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Wochenendausflug ins Rila-Gebirge

„Wie oft muss man mit dem Kopf gegen die Wand rennen
Um für sich selber zu erkennen:
Wenn es gut ist wird es schön sein und ein Leben lang passieren
Wenn es böse ist dann beißt es und du wirst es schnell verlieren
Wenn es gut ist wird es da sein wann immer du es brauchst
Wenn es böse ist dann beißt es und dein Herz
Gibt langsam auf“
(Olli Schulz – Wenn es gut ist)

„Au! Au! Au!“ schreien meine Oberschenkel und erinnern mich freundlichst daran, dass auch sie Gefühle haben. Die Treppen im Goethe-Institut, die ich normalerweise hopse statt laufe, schleiche ich heute hinunter. Jeder Schritt tut weh. Gemeinsam mit vier anderen Freiwilligen habe ich das Wochenende genutzt, um im Rila-Gebirge wandern zu gehen. Was als Erinnerung bleibt sind nicht nur tolle Fotos, sondern eben auch der Muskelkater.

Das Rila-Gebirge befindet sich südwestlich von Sofia und ist ungefähr in zwei Stunden mit dem Auto oder dem Bus zu erreichen. Zumindest theoretisch. Es ist das höchste Gebirge des Balkans. Mittendrin befindet sich eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten Bulgariens: Das Rila-Kloster. Es liegt etwa 1150 Meter über dem Meeresspiegel. Wer den Blick über die sieben Rila-Seen genießen möchte, muss nochmal 1000 Meter höher steigen. Fotos, die dabei entstehen, können praktischerweise direkt in den sozialen Medien verbreitet werden: Mein Handy, das in Berlin oft Probleme hat das Internet zu finden, zeigte mir hier oben vollen Empfang an.

Unser Ausflug begann am Samstagmorgen am Busbahnhof in Sofia. Nur dank der Hilfe eines freundlichen Bulgaren war es uns gelungen, die letzten fünf Tickets für den Bus nach Dupnitza zu ergattern. In diesem erlebten wir dann die erste wirkliche Herausforderung unserer kurzen Reise: Niemand hatte uns über die Nummerierung der Sitze aufgeklärt. So sorgten wir für etwas Chaos und mindestens zehn Minuten Verspätung, in dem wir an der zweiten Haltestelle eine Mischung aus „Bäumchen, Bäumchen wechsle dich“ und „Stuhltanz“ aufführten.

In Dupnitza stiegen wir in einen kleineren Linienbus um. Warum mir dieser so normal und bekannt vorkam, erkannte ich erst nach einem Blick in Richtung Busfahrer. Über dessen Kopf klebte das Schild: „Nicht während der Fahrt mit dem Fahrer sprechen“. Die Sticker an den Fenstern wiesen mich auf den Notausgang hin. Leider stand nirgendwo, in welcher deutschen Stadt dieser bulgarische Linienbus früher einmal Passagiere von A nach B gebracht hatte.

Die letzten Kilometer bis zum Sessellift, mit dem wir dann richtig ins Gebirge hochfahren wollten, legten wir mit einem klapprigen Minivan zurück. Warum die Polizei den Fahrer unterwegs anhielt und dessen leere Trinkflasche kontrollierte, ist mir leider bis heute noch ein Rätsel. Dank meiner Höhenangst wurde auch die Fahrt im Lift für mich zur großen Freude. Angespannt klammerte ich mich mit der einen Hand an meinem Rucksack und mit der anderen Hand an der Halterung fest. Zu keiner Bewegung fähig, harrte ich aus und fragte nur immer wieder im jammernden Tonfall, wann diese Fahrt nur endlich vorbei sei. Der Vorteil war: Ich freute mich umso mehr, als ich endlich wieder festen Boden unter den Füßen spüren konnte.

Nach einer kurzen Pause begannen wir den Aufstieg zu den Rila-Seen. Von dort aus stiegen wir in ein Tal hinab, in dem wir die Nacht in einer Berghütte verbringen wollten. An der Berghütte begrüßten uns freilaufende Hunde, Katzen und Pferde. Und das Gefühl, vom Rest der Welt wirklich ganz weit weg zu sein. Der Betreiber der Hütte erzählte uns, dass es in wenigen Tagen Schnee geben würde. Obwohl die Hütte eigentlich überbelegt war, fanden auch wir glücklicherweise noch einen Schlafplatz. Und da der zwar warm, aber nicht sonderlich bequem war, fiel es nicht einmal mir am nächsten Morgen schwer, um 6 Uhr das Bett zu verlassen, um den Abstieg in Richtung Rila-Kloster zu beginnen.

Der Abstieg lässt sich eigentlich nur mit dem Wort: ANSTRENGEND erklären. Mal steil, mal steinig, mal rutschig führte uns der Weg durch hohes Gras, Rhabarberfelder und am Ende auch noch durch einen Wald. Belohnt wurden diese Strapazen mit dem Anblick des Rila-Klosters. Da ich mich dann jedoch für den Shopska-Salat und gegen das Museum entschied, kann ich darüber an dieser Stelle auch gar nicht so viel schreiben. Außer: Es sah wirklich sehr schön aus.

Die Wanderung am Wochenende hat mich sehr an meine Zeit auf dem spanischen Jakobsweg erinnert. Vor allem an die Lektion, die ich dort gelernt habe: Der Weg gibt dir was du brauchst. Ich meine das gar nicht so esoterisch, wie es vielleicht klingt. Ich meine damit eher, dass ich in Spanien gelernt habe, die Dinge etwas gelassener anzugehen. Und ein ähnliches Gefühl überkam mich am Samstag, kurz nachdem ich meine Wanderschuhe angezogen hatte. Ich wusste, dass wir irgendwie ankommen würden. Ich war dankbar für den freundlichen Bulgaren, der uns geholfen hatte, die Tickets zu kaufen. Und ich war mir sicher, dass wir in der Hütte einen Schlafplatz finden würden. In Spanien habe ich mir einen gewissen Pragmatismus angewöhnt, von dem ich hier, in der einen Woche, die ich erst hier in Bulgarien bin, schon sooft Gebrauch machen konnte.

Hier kann ich noch lachen: Foto vor dem Beginn der eigentlichen Wanderung. 

Das Rila-Gebirge hat unglaublich schöne Landschaften zu bieten.

Ein atemberaubendes Gefühl von Freiheit erwartete mich in der Berghütte.

Im Gebirge werden noch echte Pferdestärken für den Transport gebraucht!

Sind wir wirklich in Bulgarien und nicht in der Wüste?

„Uuuuuh, da gibt es Ponys!!!“

Baden leider verboten!

Ein Teil der kulturweit-Crew aus Sofia! 🙂

Das Rila-Kloster, das ich bestimmt nochmal in Ruhe und mit Zeit für die Kirche und die Museen besuchen werde.

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