Wo ist mein Wasser? – Leider kein Spiel.

Ich würde gerne ein Erlebnis mit euch teilen.

Gestern Abend kam eine Freundin vorbei zum gemeinsamen Kochen. Das Essen war fast fertig und köchelte nur noch auf dem Herd vor sich hin. Ich wollte noch etwas Wasser hinzufügen, um sicherzugehen, dass nichts anbrennt. Als ich jedoch den Wasserhahn aufdrehte und mein Glas darunter hielt – passierte nichts.

Völlig irritiert schaute ich meinen Mitbewohner an, der hier aufgewachsen ist. Er lief sofort los, um auf dem Dach die Wassertanks zu begutachten und kam zurück mit dem Ergebnis: „They’re empty“.

Was im Klartext heißt, dass wir kein Wasser mehr haben. Mein Mitbewohner wusste, wie man auf solche Situationen reagiert und ging zwei Pakete mit Wasserflaschen kaufen. Es dauert eine Weile bis mir bewusst wurde, was es bedeutet, leere Wassertanks zu haben. Als ich auf Toilette ging, reichte das Wasser noch für genau eine Spülung und das Rinnsal aus dem Hahn hielt auch nicht lange an. Meinen nächsten Toilettengang habe ich mir dann für die Bar aufgehoben, in die wir später noch gegangen sind.

Das Essen wurde trotzdem fertig und der Abend noch sehr schön, doch so ganz realisiert habe ich nicht was passiert ist. Mein Mitbewohner hat mich lachend gefragt, ob dass das erste Mal für mich sei, dass mir das Wasser ausgehe. Dies bejahte ich und dachte gleichzeitig an die Situation, wenn in Deutschland mal wegen Bauarbeiten das Wasser für wenige Stunden abgestellt wird. Man erhält lange im Voraus einen Brief, der die Reparaturen ankündigt.

Diese Erfahrung ist insofern wichtig für mich, als dass sie mich zum ersten Mal trotz meiner Privilegien als Weiße mit deutschem Pass den israelisch-palästinensischen Konflikt unmittelbar spüren lässt.

Es ist leicht die Checkpoints, Zusammenstöße oder generell die Besatzung zu vergessen, wenn man nicht jeden Tag von Jerusalem nach Ramallah pendelt oder sich bewusst mit Nachrichten konfrontiert, wie als letzte Woche eine Palästinenserin am Checkpoint Qalandiya erschossen wurde. In der großen Auswahl an schönen Cafés und coolen Bars übersehe ich so etwas viel zu leicht.

Zumal ich den Diskriminierungen, die um mich herum passieren keine eigenen Erfahrungen hinzufügen kann, denn bei meiner Einreise habe ich den Checkpoint in einem Fahrzeug mit diplomatischem Kennzeichen überquert. Dementsprechend durfte das Auto nicht einmal angehalten werden.

Für mich heißt es jetzt erst einmal warten, bis der allwöchentliche Tag kommt, an dem die Leitungen wieder freigeschaltet sind, damit wir unsere Wassertanks auffüllen können.

 

Ein interessanter Artikel der Heinrich-Böll Stiftung:

Zugang zu Wasser – eine Glückssache

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