Kapitel 4: Was ich eigentlich mache

Wie bereits angekündigt, möchte ich heute von meiner Arbeit berichten und in diesen Zusammenhang nochmal kurz erklären, wie ich überhaupt nach Kampala gekommen bin.

Alles hat damit angefangen, dass ich vor dem Ende meines Masters gerne noch mehr praktische Erfahrungen im Bereich Journalismus sammeln wollte und das am liebsten im Ausland. Durch meine Freundin Leonie bin ich schließlich auf kulturweit gestoßen. Das ist ein internationaler Jugendfreiwilligendienst von der UNESCO-Kommission, der vom Auswärtigen Amt gefördert wird. Kulturweit schickt jedes Jahr junge Menschen in verschiedene Länder in Afrika, Asien, Lateinamerika, Teile von Europa, den Nahen Osten und in die GUS. Dort arbeiten die Freiwilligen dann in verschiedenen Einsatzstellen, um berufliche sowie persönliche Erfahrungen zu sammeln und neue Perspektiven zu gewinnen. Der Aufenthalt dauert entweder 6 oder 12 Monate und wird von einem Seminar vor der Ausreise, einem während der Ausreise und einem nach der Ausreise begleitet. Die Seminare sind meiner Meinung nach nicht nur wichtig, weil sie eine gute Möglichkeit bieten, sich mit anderen auszutauschen, die gerade ähnliche Erfahrungen durchleben, sondern vor allem auch, um sich selbst und die eigene Rolle als Freiwillige*r kritisch zu hinterfragen.

Internationale Freiwilligendienste wurden in den letzten Jahren – zu Recht – immer wieder hinterfragt. Kritisiert wird zum Beispiel, dass diese Dienste eine Fortsetzung der kolonialen Strukturen seien, dass Freiwillige sich in den Ländern als die überlegenen „weißen Retter“ fühlen würden oder auch dass der Dienst nichts weiter als ein bezahlter „Abenteuer-Urlaub“ sei, den sich nur eine bestimmte soziale Schicht leisten kann. Ich denke, dass diese Kritik in einigen Fällen durchaus berechtigt ist und dass auch kulturweit bestimmt noch einiges verbessern könnte. Die kritischen Seminare sind meiner Meinung nach aber ein wichtiger Schritt und haben zumindest mir persönlich schon viel gebracht. Zu einer abschließenden Meinung bin ich trotzdem noch nicht gekommen. Daher berichte ich jetzt erstmal von meiner Arbeit.

In Kampala arbeite ich bei der Deutschen Welle Akademie, die oft mit der Deutschen Welle, also dem deutschen staatlichen Auslandsrundfunk verwechselt wird. Beide gehören zwar zusammen, aber im Gegensatz zu der Deutschen Welle produzieren wir bei der Deutschen Welle Akademie nicht selbst journalistische Inhalte, sondern wir arbeiten mit Medienpartnern in verschiedenen Ländern zusammen. Das Ziel ist es, vor Ort die Medienentwicklung und die Pressefreiheit zu stärken. In dem Büro in Kampala sind wir nur zu dritt: eine deutsche Chefin, eine ugandische Projekt- und Finanzassistentin und ich als Freiwillige. Da wir so ein kleines Team sind, wurde ich bereits vom ersten Tag an gut in den Arbeitsalltag integriert und darf auch zu allem Meetings und Workshops mit.

Es gibt nicht unbedingt einen typischen Tagesablauf bei uns, da unsere Arbeit immer projektabhängig ist, aber ich würde sagen, dass wir insgesamt 70 Prozent unserer Zeit im Büro verbringen. Dort erledige ich vor allem administrative Aufgaben, die mal mehr und mal weniger spannend sind, wie zum Beispiel Mails beantworten, Recherchen zu bestimmten Themen durchführen, bei der Planung von Workshops helfen, unsere Arbeit dokumentieren und ganz wichtig: unseren wöchentlichen Pressespiegel vorbereiten. Dafür lese ich jeden Tag lokale und überregionale Zeitungen und fasse wichtige Artikel in einem Dokument zusammen, damit wir und unsere Kolleg*innen in Deutschland einen Überblick haben, was aktuell in Uganda und angrenzenden Ländern passiert. Das kann manchmal sehr aufwändig sein, weil ich dafür jede Woche über 100 Artikel durchlese. Gleichzeitig bekomme ich auf diese Weise interessante Einblicke in die ugandische Medienlandschaft und gesellschaftspolitische Ereignisse, die natürlich auch für unsere Arbeit sehr wichtig sind.

Der Teil, der mir aber am meisten Spaß macht, ist die Zusammenarbeit mit unseren Partnerorganisationen. Die Deutsche Welle Akademie hat in Uganda nämlich kaum eigenen Projekte, sondern unterstützt lokale Organisationen bei der Planung und Umsetzung ihrer Aktivitäten. Gleich in meiner ersten Arbeitswoche war zum Beispiel ein Workshop des Projekts Women@Web, das sich länderübergreifend für digitale Sicherheit, speziell für Frauen, einsetzt. Dazu haben sich fünf Tage lang verschiedene Expertinnen wie Journalistinnen, Aktivistinnen oder auch Anwältinnen aus mehreren ostafrikanischen Ländern zu Themen wie Medienkompetenz, Datenschutz und Umgang mit Cyber-gewalt ausgetauscht.

Beim Women@Web-Workshop

Eine Organisation, mit der wir auch viel zusammenarbeiten, ist Media Challenge Initiative (MCI). Das ist ein junges Team von Journalist*innen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Schüler*innen und vor allem Journalistik-Student*innen das journalistische Handwerk zu vermitteln. Sie sagen, dass in ugandischen Schulen und Universitäten oft nur theoretisches Wissen gelehrt wird und den jungen Menschen bei ihrer Ausbildung die praktische Erfahrung fehlt, die sie auf dem Arbeitsmarkt aber dringend brauchen würden. Deswegen organisiert MCI grundlegende Trainings für journalistische Berichterstattung und Workshops in Bereichen wie Radio, Podcast, TV und Mobile Reporting. Meine Aufgabe ist es dann, Fotos und Videos von diesen Events zu machen und wenn es zeitlich passt, darf ich auch mal selbst an einem Training teilnehmen.

MCI Training

Ich persönlich habe am meisten mit der Organisation CEMCOD zu tun, die vor ein paar Jahren ein Projekt begonnen hat, bei dem sie Menschen in ländlichen Regionen Ugandas zu sogenannten Bür-gerreportern ausbildet. Die Bürgerreporter*innen sammeln Geschichten aus ihren Dörfern und schicken diese dann an eine ausgewählte Radiostation. Dadurch soll sichergestellt werden, dass in den Nachrichten auch über Themen berichtet wird, die Menschen in ländlichen Regionen betrifft. In der Regel sind die Medienhäuser in Uganda nämlich nur in den großen Städten vertreten und berichten hauptsächlich über Dinge, die dort relevant sind. Und dass, obwohl in Uganda eigentlich über 80 Prozent der Bevölkerung auf dem Land wohnt.

Während des Projekts hat sich herausgestellt, dass die Medien nun zwar auch über Missstände in den Dörfern berichten, sich dadurch aber noch nicht viel für die Menschen ändert. Daraufhin hat CEMCOD regelmäßige Treffen in den Dörfern eingeführt, bei denen die Bewohner mit den zustän-digen Entscheidungsträgern über aktuelle Themen diskutieren können und darin gestärkt werden, für ihre Rechte einzustehen. Vor ein paar Wochen war ich das erste Mal bei so einem Treffen dabei und fand es super spannend, auch wenn ich leider nicht viel verstanden habe, da alle Diskussionen auf Luganda waren und meine Sprachkenntnisse längst nicht gut genug sind, um komplexe Themen zu verstehen.

Gemeindetreffen in Wakiso

So viel erst mal zu meiner Arbeit. In meinem nächsten Beitrag werde ich dann von unserem Zwischenseminar berichten, von dem wir letzte Woche zurückgekommen sind und das auf jeden Fall sehr spannend war.