Mein rotes Heft

Seit meiner Ankunft vor etwa einer Woche habe ich einen kleinen Begleiter: Mein rotes Vokabelheft. Ich habe es in meinen Koffer gepackt mit dem Gedanken, neue Französischvokabeln zu notieren. Und obwohl auch mein Französisch noch sehr holprig ist und ich andauernd mit Spanisch durcheinander komme, habe ich meinen Plan bereits am ersten Abend erweitert. Mein kleines rotes Heft hat eine neue, zweite Aufgabe. Ich lerne Ewe.

Französisch ist offizielle Amtssprache in Togo und jede Person, der ich begegnet bin, spricht auch fließend Französisch. Meine Gastfamilie und alle Familien bei uns zuhause unterhalten sich in ihrem Alltag jedoch auf Ewe. Ewe ist ebenfalls Amtssprache Togos und in Ghana, Benin und Togo verbreitet. Ewe wird von über drei Millionen Personen gesprochen. Ewe ist zudem eine tonale Sprache, bei der sich mit Tonhöhe und -verlauf auch die Bedeutung eines Worts verändert. Für meine Ohren hört sie sich erst einmal ungewohnt an, gerade auch weil sie mit keiner Sprache verwandt ist, die ich kenne.

Sprache lernen – ankommen.

Das Lernen einer Sprache macht mir Spaß: Ich bin neugierig, wie sich Worte an Worte fügen. Wie sich alles irgendwann zusammensetzt, wie ein Puzzle. Aber viel wichtiger: Das Lernen einer Sprache bedeutet für mich: Offen sein. Lust haben auf Begegnungen, auf Menschen, auf Augenhöhe. Eine Sprache bedeutet für mich: Ankommen, Zuhause sein. Mit meinem Vokabelheft in der Tasche hatte ich bis jetzt nirgends ein Problem, ein Gesprächsthema zu finden. Und es hatte noch niemand etwas dagegen, mir ein paar Worte oder Phrasen auf Ewe beizubringen, oft freut sich mein Gegenüber über meine Bemühungen.

Wezo lo: Willkommen. Do me to: Gut gearbeitet? Oda alo njueria: Gut geschlafen? Beim Versuch, zu lernen und die Wörter auszusprechen, muss ich mich ziemlich lustig anhören. Ich weiß, dass ich mich zum Clown mache, aber das ist ja auch gar nicht so schlecht. Meine Gastmutter bricht regelmäßig in lautes Lachen aus: Tu me fais rire. Du bringst mich zum Lachen. Ich freue mich – was will ich mehr?

ko le du?

Die anderen Mieter und Mieterinnen auf dem Grundstück mit ihren Kindern helfen mir auch sehr bei meinem Vorhaben, Ewe zu lernen. Sie haben immer eine neue Frage für mich parat, wenn wir uns begegnen. Ole si wa: Hast du dich schon geduscht? Ko le du: Was isst du gerade? M y la ahomea: Bist du zuhause? Satz für Satz schreibe ich alles mit provisorischer Lautschrift auf, um es mir merken zu können. Noch ist es natürlich sehr schwierig, da ich noch keine Struktur kenne und keine Ahnung habe, wie ein Satz überhaupt aufgebaut ist. Besonders mit der Frage, wie es mir geht, bin ich noch überfordert. Ich vermute, dass diese von der Tageszeit abhängt und davon, ob ich mein Gegenüber heute bereits gesehen habe.

Ich bin guter Dinge. Noch verstehe ich kaum ein Wort, wenn wir alle zusammen beim Essen auf der Terrasse sitzen. Aber ich halte mich an eine Aussage, die mir hier täglich begegnet. Eleyi. Es wird werden. Hoffentlich.

Ein Gedanke zu „Mein rotes Heft

  1. Oh du Arme…Jetzt tut richtig deinen Kopt weh, kann mir schon vorstellen. Ewe und Franzoesisch zusammen zu lernen? Obwohl es ein vershiedenes Dialekts gibts, muss ich nur Deutsch lernen und verbessern. Aber trotzdem tut manchmal meinen Kopf weh :D. But I know you can learn fast…Stueck fuer Stueck…All the best
    LG aus Berlin

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