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Hier lebe ich

Kolumbien kulinarisch

Nach der Schule komme ich nach Hause. Schon beim Aufschließen der 2 Schlösser unserer Haustür verrät mir die Geräuschkulisse von drinnen, dass Besuch da ist. Ein heiteres Stimmengewirr gemischt mit Gelächter, das Klappern von Tassen, vielleicht mit Kaffee oder mit heißer Schokolade gefüllt. Ein Bruder meines Gastvaters, der seit ein paar Jahren in Texas lebt, ist heute Morgen gelandet und jetzt zu Besuch. Obligatorisches Küsschen auf die linke Wange, kurze Vorstellung, eine nette, offene Begegnung und schon bin ich in ein Gespräch verwickelt.

Wie gefällt dir denn das Essen in Kolumbien? Eine der Fragen, die mir seitdem ich hier bin fast am häufigsten gestellt wird. Bandeja Paisa? Ajiaco? Leider meinerseits dann das Geständnis, dass ich Vegetarierin bin und daher die heiß geliebten Fleischgerichte wohl nie geschmacklich kennenlernen werde. Erstaunen auf der Seite meines Gegenübers: wie, Vegetarierin? Wirklich? Aber Hühnchen isst du? Oder vielleicht Fisch? Wie, auch nicht? Und das geht?

Ja, und wie! Denn ja, Fleisch ist beliebt, aber zum Glück alles andere als alternativlos. Anstelle von einer Empanada de Carne kann ich immer eine Arepa con queso finden. Oder ein Pandebono, oder ein Buñuelo, oder eine Almojabana. Anstelle von Steak gibt es ein Spiegelei. Fleisch wird nur selten mit den anderen Bestandteilen eines Essens zusammengekocht- zumindest von meiner lieben Gastmutter fast nie. Dementsprechend sind Reis, Linsen oder Bohnen, gebratene Kochbanane und Salat an sich und ohne Fleisch einfach schon mehr als genug und mehr als gut. Eben genanntes findet man beim Öffnen der Töpfe auf einem Herd in Kolumbien wohl am Allermeisten. In meiner Gastfamilie fast jeden Tag. Aber ehrlich gesagt, mal durch ein Ei oder Avocado ergänzt, könnte ich Reis und Bohnen ohne jegliches Problem jeden Tag essen. Reis und Bohnen hier schmeckt auch einfach besser als in Deutschland.

Und, wer hätte das gedacht? Es gibt ein Land, das noch kartoffelverrückter ist als Deutschland. Verständlich, wenn das Farbspektrum von hellbraun bis dunkellila, die Größe von weintraubenklein zu stattlich groß und der Geschmack von lecker zu noch leckerer reicht. Reis und Kartoffeln werden beide, wie eigentlich so ziemlich alles, im Land angebaut. Sie sind Lieblingskohlenhydrate und schließen einander überhaupt nicht aus! Und auch wenn es Nudeln gibt, heißt das nicht, dass man die Nudeln nicht auch zu Reis und Kartoffeln essen kann. Low Carb Diet wäre hier daher wahrscheinlich deutlich schwieriger als Vegetarismus 😉 Der ist zwar gerade für die älteren Generationen oft nur schwer verständlich, aber ich habe natürlich auch schon vegetarische Kolumbianer*innen getroffen.

Portionen sind groß. In vielen Haushalten gilt: wer viel gegessen hat, hat gut gegessen. Gekrönt wird ein gutes Mittagessen von einem guten, frischen Saft. Hier weiß man, aus so gut wie jeder der 1000 genialen Früchte einen genialen Saft zu machen. Die Qual der Wahl nur jedes Mal: en agua oder en leche?

Die generelle Antwort an meinen aufgeschlossenen Gesprächspartner also: me gusta!