Der April

In den letzten Tagen spukte immer wieder der Gedanke in meinem Kopf herum, dass ich wirklich lange nichts mehr geschrieben habe. Bevor ich angefangen habe, diesen Blog zu schreiben, habe ich mir sogar vorgenommen, regelmäßig zu schreiben. Wenn, dann richtig. Sieht man, was bei rausgekommen ist…

Um mich zu erinnern, hab ich mir jetzt mal meine Fotogalerie angesehen, um daran zu erzählen, was alles so passiert ist:

Das letzte Mal habe ich mich kurz vor Ostern gemeldet. Zum (deutschen) Osterfest habe ich dann meine Osternester versteckt und auch selbst eins gefunden, auch eins aus Deutschland bekommen. Auch ein paar Osterhasen haben sich in der Wohnung versteckt.

In der Zwischenzeit hat Johanna mit ihren Schülern und tatkräftiger Unterstützung ein Graffiti-Projekt gemacht. Hier mein Lieblingsbild davon:

Deutsches Bier und georgischer Wein im Trinkhorn = Weltfrieden!

Eine Woche später war dann auch in Georgien, und -haltet euch fest- wir hatten Ferien! Also was man hier halt so Ferien nennt. Eigentlich war es nur ein verlängertes Wochenende, mit einem freien Freitag und Montag dazu. Aber gut. Beschweren will ich mich nicht. (Übrigens wurde mir heute auch total enthusiastisch erzählt, dass der neunte Mai ja frei wäre. Für alle Georgier, außer die Deutschlehrer, versteht sich, denn an diesem Tag findet praktischerweise eine Prüfung statt.)

Jedenfalls hab ich mit Johanna die Zeit genutzt und war wandern. Am Donnerstag Abend sind wir von uns in die Altstadt spaziert, dauert ca. zwei Stunden, hat sich aber sehr gelohnt! Wir sind durch Plattenbaugebiete, aber auch ältere Viertel gekommen und haben unter anderem die estnische Botschaft entdeckt. Was sich halt im Kopf so einbrennt. Abends waren wir auf der Nariqala-Festung, von wo man einen fantastischen Blick über die Altstadt hat.

Am nächsten Tag ging es zu Fuß nach Kojori, einem Dorf ca. 15 km von Tbilisi entfernt, dass ich hier auch schon mehrfach erwähnte. Auf dem Weg dorthin sahen wir, wie der Frühling langsam Einzug erhielt.

Auf dem Weg nach Kojori sieht man mal einen anderen Teil von Tbilisi

Was wir Samstag gemacht haben, weiß ich schon gar nicht mehr, aber Sonntag wollten wir uns ein Monument anschauen, „Chronicles of Georgia“, ein riesiges Denkmal, wo viele historische Momente/Könige/sonstige Personen verewigt wurden. Das Ding ist sehr, sehr groß. Auf dem Weg dorthin sind wir einmal durch die halbe Stadt gelaufen, unter anderem kamen wir auch über einen großen Friedhof. Was wir vorher nicht wussten: In Georgien geht man an Ostersonntag oder -Montag auf den Friedhof, um der Toten zu gedenken. Nicht traurig, sondern mit Essen und Trinken, vielen Ostereiern, die dann gerollt werden. Manche Familien haben ein Spiel: jedes Familienmitglied bekommt ein rotes Osterei, dann drückt man die Eier gegeneinander und schaut, welches zuerst bricht. Das „stärkere“ konkurriert dann wiederum mit einem anderen „Sieger“. Das geht so  lange, bis nur noch ein Ei übrig ist. Der Besitzer hat dann gewonnen. Ich kannte das Spiel bis jetzt nur mit M&Ms 😀

Johanna ist auch auf dem Bild 😉

Von dem Monument war es nicht weit bis zum Tbilisi-Meer, was eigentlich nur ein großer See ist. Dort wollte ich aber schon lange mal hin, und es war nur ein kurzer Umweg. Baden würde ich dort ja nicht, aber einen großen See zu sehen war zur Abwechslung auch mal ganz schön. Auf der Rücktour gab es dann mangels Alternativen Salzstangen zum Mittag. Wir saßen ganz typisch an einer Bushaltestelle, ohne zu wissen, ob am wichtigsten Feiertag des Landes ein Bus in der Pampa fährt. Mittlerweile vertraue aber sogar ich immer darauf, dass sich alles irgendwie fügt, und tatsächlich: eine halbe Stunde später kam ein alter, gelber Bus den Berg hinunter geschnauft. War zwar extrem voll und es hätte mich nicht gewundert, wenn die Türen dem Druck von so vielen Körpern nicht standgehalten hätten, aber es hat alles gehalten.

Das Tbilisi-Meer

Am Montag liefen wir hoch zum Lisi Lake, einem kleinen See in der Nähe unseres Hauses. Das Ziel war eigentlich eine Hundestation, die ich mir ansehen wollte, aber zuerst gingen wir auf einen Reiterhof, danach auf dem Weg zu den Hunden sahen wir eine Schlange und Schildkröten! Die Hundestation war aber letztendlich nicht so toll, was aber auch daran lag, dass dort niemand war, der Englisch sprach. (Und ein riesiger Hund sprang immer wieder an uns hoch und schnappte auch. Dabei war er nicht angeleint).

Letztes Wochenende war ich dann in Kutaisi bei Konrad, was auch mal schön war. Samstag waren wir in Tzchaltubo, einem alten Kurort, dessen Bäder und Sanatorien zwar verlassen sind, die man aber trotzdem besichtigen kann. Gerade die alten Krankenhäuser fand ich faszinierend!

Am Montag danach fand dann das Schulfinale vom Vorlesewettbewerb in Tbilisi statt. Dabei müssen Viert- und Fünftklässler kleine Texte vorlesen, und dann wird der oder die Beste ausgesucht. Vorher musste ich die Schüler aus den Gruppen auswählen. Ehrlich gesagt, fand ich die Aufgabe ziemlich blöd, weil ich einerseits keine wirklichen Kriterien hatte und dann halt einfach das Kind genommen habe, was den besten Gesamteindruck hinterlassen hatte (also sowohl gute Aussprache als auch gute Betonung), andererseits konnte auch immer nur ein Kind pro Gruppe teilnehmen, was öfters in Tränchen endete. Fassungslos war ich dann, als einem kleinen Jungen gesagt wurde, er solle sich zusammenreißen, er wolle doch nicht vor mir (also der Deutschen) weinen. Nun ja, insgesamt hatten wir dann 18 Finalisten, bei denen ich auch mitentscheiden sollte, aber zum Glück nicht ganz alleine. Ich hatte darauf geachtet, dass wenigstens ein paar Jungs in Finale gekommen sind (bei gleich guter Leistung natürlich, da hab ich dann die Jungs bevorzugt, weil an unserer Schule irgendwie immer nur Mädchen an Wettbewerben teilnehmen. Irgendwo hege ich die Hoffnung, ein bisschen zur Gleichberechtigung oder wenigstens zu einem gesunden Selbstvertrauen aller Kinder beizutragen), die Sieger waren dann trotzdem zwei Mädels, die den Sieg aber auch gut verdient haben.

Ich weiß, ich soll keine Lieblingsschüler haben, aber der Kleine im schwarz-weiß karierten Hemd ist sehr cool

Dieses Wochenende hatte ich dann Besuch aus Deutschland, wir waren in Mtzcheta und in Kojori, am Sonntag Abend mit meinen Kolleginnen dann essen und tanzen. Insgesamt war es auch ein schönes Wochenende!

Nächste Woche kommt dann die beste Familie von allen her, und ich bin schon ein bisschen nervös und aufgeregt deswegen. Wird es ihnen gefallen und den Erwartungen gerecht? Werde ich genug Zeit für sie haben?  Was sollten sie sich alles ansehen? Hoffentlich regnet es nicht!

Gefühlt renne ich im Moment nur hin und her, zwischen Vorlesewettbewerb, Lesefuchs-Projekt, Film-Projekt (ach ja, deshalb bin ich öfter durch die Stadt gefahren, war im deutschen Lesesaal, imGoethe-Institut und in der deutschen Botschaft, um Preise zu organisieren, dazu kann ich aber noch mal extra schreiben), Vorbereitung für Prüfungen und andere Wettbewerbe, dann habe ich noch einen normalen Stundenplan und soll noch zusätzlich in andere Klassen gehen (WANN? Ich will ja meine normalen Klassen trotzdem sehen). Dann kommt immer noch zwischendurch ein „Kannst du noch…?“ oder ein „Vielleicht willst du ja noch…“. Dann hab ich jetzt auch angefangen, Russisch zu lernen, den Georgisch-Kurs hab ich beendet, war nicht sehr effektiv. Die Schüler verstehe ich aber ganz gut, es ist total witzig, wenn ich mit den Kleinen Georgisch spreche. Russisch macht mir auch Spaß, ist aber auch zeitintensiv. Am Samstag ist dann der Europa-Tag, wo ich mich mehr aus Jux als Helferin beworben habe, trotzdem wurden wir fast alle genommen. Darauf freue ich mich schon sehr, denn ich hab den Frankreich-Stand abbekommen und vorhin eine Mail von der französischen Botschaft bekommen, was denn meine Aufgabe sein wird. Dazu später mehr.

Langweilig ist mir im Moment bestimmt nicht. Trotzdem eine Frage: welches Buch könntet ihr mir empfehlen? Durch einen unerwarteten Geldsegen möchte ich mir mal wieder ein, zwei neue Bücher kaufen (digital), also über Empfehlungen freue ich mich sehr.

Bis demnächst mal wieder

 

 

Eure Jule

Das Hauptquartier der Bank of Georgia, für TomTom fotografiert

PS: Auch wenn ich selten auf die Kommentare antworte, freue ich mich über jeden einzelnen! ?

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2 Antworten zu Der April

  1. Peter sagt:

    Hallo Julia, auch wenn ich das schon mal gesagt habe, auch dieser „Arbeits- und Erlebnisbericht“ ist ganz toll. Die Zeit war für Dich ja wieder sehr (!) ereignisreich. Unbedingt möchte ich die tollen Fotos nennen, man lernt immer neue „Ecken“ von Georgien kennen. Ich bewundere Eure „ausgedehnten“ Fussmärsche. Mit großem Interesse habe ich die Passage über die österlichen Bräuche auf Friedhöfen gelesen. Jaja, andere Länder andere Sitten. Ich bewundere Dich, wie Du mit der Unmenge von verschiedenen Aufgaben fertig wirst. Ich wünsche Dir und Deinem Besuch von zuhause viele erlebnisreiche Tage. Ich bin sehr gespannt auf den Reisebericht danach. Weiterhin alles Gute, tschüss, Peter.

  2. Hast Du besimmt schon erkannt, oder? sagt:

    Die Vorfreude ist ganz auf meiner Seite. Mach Dir unseretwegen keinen Stress. Es wird bestimmt wunderbar! ?

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