Waren Sie schonmal in Zakopane ?

Heute folgt noch ein kleiner Nachtrag von Ereignissen, die schon etwas länger zurückliegen, aber meiner Meinung nach doch noch einen verspäteten Blogartikel verdienen. An „Majówka” dem langen Maiwochenende 01.05.-05.05. fand nämlich die Realisierung eines Vorhabens statt, dass mein Freiwilligenkollege und ehemaliger Schulfreund Emil aus Zielona Góra und ich schon länger im Hinterkopf hatten. Kleine Hintergrundgeschichte:

Acht Meter Schnee… im Mai

In Klasse 12 hielten der gute Emil und ich im Fach Polnisch eine Präsentation zum Thema „Berge in Polen“, die in einer regnerischen Nachmittagsaktion vorbereitet wurde. Als sich nun die beiden wanderbegeisterten Buben die Ergebnisse der Google-Bildersuche zu „Tatra“ und „Bieszczady“ zu Gemüte führten, enstand schnell eine gemeinsame Idee: Wir gehen in der Tatra wandern !

Dass eine Realisierung so schnell möglich war, wussten wir damals natürlich noch nicht, da noch garnicht klar war, dass wir beide Freiwillige in Polen sein würden. Aber das Schicksal ist ja bekanntlich manchmal lustig drauf und so startete unsere feste Planung bereits im Januar 2019, als ich Emil in Ziolna Góra besuchte. Schnell hatten wir mit Anja, Kulturweitfreiwillige in Przeworsk, und Amelie, ebenfalls ehemalige Schulkameradin und derzeit in Lublin, auch noch zwei reizende Begleiterinnen an unserer Seite. Danach ging alles fix, Route, Reservierungen und Busverbindungen standen und es konnte losgehen.

Bis an die Zähne bewaffnet mit rieseigen Rucksäcken, Müsliriegeln und dicken Klammotten wackelten wir darum am 01.05. um 07:40 zum Bus und lernten direkt unsere erste Lektion: Wir waren offensichtlich nicht die einzigen, die in die Tatra wollten. Ohnehin gilt das erste Maiwochenende sogar als Hochsaison in der Tatra, da in diesem Zeitraum in ganz Polen durch den Verfassungsfeiertag am 03.05, frei ist. Zusätzlich dazu gilt Krakau noch als Umschlagpunkt für alle Tatra-Reisenden, da es sehr gute Verkehrsanbindungen nach ganz Europa bietet, aber gleichzeitig nur wenig von der Hohen Tatra entfernt liegt.

So standen wir also morgens vor unserem gebuchten Bus, bis uns der genervte schulterzuckend Busfahrer erklärte, sein Bus sei voll und er würde uns nicht mitnehmen. Immerhin klappte es mit dem nächsten, aber schade Geld war es trotzdem.

Unser Bus fuhr uns also nach Zakopane (die „Hauptstadt“ der Tatra), wo wir direkt weiter nach Łysa Polana fuhren, von wo aus unser erster Aufstieg zum Morskie Oko begann. Dabei handelt es sich um eine der größten Naturattraktionen in ganz Polen, nämlich der viertgrößte und tiefste See der ganzen Hohen Tatra. Dabei gelegen direkt zu Füßen des offiziell höchsten Gipfels in Polen, den Rysy (ca. 2500 m). Da der Weg durch ein langes Tal führt und auf einer Strecke von etwa 10km nur ca. 300 Höhenmeter ansteigt, ist diese beliebte Attraktion auch sehr leicht für etwa Familien mit Kindern oder ältere Menschen zu erreichen. Auf dem Asphaltieren Wegen fahren sogar Pferdekutschen im gefühlten 30-Sekunden-Takt bis fast zum See und wieder zurück. Geruhsames, idyllisches Wanderfeeling ? Fehlanzeige.

Wir verbrachten also den ersten „Wandertag“ damit, den gemeinsamen Trott zusammen mit den tausenden anderen Touristen in 2 Stunden zur Hütte zu schlendern und uns dort angekommen kräftig zu langweilen. Immerhin hatten wir uns mit den Klamotten nicht verkalkuliert. Ab einer Höhe von etwa 1400 Höhenmetern lag nämlich noch eine fast geschlossene Schneedecke. Dazu waren uns ordentlicher Regen und Temperaturen knapp unter 10°C vorausgesagt worden. Und das Wetter hielt Wort.Bedingt dadurch mussten wir leider auch einige Routen ändern, da wir weder Steigeisen noch Eispickel dabei hatten, um in einer Höhe ab 2000 m zu wandern.Trotzdem liefen wir an diesem Tag noch um das Morskie Oko und stiegen bis zum „Czarny Staw pod Rysami“, zum „Schwarzen See unter den Rysy“ auf. Was uns immerhin auf eine Höhe von knapp 1500 m und in Distanz der trubeligen Menschenmassen an Hütte und Aussichtsterasse brachte.

Das Morskie Oko („Meerauge“)

Die tapfere Wandergruppe am „Czarny staw“

 

Früh aufgestanden stand uns am nächsten Tag eine etwas längere Tour bevor, denn wir liefen bis zu r Hütte „Murowaniec“, wozu wir wieder ein Stück des alten Wegs mit den gewohnten Menschenmassen liefen. Groß war aber die Erleichterung, als wir uns endlich auf einem kleinen Waldweg von den Massen trennten und fortan nur noch ein paar wenige anderer Wanderer trafen. Ursprünglich hatten wir zwar geplant vom Morskie Oko über einen Sattel ins nächstgelegene Tal zu laufen, doch dieser Weg war wegen Lawinengefahr noch gesperrt. Und auch wenn wir an diesem Tag noch in etwas tiefern Lagen liefen, machte uns der Schnee doch manchmal noch sehr zu schaffen, da er doch ganz schön das Gleichgewicht beeinflusste..

Nach einer geruhsamen Nacht in der Hütte, die mich an die Bergtouren meiner Kindheit in den Alpen erinnerte, ging es am nächsten Tag wiederum weiter zur nicht weit weit entfernten „Hala Kondratowa“, einer sehr urigen kleinen Berghütte, die wirklich sehr zu empfehlen ist, für jeden der das urige Wanderhütten-feeling liebt. Dazu führte uns unser Weg wieder ein Stück abwärts bis fast nach Zakopane, doch wurden wir von starken Regenfällen an diesem Tag etwas verzögert. Angekommen in der Hütte und halbwegs getrocknet und verköstigt beschlossen wir erneut eine kleine Tour für den Nachmittag, da wir uns wieder nicht genug herausgefordert fühlten. So stiegen wir noch am Nachmittag auf den Grenzkamm der polnisch-slowakischen Grenze auf, der sich auf etwa 2000 m befindet. Etwas mehr Schneeschmelze hatte glücklicherweise schon eingesetzt, weshalb der Aufstieg hier auch ohne Steigeisen möglich war. Aussischt gab es leider keine so großartige, da sich das meiste der Landschaft in dichtem Nebel versteckte.

                                                                                           

Wunderbar urige „Hala Kondratowa“

Da wir am Samstag Anja, die einen Tag eher fuhr, ins Tal zum Bahnhof begleiteten, hatten wir an diesem Tag auch endlich einmal die Gelegenheit, uns Zakopane richtig anschauen zu können. Besonders beeindruckte uns dabei die prächtige einheimische Holzkunst an vielen Häusern in der ganzen Stadt. Selbstverständlich erstickten auch in der Hauptstadt der Tatra die Straßen fast an Menschen, doch daran störten wir uns nicht, immerhin hatten wir sehr zu besprechen und zu bestaunen. Auch verschlug es uns an diesem Abend noch zu einem Jazzkonzert in einem der zahlreichen Hotels, das einen schönen Ausklang des Tages markierte, bevor wir wieder zur Hütte aufstiegen.

Leider viel zu früh machten wir uns am Sonntag schon wieder an den Abstieg nach Zakopane, um rechtzeitig unsere Busse nach Kraków und Lublin zu erreichen und dabei noch etwas die letzten Tage vorbeiziehen zu lassen. Während unseres Abstieges begann es sogar zu schneien, was uns zum dem Schluss brachte, dass das Wetter alles in allem garnicht so schlecht war.

In jedem Fall hatten wir uns einen Kurzurlaub Anfang deutlich anders mit weniger Schals und Mehr kurzen Hosen vorgestellt.

Liebe Amelie, liebe Anja und lieber Emil, ich danke euch für die krass coole Realisierung dieses Projekts, für jedes schöne Gespräch, jedes Kartenspiel, und jede Mahlzeit, die wir geteilt haben.

Das war eins der großen Ziele meiner Zeit hier in Polen, und wir haben es gemeinsam verwirklicht.

Danke euch,

Moritz