Fernwehstiller Ukraine

Zwischen Langweile und vielen Fragen

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Das letzte Wochenende war bei mir von Langeweile geprägt. Ich habe meine Wochenenden in der letzten Zeit so genossen einfach mal viel Zeit zu haben. Aber irgendwann hat man davon dann auch genug. Die SchülerInnen hatten vor der DSD-Prüfung wiedermal keine Zeit, die Studentinnen schreiben gerade an ihrer Masterarbeit. Nachdem ich Samstagsvormittag schon trainiert habe, einkaufen war und gekocht habe, war alles getan, was ich mir vorgenommen habe. Nachmittags bin ich noch ins Café gegangen und habe etwas gelesen. Aber danach wusste ich nichts mehr mit mir anzufangen. Also hab ich dann ganz unbewusst um acht Uhr das Licht ausgemacht und wollte schlafen. Das ist aber eben auch mal eine Erfahrung, in ein paar Monaten werde ich mich wahrscheinlich an diese Zeit zurücksehnen. Am Sonntag bin ich in eine Nachbarstadt gefahren, die ein berühmter Kurort sein soll. Nicht besonders spannend, aber immerhin habe ich den Tag deutlich besser verbracht als den Vortag. Ich hätte auch nie gedacht, dass ich mich samstags schon auf Montag freue..

Die Woche hat dann aber zum Glück deutlich besser begonnen als das Wochenende. Ich war ich in zwei neuen 6. Klassen und zwei 7. Klasse. Hier wird oft das Spiel „heißer Stuhl“ gespielt. Einer setzt sich auf einen Stuhl in die Mitte, die anderen in der Klasse müssen fünf Minuten ganz viele Fragen stellen. Natürlich war ich diesmal an der Reihe. Aus fünf Minuten wurden 45 Minuten, sodass ich mich allen möglichen Fragen durchlöchert wurde. Und das dann gleich vier Mal diese Woche. Aber da sich die anderen Klasse, in denen ich bin, sich so langsam an mich gewöhnen und manche mich mehr oder weniger als selbstverständlich wahrnehmen, war es nochmal ganz schön so aufgeregte und neugierige Kinder um mich zu haben. Durch meinen neuen Stundenplan kann ich leider nur noch einmal die Woche in meine Lieblings fünfte Klasse gehen. Dafür ist die Freude dann immer umso größer, wenn ich dann mal wieder da bin.

Montag und Dienstag fanden die Mündliche Prüfung der DSD-Prüfung statt. Auch wieder eine kleine Abwechslung, sodass der erste Teil der Woche schnell vorbeiging.

Bei den mündlichen Prüfungen durfte ich einen Nachmittag zuhören. Dafür bin ich im Nachhinein sehr dankbar.

Mir ist der Unterschied zwischen dem deutschen und ukrainischen Schulsystem nochmal bewusst geworden. Was den Unterricht der anderen Fächer angeht, kann ich aus persönlichen Erfahrungen nichts sagen. Aber trotzdem glaube ich, dass beide Schulsysteme ganz andere Schwerpunkte haben. Was besser ist, will und kann ich nicht beurteilen. Ich kann nur meine Beobachtungen schildern.

In Deutschland werden ab der achten Klasse Argumentationen geschrieben. Inhaltsangaben werden noch früher gelernt. Diskutieren wird beinahe in jedem Fach geübt, Präsentationen werden auch irgendwann zum Schulalltag. Und das alles auch bald in den Fremdsprachen. Dass Präsentationen nicht zum Schulalltag gehören wie in Deutschland ist mir schon früher aufgefallen. Meine Betreuerin hat mir erzählt, dass die SchülerInnen im Deutschunterricht das erste Mal Argumentationen, Diskutieren und Sachverhalte von verschiedenen Seiten betrachten lernen, in den anderen Fächern steht das wohl nicht auf dem Lehrplan.

Das Prüfungskomitee bestand aus der Deutschlehrerin, einer weiteren Lehrerin und dem Fachberater, der das deutsche Schulsystem „vertritt“ und danach auch bewertet. Das, was er bei den Präsentationen kritisiert hat, konnte ich gut nachvollziehen. Genau das hätten meine LehrerInnen oder auch die SchülerInnen beim Feedback bemängelt. Für die Lehrerinnen war das gar nicht zu verstehen und waren nach den zwei Tagen regelrecht ratlos, weil sie nicht nachvollziehen konnte, dass die Präsentationen insgesamt einfach nicht dem entsprachen, wonach man in Deutschland bewertet. Und das auch beim zweiten Teil, in dem Fragen gestellt wurden. Man wollte die SchülerInnen etwas von ihrer Position abbringen, dass sie auch die Gegenseite betrachten, so wie das in Prüfungen oft ist. Ich hatte das Gefühl, dass sie das in der Prüfungssituation so schnell nicht durchschaut haben. Da merkt man vielleicht, dass sie sich in den letzten Jahren eben nicht so intensiv damit beschäftigt haben, wie das die SchülerInnen in Deutschland müssen.

Aber alle SchülerInnen haben die mündliche Prüfung bestanden, die Freude war dementsprechend groß.

Der Rest der Woche war teilweise etwas langweilig. Ende des Jahres werden in Deutsch Klassenarbeiten geschrieben. Ansonsten werden immer nur kleine Tests geschrieben, die circa 20 Minuten dauern. Also müssen die Lehrer im Moment viel wiederholen, haben viel Stress. Entweder wird in der ganzen Stunde Grammatik wiederholt oder es werden eben Arbeiten geschrieben. Trotzdem gab es ab und zu auch einige Stunden, in denen ich mit den SchülerInnen diesmal zum Thema Weihnachten einiges spielen und singen konnte.

In weniger als einer Woche fliege ich schon nach Deutschland. Aber dafür brauche ich endlich meine Visumsverlängerung, die ich immer noch nicht abholen konnte. Ohne die „ID-Karte“ kann ich weder ausreisen, weil mein Visum eigentlich schon seit zwei Wochen abgelaufen ist. Und ohne verlängertes Visum kann ich im Januar auch nicht wieder einreisen. Eigentlich wollte ich alleine nach Lviv gefahren, aber mein Gastvater wollte das unbedingt mit mir zusammen machen. Letzte Woche hatte er dazu aber keine Zeit, also darf nächste Woche wirklich nichts mehr schief gehen.

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