gegen Abend verkündete Steffen uns dass, sein Freund Geburtstag hätte und er gerne mit uns gemeinsam Feiern würde.  Wir gingen in den Club „Strafta“ und waren um 6 Uhr früh im Bett, dabei war das 15min. Bergauf gehen keine große Freude, wie ihr euch dass vielleicht vorstellen könnt 😛 Ebenfalls muss ich sagen dass 4 Tage in so einem Lebensmodus ihre Zeichen auf dem Gesicht hinterlassen. Die Augenringe wegzuretuschieren war fast eine Sache der Unmöglichkeit und da überall Geraucht wurde, nahm die Kleidung schnell den Geruch nach verbrannten Stoff an. Am nächsten Tag machte ich mich auf zum Hostel und wollte mit allen anderen freiwilligen auch ins 6-Zimmer, was aber völlig ausgebucht war. Ich kam ins 8-Zimmer wo wir dann doch nur 4 Waren und wo Gottseidank, die Schnarchenden Holländer am nächsten Tag ausreisten (ich habe so ein Schnarchen noch nie gehört). Das Hostel „El Diablo“ erinnerte eine süße, knuddelige WG, was durch Dragan und Nicola (den Wirten) sehr unterstützt wurde. Die Beiden waren einfach zu knuffig.  Am Morgen ging ich häufig mit einigen aus dem Hostel frühstücken und Unternahm viel mit Magali (eine Volontären aus Kanada, sie kommt bei mir auch in Nis mal vorbei). Am Abend ging ich mit ihr auch mal mit zum Salsa, nahm aber schnell reissaus nachdem sich ein etwas unangenehmer Typ neben mich stellte. Diese Nacht war ich ausnahmsweise um 2:00 Uhr schlafen, dass war so schön. Ich hatte dass noch in keiner Stadt, aber in Belgrad brauchte ich 4 tage um die Orientierung zu gewinnen, denn die Strassen sind so in einander Verschlungen, dass man irgendwo reingeht und wieder ganz woanders rauskommt. Alt Belgrad ist wunderschön, die Architektur ist fantastisch und die Atmosphäre der Stadt ist ziemlich romantisch und leicht. Überall wird Musik gespielt und wenn die Sonne scheint, scheinen die Häuser eine Geborgene wärme an die Passanten weiterzugeben. Am Abend trafen fast alle ein. Lisa und Helena kamen auch dazu und unsere Gruppe wurde immer größer. Tagsüber versuchten wir zu einem Second Hand Shop zu kommen der 40min. zu Fuß weg lag. Letzte-nendes stellte sich heraus, dass er völlig Verschwunden war. Die restliche Zeit verbrachten wir in einem Caffee und begaben uns langsam zum Hostel. Ich lief an einem Schmuck-Stand vorbei und kaufte mir zwei Paar Ohrringe, die einfach zu niedlich und Witzig waren. Dragen machte extra für alle ein Osterabendessen, klassisch nach serbischer Art. Ich zog meine Löffel/Gabel Ohrringe an 😛 Es schmeckte Himmlisch, er meinte er liebte Kochen und machte alles nach Omas Rezepten. Ebenfalls muss man sagen, dass keine Sekunde verlief in der Dragan keine Ironische Bemerkung oder Witz machte. Wir sassen alle zusammen mit allen Hostelgästen, gesamt waren wir um die 10 Personen. Natürlich waren die „Deutschen“ in der überzahl und hatten alles Okkupiert 😀  Des weiteren hatten wir noch einen Italiener, eine Französin, Israeli, Spanier und einen Polen (Fabian) der mit starkem Britischen Akzent sprach da er 7 Jahre in U.K. gelebt hatte und einen „Baken“ auf seinem Bein tätowiert hatte. Am letzten Abend begab sich unsere stolze Gruppe Rchtung Bar „Casablanca“ wo alte Amerikanische Musik gespielt wurde. Auf dem Weg trafen wir auf ein paar Bekannte von Magali und überschwemmten die Bar mit 30 Leuten aus den Verschiedensten teilen der Welt. Gegen 12:30 entschied eine Gruppe in einen Club zu gehen, wo ich mich schnell dazu anschloss. Die Ironie wollte es so, dass es wieder das „Strafta“ wurde… Wieso Ironie, da traf ich ein zweites Mal den gleichen jungen Mann, leider trauten wir uns nicht gegenseitig anzutanzen, was ziemlich ärgerlich ist. Um 4:00 Uhr waren wir mit Magali wieder im Hostel, zogen uns um und setzten uns zu Fabian, der Nachtschicht hatte und unterhielten uns bis 5:00 Uhr Morgens. Danach gingen wir beseligt zu Bett. Am nächsten Morgen war abreise Tag. Bis 13:00 Uhr saßen wir alle da und scherzten mit Dragan. Danach ging es nochmal kurz in die Stadt und um 19:00 Uhr fuhren die Busse. Nein, so eine Woche hatte ich noch nie, einerseits  körperlich Stressig aber seeeeeehr positiv. Übrigens nach dem dritten Tag, verließ ich das Haus nicht mehr Ohne Sonnenbrille 🙂 Nein, die Woche war klasse und ich weiß ich werde nochmal nach Belgrad zurück kommen. Um 22:30 Uhr war ich endlich zuhause in Nis und schlief ohne Wenn und Aber ein. Und jetzt wo ich so Rückblicke, denke ich mir wie schnell doch ein Monat in Serbien vergeht… Und wie verklemmt doch Berlin und Deutschland im Vergleich dazu ist…

 Ich Entschuldige mich für alle Rechtschreibfehler, aber derzeit Versuche ich sehr viel dazu zu schreiben, solange die Erinnerungen noch Frisch sind, danke für euer Verständnis 😛