Der vielleicht vorletzte Eintrag

Als ich das letzte Mal was von mir habe hören lassen, habe ich ja bereits erzählt, dass Probleme bezüglich meines Visums bzw. meiner Aufenthaltsgenehmigung aufgetreten sind. Leider hat sich das alles immer noch nicht geklärt, sodass für Amelie und mich nicht nur unser eigentliches Zwischenseminar in Odessa, Ukraine ausgefallen ist und wir auch nicht zu dem Seminar in Budapest fahren konnten, was eine Woche später, also letzte Woche, stattfand und uns von kulturweit als Alternative vorgeschlagen wurde, nein, mittlerweile ist es auch so weit, dass unser Visum in zwei Wochen abläuft und wir dann das Land verlassen müssen. Das würde für mich konkret bedeuten, dass ich spätestens am 10.12.2017 Belarus verlassen werde und mein FSJ frühzeitig beenden muss, falls ich nicht eine andere Möglichkeit finde oder eventuell ein neues Visum beantragen kann. Darüber habe ich mir bisher allerdings noch nicht allzugroße Gedanken gemacht, weil mir hier jeder versichert hat, dass sich diese Probleme bald lösen würden und ich die Aufenthaltsgenehmigung bald hätte. Hat leider so nicht geklappt und langsam wird es Zeit, sich einen Notfallplan zu überlegen. Gleichzeitig hat sich bei mir heute auch Wehmut eingeschlichen, weil ich mir einfach nicht vorstellen kann, dass dieses Abenteuer, was mir so viel Spaß macht und eigentlich bis Ende August dauern soll, in zwei Wochen zu Ende sein soll. Aber noch kann ich hoffen, zwei Wochen sind noch einige Arbeitstage und da kann viel passieren. Angeblich soll diesen Freitag sogar die Entscheidung gefällt werden (mal wieder). Solange bleibt mir aber nichts anderes übrig als weiter zu hoffen und zu bangen und den anderen Freiwilligen hier in Belarus zuzugucken, wie sie alle nach und nach ihre Aufenthaltsgenehmigungen bekommen. Zum Glück werde ich bei diesem Wahnsinn nicht allein gelassen, sondern einfach toll von vielen Leuten unterstützt: zuallererst meine Ansprechperson Olga, die jeden Tag, teilweise sogar mehrmals an einem Tag, bei den Behörden anruft, Druck macht, nach Neuigkeiten fragt und wieder und wieder unsere Aufgabe hier erklärt. Heute hat sich alle Unterlagen noch einmal nach Minsk an eine andere Mitarbeiterin geschickt, weil die sich das alles unbedingt nochmal durchlesen mussten und unsere ersten Unterlagen scheinbar verschwunden sind. Dann natürlich das Goethe-Institut mit Tanja und Marina, die immer und immer wieder bei der Botschaft anrufen, nach Neuigkeiten fragen und wieder um Unterstützung bitten, obwohl auch die ersten beiden Male keine Antwort auf das Unterstützungsschreiben kam. Und auch kulturweit erkundigt sich aus Deutschland immer wieder bei uns, ob wir denn was Neues wissen und hat sich heute auch noch einmal an die Botschaft gewandt, mal sehen, ob sich irgendetwas davon am Ende auszahlt.

Ansonsten waren die letzten Wochen für mich sehr entspannt. Anders als vermutlich alle anderen Freiwilligen musste ich kein Zwischenseminar besuchen, sondern saß ganz entspannt bei mir in der Wohnung. Glücklicherweise hatte ich mir gar nicht erst die Mühe gemacht, meine Tasche zu packen, da konnte ich mir das Auspacken gleich sparen. Während die anderen also über ihre Sorgen, Probleme, Wünsche, Hoffnungen und anderen Erfahrungen geredet haben, war ich in der Schule beschäftigt. Allerdings hatte ich vorletzte Woche eigentlich meine Lieblingsstunden überhaupt! Montag und Dienstag war ich bei den drei achten Klassen von Olga und habe einen Großteil des Unterrichts gestaltet, da Olga langsam die Ideen ausgegangen sind, was man denn alles zum Thema Taschengeld bespechen könnte. Jedenfalls hat das sehr viel Spaß gemacht, weil die Schüler super motiviert waren und Olga in den Stunden total entspannt und locker drauf war. Den Donnerstag in der Woche habe ich die Olympiadestunde zum Thema Freundschaft gestaltet und versucht, den Achtklässlerinnen alle Sprichwörter und Redewendungen näherzubringen. natürlich durfte ich auch noch in andere Klassen, zum Beispiel eine 4., eine 7. und eine 5. Klasse. Meine restliche Freizeit und die Wochenenden habe ich überwiegend damit zugebracht, die ersten drei Staffeln von Teenwolf zu suchten 😀 Vorletzten Samstag habe ich mich mit einer Freundin getroffen, die mich mit auf eine Art Konzert von verschiedenen einheimischen Künstlern genommen hat. Überraschenderweise war das wirklich gut und ich freue mich, dass hoffentlich demnächst zu wiederholen.

Letzte Woche hat genauso angefangen, wie die davor aufgehört hat. Ich habe ganz entspannt ein paar Stunden in der Schule verbracht, unter anderem habe ich mit Amelie in einer 9. Klasse über eine gesunde Lebensweise gesprochen, bis ich Mittwochabend nach Minsk gefahren bin. Das Goethe-Institut hatte mich und Chiara, die andere Freiwillige, die ein Jahr bleibt, eingeladen, um an einer für Jugend debattiert international teilzunehmen, was jetzt auch in Belarus eingefürt wird. Drei Tage haben wir also am GI verbracht und gelernt, wie wir den Schülern das Debattieren beibringen können, was hier vollkommen unbekannt ist. Unsere Freizeit haben Chiara und ich größtenteils damit verbracht fancy (und teuer für belarussische Verhältnisse) essen zu gehen, durch die Stadt zu laufen und zu schlafen. Am ersten Abend im Hostel habe ich nach einem einsamen Abendessen in der Gemeinschaftsküche des Hostels auf Chiara gewartet und dabei einige sehr interessante Bekanntschaften geschlossen. Während ich am Anfang noch mit zwei osteuropäischen Männern dasaß, waren es am Ende sechs und irgendwie alle wollten sich mit mir unterhalten. Am skurrilsten war definitiv der Belarusse, der mich direkt mit einem Handkuss begrüßt hat. Sehr nett war auch der Serbe, der wegen eines Fußballspiels in der Stadt war. Am meisten habe ich mich aber über die Bekanntschaft mit dem Letten gefreut, der lustigerweise genau in der Region in Deutschland Waren ausfährt, aus der ich komme und deshalb auch sehr gut Deutsch spricht. Er hatte sogar seinen Führerschein dabei, der im Schwalm-Eder-Kreis ausgestellt wurde. Als ich ihm dann erzählt habe, was ich hier in Weißrussland mache, war er sehr neugierig und hat viel nachgefragt. Den Höhepunkt hat unser Gespräch aber erreicht als ihm wieder einfiel, wo Röllshausen (der Name meines Dorfes, nichtmal die meisten Deutschen kennen es) liegt: „Röllshausen? Das liegt doch neben Schrecksbach auf dem Weg nach Ziegenhain?! Da bin ich schon durchgefahren!“ Ich denke dazu kann man nur eins sagen: Die Welt ist eben doch klein. Jedenfalls kam dann auch bald Chiara an und nachdem ich alle einander vorgestellt hatte, ist der Lette einkaufen gegangen und Chiara und ich haben uns unterhalten. Als der Lette wiederkam, hat er mir eine große 200g Tafel Schokolade geschenkt, einfach, weil er es so toll fand, dass ich aus Röllshausen komme (und ich es nicht minder toll, dass er es überhaupt kennt!). Samstag ging es für mich zurück nach Maladetschna, wo ich den ganzen Abend total erledigt auf dem Sofa lag – so ein dreitägiges Seminar ist eben doch anstrengender als man denkt. Sonntag war wieder ein Runder Tisch in der Bibliothek in Maladetschna, wo ich diesmal eine Präsentation über Weihnachten in Deutschland gehalten habe. Es waren sehr viele Kinder und Schüler da und es hat mega viel Spaß gemacht. Am Ende hat mich eine Deutschlehrerin von einer anderen Schule zu sich in den Unterricht eingeladen und die Lehrerin der Privatschule für Deutsch und Englisch hat angeboten, mich mit zum Schlittschulaufen zu nehmen. Und ich habe mal wieder eine Tafel Schokolade geschenkt bekommen. Besser kann es doch eigentlich gar nicht sein 🙂 Anschließend bin ich mit Vera, einer Freundin hier, noch kurz in ein Café gegangen, wo es für uns beide einen heißen Kakao gab. Lustigerweise haben wir dabei festgestellt, dass wir beide riesige Biathlon-Fans sind und uns erstmal ausführlich über die ganzen Athleten unterhalten. Am Ende haben wir beschlossen, das definitiv mal zusammen zu gucken!

Heute musste ich wieder in die Schule. Ich hatte allerdings mal wieder gar nichts zu tun und so saß ich eigentlich nur im Lehrerzimmer rum, bis eine Lehrerin Amelie und mir Tee angeboten hat. Danach sind wir, weil wir zu faul zum Kochen waren, noch in ein Café gegangen und haben den Tag ganz entspannt zuerst da, dann im Kaufhaus und anschließend in der Wohnung verbracht.

In der Hoffnung, dass ich mich nächstes Mal mit besseren Neuigkeiten melden kann, mache ich hier Schluss. 🙂