Die Woche der toten Katzen und der erste Schnee (Tag 43-49)

Gleich das Update am Anfang: kein Wasser mehr auf dem Balkon!

Eine Erleichterung. Das Wasser vom Balkon zu entfernen war ne ganz schön anstrengende Aufgabe morgens. Doch ich habe dadurch so viel Energie bekommen, dass ich gleich noch am Dienstag auf den Markt losgezogen bin. Dort habe ich einen Mandarinengroßeinkauf gestartet. Das deutsche pendant zum Kohl. Und die dicksten Socken wurden auch gleich noch besorgt. Jetzt weiß ich, wie sich warme Füße anfühlen! Eine ganz neue Erfahrung. Den Rest vom Tag war ich mit Online-Unterricht beschäftigt. So ging es auch am Mittwoch weiter. Am Abend bin ich mit Jasmin und Soner spazieren gegangen und wir haben eine sehr leckere Pizza gegessen und unglaublich lange geredet und Einkaufspläne für Freitag gemacht. Ab Samstag gibt es in ganz Bulgarien einen Lockdown und die Malls haben geschlossen. Deshalb haben wir am Freitag ein Taxi genommen, weil ich ein Paket irgendwo im Industriegebiet abholen musste. Das war größer als gedacht. Beim Warten auf das Taxi habe ich die erste tote Katze meines Lebens gesehen. Kein schöner Anblick.

Stolze und neugierige Paketbesitzerin

Danach ging es weiter zur Post und dann ab ins Schulmuseum. Echt eine gute Idee so ein eigenes Museum in der Schule. Danach waren Soner und ich noch sein Handy abholen, im Schreibwarenladen und bei Billa. Zuhause habe ich dann mit Freuden festgestellt, dass ich einen Adventskalender geschenkt bekommen habe! Ich habe mich riesig gefreut. Der trägt sehr zu meiner Weihnachtsstimmung bei. Dann habe ich Paula, die mit dem Zug aus Sliven angereist ist, abgeholt.  Von der ersten Sekunden an haben wir bis circa drei Uhr nachts geredet und gelacht. Mit leckerem Gemüsereis, Wein und Eis geht die Zeit auch ganz schnell um. Natürlich hatten wir die glorreiche Idee nach nur 4 Stunden schlaf aufzustehen um auf den Flohmarkt zu gehen. Leider habe ich absolut keinen Plan mehr gehabt wo der sein sollte und als wir ihn endlich gefunden hatten gab es nichts außer einem Stand mit was wohl?

Natürlich Kohl! Das war also ein absoluter Reinfall. Um den Morgen zu retten haben wir uns dann also aufgemacht das Monument im Morgenlicht zu erkunden. Trotz strahlendem Sonnenschein war die Atmosphäre dort wie immer sehr düster. Nach einem Fotoshooting, haben wir die Sonne genossen.

Dann ging es zurück und unter die dringend notwendige Dusche und danach nochmal ins Bett. Am Nachmittag haben wir uns dann auf den Weg zur Tombul Moschee gemacht.

Vom Kontrast der Äste gegenüber dem Himmel fasziniert

Auf dem Rückweg haben wir uns noch wunderschönen Kuchen in einer Konditorei gekauft. Dann wurde wieder gekocht. Jeden Abend rote Beete, weil Paula circa ein Kilo davon mitgebracht hat und ich zuerst ganz schockiert dachte, sie hat blutigen Schinken dabei. Aber rote Beete Salat kann ich sehr empfehlen.

Haferflocken pimpen übrigens alles auf

Bulgarisch haben wir auch ein bisschen gelernt und dann haben wir noch einen Film geschaut und darüber geredet, was für gute Gespräche wir die beiden Tage hatten und wie schnell man die ganzen Erkenntnisse wieder vergisst, wenn man es sich nicht aufschreibt.

Am nächsten Morgen gab es Porridge als Stärkung für unseren Ausflug nach Madara. Nach einer für uns viel zu kurzen Zugfahrt auf der wir die Hälfte der Zeit mit dem Kontrolleur auf Deutsch geredet hatten kamen wir in Madara an. Im wunderschönen Winterlicht kam uns die ganze Szenerie und der Weg zum Nationalpark total unwirklich vor.

Eine glückliche Paula
Kirche auf dem Weg

Am Touri-Parkplatz angekommen hatte ich das erste Mal wirklich auch das Gefühl ein Tourist zu sein. Es waren erstaunlich viele Leute unterwegs. Wie beim Schumen Plateau gab es auch hier wieder temple run Treppen. Allerdings mit sehr viel weniger Stufen.

Gekommen sind wir um das Unesco Weltkulturerbe, den Reiter von Madara zu bestaunen, nachdem wir den allerdings fast übersehen hätten, waren wir von der Landschaft an sich sehr viel mehr beeindruckt. Die haben wir so ausführlich betrachtet, wie andere Gemälde im Museum.

Nachdem wir total ausgekühlt noch mit wunderschön herbstlicher Aussicht eine Orange gegessen hatten ging es wieder runter vom Plateau und zu im Zwielicht sehr gruseligen Höhlen, die definitiv noch einmal bei Sonnenschein betrachtet werden müssen.

Leider waren wir schneller am Bahnhof als gedacht und waren so am frieren, dass es unmöglich erschien noch eineinhalb Stunden auf den nächsten Zug zu warten. Also liefen wir durch das ausgestorbene Madara und stießen vor einem Minimarkt auf eine Gruppe von Bulgaren. Mit Hilfe von Google-Übersetzer hat Paula es geschafft ihnen zu vermitteln, ob sie uns ein Taxi rufen können, was sie auch sofort getan haben. Da standen wir also in einem kleinen Dorf, aßen unsere letzen belegten Brötchen im Dunkeln und dazu noch Schokolade, während neben uns in der Runde das Feierabendbier getrunken wurde und haben uns so ins wirkliche leben der Bulgaren versetzt gefühlt.

Dabei war eine unserer Erkenntnisse des Tages, dass man auf die oft gestellte Frage: „Und, wie isses in Bulgarien so?“ Nicht mit einem Satz antworten kann. Mittlerweile habe ich schon so viele verschieden Eindrücke gehabt von der Landschaft, dem Wetter und den Leuten, dass es einfach unmöglich ist zu beschreiben wie es ist. Außerdem sind wir 8 Freiwillige in Bulgarien, die 8 unterschiedliche, wenn vielleicht auch ähnliche Eindrücke über Bulgarien gewinnen und doch erlebt jeder ein ganz anderes Bulgarien. Einfach phänomenal!

Das Taxi war so warm und wir so glücklich. Auch wenn wir osemdeset i shest (86) verwechselt haben mit einer selbstausgedachten 86 sind wir sicher am Ziel angekommen und waren froh über meine Wohnung, die so in etwa ein Grad kälter als draußen ist und deshalb erst einmal geheizt werden musste. An diesem Adventssonntag gab es neben meinem traurigen Grablicht als Adventskranz, den ersten Lebkuchen und abends, nachdem ich ein Päckchen aus dem Adventskalender ausgepackt hatte sogar noch mehr Kerzen.

Es weihnachtet sehr.

Weitere gute Gespräche später ging es dann erschöpft ins Bett. Der nächste Morgen, also heute, stellte sich als stressig heraus, da wir viel zu lange im Bett liegen blieben, dann ganz aufgeregt waren, weil wir bemerkt hatten, dass es schneit und im Anschluss ganz schnell zum Bahnhof gelaufen sind und wie die Deutschen die wir sind brav über den Bahnübergang gerannt sind, während alle anderen die Abkürzung über die Gleise nahmen. Nachdem Paulas Zug abgefahren ist und somit unser verlängertes WG-Wochenende zu Ende ging, wollte ich auch wie die anderen über die Gleise gehen, was sich sofort rächte, da ich nun die zweite tote Katze der Woche sah. Wirklich schrecklich. Im Schneeregen und eisiger Kälte ging es für mich zurück in die Wohnung und wer sich jetzt wundert, dass ich den Abschied von Paula so kurz  nur erwähnt habe, das liegt daran, dass ich nach etwa zwei Stunden einen Anruf von ihr bekam, ob sie wohl noch eine Nacht bei mir schlafen kann, da sie ihren Ausstieg verpasst hat und in Varna ist. Also geht das WG-Leben heute Abend nochmal in die Verlängerung.

Im Moment bin ich von heute auf morgen irgendwie so sehr wie noch nie in Weihnachtsstimmung. VIelleicht liegt es daran, dass ich etwas vertrautes suche, jedenfalls machen mich der Anblick der weißen Dächer und der warmen Lichter in den Häusern, den Höhlen des 21. Jahrhunderts, ganz wohlig und glücklich. Ich höre freiwillig Weihnachtslieder, trinke Tee und esse Lebkuchen und freue mich ungemein auf morgen, wenn die Weihnachtsbeleuchtung in der Stadt angeht und der kleine Weihnachtsmarkt beginntt. Zum Glück ist das schon morgen!

 

Human of Shumen

Hallo ihr Lieben,

Ich bin Andreya oder Ani 16 Jahre altes Mädchen aus Novi Pazar. Meine Stadt ist in der Nähe von Shumenungefähr 20km. In der Nähe von Novi Pazar sind Madara und Pliska. Sie sind wichtige Sehenswürdigkeiten für die lange bulgarische Geschichte. Pliska ist die erste Hauptstadt von Bulgarien. Madara ist mit den Thrakern und ihrer Kultur verbunden. Rund um Shumen gibt es viele schöne Landschaften, die sie sehen können.

In meiner Freizeit tanze ich bulgarische Volkstänze. Auf dem Foto bin ich in bulgarischer Volkskleidung nosiya gekleidet. Die bulgarischen Tänze sind ein Symbol für die bulgarischen Traditionen und Kultur. Ein einfacher Tanz, der an allen Feiertagen getanzt wird, heißt pravo horo“.

Mein größter Traum ist es, eine gesunde und glückliche Familie zu haben. Als Beruf möchte ich Zahnarzt oder PRund Werbeagent eines großen Unternehmens werden. Ich liebe die Sprachen, aber die Biologie und die Chemie finde ich auch interessant. Ich überdenke die Variante, in Deutschland zu studieren. Dort kann ich eine bessere Ausbildung bekommen.

Letzte Woche war ich zu Hause und habe online gelernt – nichts Interessantes. Über das Wochenende war ich mit Freunde und meiner Familie zusammen. Am Samstag haben wir die Schönheit des vergangenen Herbstes gefangen. Auf den Fotos bin ich mit meiner besten Freundin Martina und mit meinem Freund Radoslav.

Am Sonntag war ich mit meiner Cousine in Sofia für eine Fotoshooting. Es war für Weihnachten. Hier ist ein Foto.

In dieser für alle schwierigen Situation ist es das Wichtigste, gesund zu sein und mit unseren Familien zusammen zu sein. Liebe deine Familie und Freunde!