langsam reichts?

Moinsen,

in 6 Tagen geht’s nach Deutschland, schön Weihnachten und Silvester im vertrauten Kreis feiern und ich freue mich schon sehr.

Meine Einstellung zu hier ändert sich extrem schnell, einen Tag fühle ich mich mega wohl hier und möchte am liebsten hier leben, am nächsten (zb heute) kann ich es gar nicht abwarten endlich wieder in Deutschland zu sein. Mein größtes Problem ist glaube ich, dass ich keine feste Bezugsperson habe. Niemanden, zu dem man immer gehen kann oder der in der Nähe wohnt, mit dem man sich spontan verabreden kann und dumme Scheiße machen kann. Ich bin natürlich super glücklich über die anderen Deutschen hier, aber gute Freunde, die man schon lange kennt sind natürlich noch was anderes.

Die Stadt gefällt mir nämlich mega gut und ich werde sie auch nach diesen 5 Monaten krass vermissen. Ich habe mich hier sehr gut eingelebt, aber diese Anstrengung etwas freizeitmäßig zu organisieren geht mir doch etwas auf den Keks. Hinzu kommt, dass ich langsam keine Lust mehr habe, in einer Schule zu arbeiten.

Mir geht es die meiste zeit über sehr gut und den Rest geht es mir auch nicht schlecht, ich bin nur manchmal etwas unbefriedigt. Trotzdem versuche ich den Rest der Zeit zu genießen, es wird nämlich extrem schnell vorbeigehen und dann werde ich mich in Berlin sitzen und hierher sehen.

(Fazit: Die Stadt ist geil, die Leute sind Geil, manchmal ist meine Stimmung nur nicht geil (genug).)

Peace out

пиздец або пиздатo?

In Zwei Tagen bin ich 2 Monate hier. Der zweite Monat ging viel schneller vorbei als der erste, war aber sehr gemischt.

„пиздец або пиздатo?“ Die Frage stell ich mir gerade. Übersetzt heißt das so viel wie absolut scheiße oder absolut geil? In diesem zweiten Monat hat sich gefühlt nicht so viel geändert, was die Frage nach dem Sinn wieder mehr in der Vordergrund gerückt hat. Was mache ich hier eigentlich?

Rational gesehen könnte ich natürlich sagen arbeiten, aber das macht mir keinen Spaß (will nie im Schulbereich arbeiten, nicht mein Pläsierchen). Natürlich versuche ich trotzdem in der Schule mein Bestes zu geben, aber in Verbindung mit dem einstündigem Arbeitsweg ist meine Motivation leider nicht sehr hoch. Habe auch etwas schlechtes Gewissen dadurch, weil ich natürlich den SchülerInnen helfen möchte, aber viel ändert das nicht an meiner Einstellung.

Stagnation beschreibt glaube ich meine jetzige Situation ganz gut. Auf Arbeit, in der Freizeit, bei der Sprache. Stagnation ist frustierend und ich bin dann eher der Mensch, der darauf chillt und sich Netflix-guckend zuhause verkriecht als aktiv etwas daran zu ändern. Hinzu kommt das Wetter: bei Temperaturen um den Nullpunkt gibt es doch auch keine andere Möglichkeit, oder? (rhetorische Frage, natürlich geht es immer anders.)

Außerdem nervt mich die Kommunikation hier extrem, wo ist die (deutsche) Effizienz???  Viele Prozesse dauern sehr lange und sind unorganisiert. Projekte können nicht durchgeführt werden und es gibt oft keine klaren Ansagen. Auch das ist nicht gerade fördernd für die Motivation.

Die Wochenenden sind geil, raven gehen hier macht mehr Spaß als in Berlin. Alles ist neuer und unverbrauchter, die Locations sind geil, die Musik ist geil, der Konsum ist geil und die Leute sind geil. Aber um das mehr genießen zu können will ich etwas an meiner Zeit unter der Woche verändern. Die ganze Woche vor sich hinzudümpeln, um am Wochenende Spaß zu haben ist nicht geil.

Nächste Woche ist das Zwischenseminar und ich freue mich schon sehr auf neuen Input.

Gerade also eher пиздец, aber ich bin motiviert das zu ändern. damit es bald пиздатo ist.

Ist wirklich alles so anders?

                        

 

Ich bin jetzt seit mehr als einem Monat hier und ehrlich gesagt kommt es mir länger vor. Die aufregende Phase des Neuentdeckens ist vorbei und der Alltag hat sich eingespielt, obwohl das auch nicht hundertprozentig stimmt, weil doch jeder Tag ein bisschen anders ist.

Ich kann sagen, dass ich mich hier mittlerweile so weit zuhause fühle, wie das möglich ist. Ich kenne meine Metro-Linien auswendig und bin genervt, wenn Leute das Fahrkartensystem nicht direkt verstehen und die ganze Schlange aufhalten. Apropos Schlange, die ist hier echt wichtig und man sollte nicht trödeln oder sich vordrängeln oder irgendetwas tun, was das Prinzip der Schlange stört. Stammt noch aus der Zeit der Sovietunion.

Letzten Montag bin ich in meine (erste!) eigene Wohnung gezogen und ich liebe es. Sie ist genauso, wie ich mir immer meine erste Wohnung vorgestellt habe: Klein, etwas verranzt und sporadisch, aber heimelig. Streng genommen ist es noch nicht meine eigene Wohnung, da meine Vermieterin Lena gleichzeitig meine Halbzeitmitbewohnerin ist. Sie wird bald einen Deutschen heiraten und nach Berlin ziehen, aber bis der ganze organisatorische Kram bezüglich Visum erledigt ist, wird sie noch hierbleiben. Damit habe ich aber kein Problem, sie ist superlieb, spricht Deutsch und wir verstehen uns gut. Gestern Abend haben wir Wein getrunken und auf ihre Freunde gewartet, die ihr Bett abgeholt haben. Außerdem raucht sie genauso viel wie ich und das ist ziemlich geil, weil die Wohnung keinen Balkon hat und wir am Fenster rauchen bzw ich in meinem Bett rauchen kann.

Ihre Katze Dosha  hat mein Bett zu ihrem Zuhause gemacht und wer Katzen hat weiß, dass man das nicht hinterfragt. Meine Naps finden also in komischen Positionen statt, um sie nicht zu stören.

Was Freizeit und soziale Kontakte betrifft, bin ich ziemlich zufrieden. Ich mache ehrlich gesagt weniger mit den anderen deutschen Freiwilligen als gedacht, aber das finde ich nicht schlimm. Ich habe ein paar ukrainische Leute getroffen und mit denen unternehme ich öfter etwas.

Nach der Arbeit, die meistens gegen 14:00 vorbei ist, trete ich meinen einstündigen Heimweg an. Dann wird erst mal gechillt. Ich bin leider etwas zu oft auf Netflix, aber gegen Abend gehe ich meistens noch mal raus, um etwas einzukaufen. Ich gehe fast jeden Tag einkaufen, weil irgendwas immer fehlt. Stichwort Wasser. Dieses ganze Containergeschleppe geht mir echt auf die Eierstöcke und das anfallende Platik überfordert mich immer noch. Hat mich aber auch dazu gebracht, „kreativ“ zu werden. Die leeren Container werden zu Mülleimern, leere Milchflaschen zu Aschenbechern (besser als Wasserflaschen weil sie haben eine größere Öffnung) und andere Flaschen werden als Gläser benutzt.

Am Wochenende war ich das erste Mal Raven und es war sehr geil. Ich bin immer wieder überrascht, wie einfach es ist, bei TechnoRaves Anschluss zu finden und coole Leute zu treffen. Ich war da mit zwei Deutschen, habe sie aber fast direkt verloren und schwupssdiwupps fand ich mich am nächsten Morgen/Mittag in einer gemütlichen Runde im Studentenwohnheim wieder.

Ich habe mich gefragt, ob es hier wirklich so anders ist als in Berlin. Auf den ersten Blick würde ich nein sagen, da ich ähnliche Sachen mache, allerdings habe ich auch echt oft „Wow-Momente“, wo mir kleine und große Aspekte auffallen, die mich faszinieren. Eine kleine Sache ist zb, dass hier alle wahnsinnig Wert auf saubere Schuhe legen und ich mit meinen Dreckssneakern echt die Ausnahme bilde. Außerdem schmeißt man selten Kippen und die Straße.

Ich glaube der größte Unterschied ist wirklich die Mentalität. Zumindest die Jugendlichen, mit denen ich gesprochen haben, haben eine trockene, selbstironische Sicht auf die Lage der Ukraine und ihre Zukunft. „Life in Ukraine is suffering“ -klingt sehr hart, wird aber zynisch auf alles bezogen, auch wenn man zb mal die Metro verpasst.

Es gibt so viele verschiedene (An-)sichten auf die Ukraine, dass ich manchmal wirklich etwas überfordert bin. Ich denke, dass liegt an den ganzen verschiedenen Ereignissen und Einflüssen. Sowietunion, Euromaidan, Krim… Ich kann und will mir aber (noch) keine Meinung bilden, sondern versuchen so viele Meinungen wie möglich mitzubekommen.

 

PS: Selbstzweifel was ich hier mache habe ich nicht mehr, ich freue mich einfach hart meine Freunde bald wiederzusehen.

 

?? !! ?

Genauso wie der Titel dieses Eintrages fühle ich mich gerade.

Irgendwie bin ich ja schon angekommen, das merke ich daran, dass ich Sachen, die mich am ersten Tag erstaunt und fasziniert haben, mittlerweile fast gar nicht mehr bemerke. Zum Beispiel die Aussicht vom 14. Stock auf andere Platten ist nun alltäglich. Gleichzeitig fühle ich mich dennoch fremd und noch gar nicht angekommen. Ich habe nicht direkt Heimweh, weil ich mich zuhause auch mit Problemen rumschlagen müsste (aka was mache ich mit meinem Leben), aber total glücklich bin ich hier auch nicht. Ich glaube das Meiste, was ich vermisse sind feste Ansprechpersonen, obwohl ich hier echt Glück habe, da 3 weitere Freiwillige aus Deutschland in Kyiv leben.

Es ist echt komisch, weil ich einerseits schon einen Alltag habe, aber irgendwie auch gar nicht. Ich wache jeden Tag mit einem anderem Gefühl auf und und mit anderer Motivation. Im Großen und Ganzen geht es mir doch schon relativ gut, ich habe angefangen selber meinen Alltag etwas auszubauen. Anstatt dem täglichen Fahrrad fahren in Berlin (rip) habe ich mir jetzt vorgenommen, jeden Tag mindestens einmal die 14 Stockwerke mit der Treppe zu bewältigen, habs bis jetzt auch geschafft.

Was mich auch immer hilft sind die anderen Freiwilligen, wovon ich viele in den Herbstferien sehen werde.

fast schon zuhause?

Ich sitze gerade wieder in meinem Zimmer in Kyiv, nachdem ich das Wochenende in Krivoy Rog, bei der supertollen Hanna verbracht habe. Als ich nach 6h Fahrt am Hauptbahnhof ankam, hat es sich ein wenig so angefühlt, als würde ich nachhause kommen. Vergleichbar mit ankommen in Berlin und das darauf folgende erste Bier am Späti.

Das ist echt ein tolles Gefühl und dieses Wochenende hat mich auch sehr bestärkt und neue Motivation gegeben.

Krivoy Rog war sehr interessant, weil man echt sieht, wie reich die Stadt einst war. Jetzt sind viele Häuser heruntergekommen und zerfallen, aber ich konnte mir sehr gut vortstellen, wie es vor 10 Jahren gewesen sein konnte.

Ich bin echt dankbar für das Netz an Freiwilligen, welches Kulturweit uns mitgegeben hat. Zu zweit macht es fast Spaß, sich als Ausländer zu blamieren. Und mit wem sonst kann man superintime Gespräche mitten im Supermarkt führen? Ich finde es echt krass, wie wenig verbreitet Englisch ist, auch unter jungen Leuten. Zum Glück gibt es Google, wo man das Wichtigste übersetzen kann und wie ein Volltrottel bedeppert vor dem Gegenüber mit dem Handy rumwedelt. Alleine wärs mir vielleicht unangenehm, aber zu zweit macht das Spaß.

kiew ist nicht mehr da, sondern hier

Mein erster Tag ist fast vorbei und ich habe mich lange nicht mehr so fertig gefühlt. Nach 4 Stunden Schlaf saß ich heute morgen um 8 im Flieger und war viel zu müde, um wirklich zu realisieren was passiert. Als ich in Kiew landete, ging auch alles sehr schnell: Erstmal zur Gastfamilie, etwas essen (übrigens sehr leckeren Bortsch) und dann bin ich auch schon eingeschlafen. Dass ich mir ein Zimmer mit meiner 12-jährigen Gastschwester teilen muss, wusste ich zwar schon im Vorfeld, aber wie sehr es mich wirklich belasten würde war mir nicht klar. Seitdem ich 10 bin habe ich mein eigenes Zimmer und diesen Luxus eines Rückzugsortes, wo man auch mal in Ruhe seine Gefühle rauslassen kann, habe ich direkt vermisst.

Nach dem Schlafen waren wir spazieren und anschließend in der Schule, wo mir meine Kontaktperson meine Aufgaben erläutert hat. Direkt in der ersten Woche bei 32 AchtklässlerInnen vertreten? Diese Aussicht hat meine Stimmung nicht gerade verbessert und so wurde zuerst der Gemeinschaftsbalkon auf der 14. Etage und anschließend das Bad mein „Rückzugsort“. Als dann auch noch die Prepaidkarte gefühlt ewig nicht funktioniert hat, wars vorbei und die „Allergie“ hat reingekickt.

Jetzt sitze ich auf dem Bett und werde gleich schlafen gehen. Ich habe heute sehr schöne Eindrücke gesammelt aber natürlich war es sehr viel, da jetzt wirklich die Erkenntnis reingekickt ist, dass ich erstmal hier bin. Die Gespräche mit meiner Mama, meiner Freundin Au und meinen Mitfreiwilligen hier in der Ukraine haben mich sehr bestärkt und ich weiß, dass der harte Anfang irgendwann hoffentlich seinen Aggregatszustand wechselt.

Btw, der Ladenbesitzer neben unserem Haus hat meine armseligen Versuche auf ukrainisch eine Schachtel Kippen zu kaufen mit fließendem Englisch unterbunden, also ich werde hier schon zurecht kommen. 🙂

 

-Ira