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Erste Gedanken

Ich schreib hier jetzt einfach mal was…

Bereits knapp zwei Monate ist es her, dass ich, wie wir alle, die Nachricht erhalten habe, der Freiwilligendienst müsse leider abgebrochen werden. Mit meiner nicht-Ausreise hat sich für mich auch die Idee eines Blogs in Luft aufgelöst. Was sollte ich denn auch bitteschön auf einem Blog für Freiwillige berichten, wo ich noch nicht mal meine Einsatzstelle zu Gesicht bekommen hatte? Wer würde sich für meine Gedanken interessieren?

Inspiriert durch andere kulturweitler, unter anderem aus meiner Homezone, die  hier ihre Erfahrungen und Erlebnisse weiterhin festhalten, habe ich mich dazu entschlossen, auch mal ein bisschen los zu schreiben. Zwar sind meine Reisemöglichkeiten im Moment fast komplett eingeschränkt, jedoch, oder gerade deswegen, habe ich die Zeit, gedanklich auf Reisen zu gehen, Dinge zu hinterfragen, Zukunftspläne zu schmieden oder neue Lieblingbeschäftigungen zu entdecken. Statt von meiner Arbeit im Geoprak „Grutas del Palacio“ im Südwesten Uruguays zu berichten (seufz, schön wär´s gewesen…) werde ich nun meine täglichen und stinknormalen Beschäftigungen und Überlegungen hier teilen. Sollte überhaupt jemand meine Texte lesen: „Herzlich Willkommen!“ 🙂

Was passiert hier gerade? Was mache ich hier?

Vielleicht geht es einigen von euch ähnlich , aber ich habe immer noch nicht richtig realisiert, dass ich dieses Jahr keinen Freiwilligendienst in meiner Einsatzstelle in Uruguay antreten werde. Ich weiß, dass die meisten von euch sehr wütend und enttäuscht waren und sind – ich bin es auch. Doch überraschenderweise war meine erste Reaktion auf die Mail von kulturweit sehr gefasst, so als hätte ich es bereits geahnt. Ja, ich würde sogar sagen, dass ich nach dem Vorbereitungsseminar sehr angespannt war und am liebsten sofort losfliegen wollte, aus Angst, dass das Coronavirus mich doch noch an meiner Ausreise hindern könnte, was es dann ja auch tat. Ich hatte gerade alle meine Sachen fertig gepackt, als ich meiner Mutter mit ausdrucksloser Miene erzählte, ich würde nun die nächsten sechs Monate doch zu Hause verbringen. Sie war es, die statt meiner anfing zu weinen. Womöglich, weil sie mich jetzt doch noch ertragen musste.. (kleiner Scherz ;))

Viele von euch saßen zu diesem Zeitpunkt bereits im Flieger, hatten ihre Wohnungen vermietet oder Jobs gekündigt. Ich habe das Glück, noch bei meinen Eltern zu wohnen, somit besteht mein einziges „Problem“ darin, herauszufinden, was ich in den nächsten Monaten alternativ machen kann. Zurzeit soll jeder seine sozialen Kontakte so weit wie möglich minimieren, große Veranstaltungen sind verboten. Vermutlich hatte ich deswegen am Anfang nicht allzu große Probleme, zu Hause zu bleiben und kaum etwas zu unternehmen . Meine ständige Sorge, etwas zu verpassen, blieb aus, da ja nichts stattfand. Mit der Zeit wurde ich trotzdem unruhig. „Wie kann ich hier untätig rumsitzen sitzen, während andere Leute durch den Virus in ihrer Existenz bedroht sind?“, fragte ich mich. Leider habe ich zwei Risikopatienten in meiner Familie, weswegen die meisten ehrenamtliche Tätigkeiten für mich nicht in Frage kommen und ich den FWD am Freitag beendet habe. Gerade bin ich dabei, mir ein paar digitale Alternativen zu suchen.

Trotzdem sich langsam ein Rhythmus einpendelt, kommen mir die letzten Wochen doch eher vor, wie verlängerte Sommerferien. Die Tage kommen und gehen, plätschern vor sich hin und immer wieder frage ich mich, was ich eigentlich gerade hier mache. Immer wieder holt mich das schlechte Gewissen ein. Doch muss ich mich überhaupt schlecht fühlen? Ist es nicht auch mal in Ordnung, nicht so viel zu tun? Wenn ich schon nicht nach Uruguay kann? Denn schließlich habe ich mir diese Situation, wie alle anderen auch, nicht ausgesucht.

Mein neuer Freund Horsti

So habe ich es mir zum Beispiel nicht ausgesucht, niemanden (bis auf meine Eltern) mehr in den Arm nehmen zu dürfen. Dabei ist doch gerade das essentiell für´s Glück, wie ich in den letzten Wochen feststellen musste. Diese Körperkontaktentzugserscheinungen haben bei mir bereits  Auswirkungen auf anderer Ebene angenommen. Zum Beispiel züchte ich seit zwei Wochen einen Sauerteig im Kühlschrank heran, den ich von ganzem Herzen hege und pflege und liebevoll „Horsti“ getauft habe…

Neben Horsti habe ich in dieser Zeit noch ein paar weitere neue Hobbys entdeckt, von denen ich in den nächsten Texten bestimmt mal berichten werde!

Unter anderem zählt dazu auch Schlafen… Deswegen wünsche ich allen imaginären (oder vielleicht auch nicht imaginären?) Leser/innen eine gute Nacht. Bis bald! 🙂