Veliko Tarnovo oder Ostern mal anders…

Bunte Ostereier suchen, Schoko-Hasen vernaschen, Zeit mit der Familie verbringen – So habe zumindest ich meine Osterfeste der vergangenen Jahre in Erinnerung und es waren immer sehr schöne Osterfeste! Doch in diesem Jahr sollte alles anders kommen, denn dieses Osterfest verbringe ich in Bulgarien. Während in Deutschland also die Ostervorbereitungen auf Hochtouren liefen, war hier in Bulgarien noch ziemlich tote Hose. Warum? Im Gegensatz zu meiner Heimat ist Bulgarien größtenteils vom orthodoxen Glauben geprägt, was sich auch auf das Osterdatum auswirkt. Da Ostern bekanntlich ein beweglicher Feiertag ist, macht es sich eindeutig bemerkbar, dass im orthodoxen Christentum der julianische Kalender zur Bestimmung des Osterdatums verwendet wird, während hierfür in Deutschland zumeist der gregorianische Kalender Verwendung findet. Das kann nicht nur für uns Deutsche Freiwillige in Bulgarien zu einiger Verwirrung führen…

Ostern mal anders…

Trotz des unterschiedlichen Osterdatums ist eines jedoch in beiden Ländern gleich: Die Osterferien wurden von allen Schüler*innen schon heiß ersehnt! Um ehrlich zu sein, war ich persönlich am Anfang ein wenig überfordert mit der Tatsache, dass so kurz nach meiner Ankunft in Bulgarien schon Ferien sein sollen. Wo bleibt denn da die Zeit zum Einleben? Letztendlich war es aber vielleicht genau richtig, denn so bot sich mir die Möglichkeit meine deutschen Mitfreiwilligen in Bulgarien wiederzusehen und nach einigen Anlaufschwierigkeiten entstand ein Plan, um die Osterferien möglichst angenehm zu verbringen:

Am deutschen Karfreitag und somit dem letzten Schultag in Bulgarien machte ich mich nach den letzten DSD-Prüfungen auf den Weg nach Plovdiv, um dort die anderen vier Freiwilligen wiederzutreffen, was zu einem sehr freudigen Wiedersehen wurde! Bei einem gemeinsamen Restaurantbesuch und einer extra großen Pizza genossen wir die „Bulgarian Reunion“ bei der jeder von uns fünf besonders viel über seine Einsatzstelle und die neuen Erfahrungen zu erzählen hatte. Es tat gut sich auszutauschen und festzustellen, wie unterschiedlich doch unsere Einsatzstellen und somit auch unsere ganz persönlichen Erfahrungen sind. So haben sich innerhalb der letzten Wochen nicht nur unsere Wahrnehmungen von Stadt und Land verändert, sondern es haben sich auch viele weitere Gedanken in uns bewegt, die wir hier in Plovdiv miteinander teilen konnten.

Nach einer Nacht in der wunderschönen Stadt, von der ich leider noch nicht allzu viel zu Gesicht bekommen habe, machten Emma, Joyce, Katja und ich uns dann auf den Weg zu unserem ursprünglichen Ziel, einer ehemaligen, prunkvollen Hauptstadt Bulgariens: Veliko Tarnovo.

Die erste Herausforderung wartete schon am Busbahnhof auf uns: Werden wir es schaffen auf Bulgarisch ein Ticket für den Fernbus zu kaufen? Ich kann verraten, dass wir diese Herausforderung mit vereinten Bulgarischkenntnissen ohne größere Probleme meisterten und schon wenig später, nach einer etwas holprigen Fahrt, in Veliko Tarnovo eintrafen. Und Überraschung: Die Sonne strahlte vom Himmel, als wenn sie die grauen Wolken der vergangenen Tage wiedergutmachen wollte. Nach dem Bezug unserer Unterkunft, die wir problemlos über booking.com fanden, nutzten wir das gute Wetter natürlich gleich aus, indem unser Picknicktisch im Garten eingeweiht wurde.

Doch mit der Zeit saßen wir eher wie auf glühenden Kohlen, denn wir wollten doch etwas von der oft umschwärmten Altstadt sehen. Gemütlich schlenderten wir also durch die kleinen Gassen und statteten den vielen, süßen Handwerksläden einen Besuch ab. Dabei war es ganz schön schwierig sich nicht den gesamten Rucksack mit all den bulgarischen Souvenirs vollzuladen, doch glücklicherweise verbrauchten unsere warmen Jacken ziemlich viel Platz in den Rucksäcken und verhinderten somit große Einkäufe. 😉 Trotzdem schafften wir es am Ende des Tages um einige Лева leichter einer besonders guten Restaurantempfehlung Einheimischer zu folgen. So genossen wir ein Festmahl bei unglaublicher Aussicht. Falls also jemand eine Restaurantempfehlung für Veliko Tarnovo braucht, könnt ihr euch jederzeit an mich wenden! 😉

Streetart in Veliko Tarnovo

Die Altstadt

Zurück in der Unterkunft verriet uns ein kurzer Blick auf das Handydisplay zwei wichtige Dinge für den folgenden Tag: 1. Das Wetter sollte wesentlich schlechter werden. 2. Morgen ist Ostersonntag! Ich brauchte schon einen zweiten Blick auf das Handydisplay, um den bevorstehenden Feiertag tatsächlich zu realisieren, denn hier in Bulgarien war trotz vereinzelter Osterdeko, aus zuvor genannten Gründen noch gar keine Osterstimmung aufgekommen. Also mussten wir uns unsere Osterstimmung selber schaffen und so wurden kurzerhand Schoko-Osterhasen (Sie standen direkt neben den Schoko-Weihnachtsmännern!), Eier und Wachsmalstifte gekauft. Wozu Wachsmalstifte? Ganz einfach, wir brauchten eine praktische Möglichkeit, um Ostereier zu bemalen, da die Standardutensilien hier noch nicht zum Verkauf standen. So wurde abends kreativ eigene Osterstimmung produziert.

Auch wenn der Osterhase hier in Bulgarien nicht so weit verbreitet zu sein scheint, stattete er uns Freiwilligen in Veliko Tarnovo dennoch einen Besuch ab. 😉 So folgten am nächsten Morgen das obligatorische Ostereiersuchen und ein gemütliches Osterfrühstück. Aufgrund des stürmischen Wetters war zunächst keiner von uns wirklich motiviert die Wohnung zu verlassen, doch wir machten uns trotzdem auf den Weg zurück den Berg herunter in die Innenstadt. Tatsächlich meinte die Bulgarische Sonne es dann wirklich gut mit uns und verschaffte uns doch noch ostertaugliches Wetter, sodass unserem Plan die Überreste des alten Zarenpalastes „Tsarevets“ zu besichtigen nichts mehr im Weg stand.

„Die natürliche Felsenfestung auf dem Tsarevets-Hügel bildete das politische und geistliche Zentrum des zweiten Bulgarischen Reichs. (1186-1396) “ – Marco Polo Reiseführer

Der Mittelpunkt des Zweiten Bulgarischen Reichs: Die Festung „Tsarevets“

Die Überreste der Festung thronen noch heute mächtig auf einem Hügel in einer Flussbiegung des Flusses Jantra, sodass sie schon von weitem gut zu erkennen sind. Alleine durch diese exponierte Lage wird deutlich, dass es sich um die bedeutendste Burg des zweiten Bulgarischen Reichs handelt. Nicht zu erkennen waren von weitem jedoch ihre Ausmaße. Erst bei einem kleinen Rundgang entdeckt man immer mehr Details. Wir verbrachten einen gesamten Nachmittag auf dem weitläufigen Gelände und genossen die Sonne, den Ausblick und das alte Flair.

Den Ausblick genießen!

Einen Abschluss fand der gelungene Tag dann wieder in unserem Lieblingsrestaurant und anschließend in einer urigen, kleinen Bar, denn am nächsten Tag mussten wir uns leider schon wieder auf den Heimweg machen. Es war schon ein seltsames Gefühl, als sich unsere Wege in Veliko Tarnovo beziehungsweise in Plovdiv wieder trennten, doch es stand ja zum Glück schon fest, dass wir uns sehr bald wiedersehen werden…

Was ich nun also über mein diesjähriges Osterfest denke? Es war anders, anders als sonst… Anders würde ich aber nicht als schlecht definieren, denn mein diesjähriges Osterfest hatte seinen ganz eigenen Reiz. Es war nicht das Familienfest, wie ich es bisher gewohnt war, sondern ein Fest unter Freunden. Ein Fest, bei dem wir beim Suchen der Ostereier viele schräge Blicke von Bulgar*innen ernteten, die gerade auf dem Rückweg von ihrem Palmsonntags-Gottesdienst waren. So kommt es, dass ich in der nächsten Woche noch ein weiteres, ganz anderes Osterfest erleben werde, denn ich bin schon sehr gespannt auf die hiesigen Ostertraditionen!

Ein Gedanke zu „Veliko Tarnovo oder Ostern mal anders…

  1. Hey Ineke, das klingt ja alles echt super cool! 🙂 Du weißt ja, dass dieses Osterfest für mich auch komplett anders war hahaha. 😀 Freut mich jedenfalls, dass ihr zusammen so ein schönes Wochenende hattet und die Bilder sehen toll aus! 🙂 Liebe Grüße, Annika

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