Schulportrait

Ein eher kleineres, doch langsam sehr notwendiges Projekt: Das Schulportrait auf der pasch-net.de Website aktualisieren. Dort sind alle Pasch-Schulen gelistet, mit der Möglichkeit, sich dort vorzustellen. Auch die Hauptschule Nr. 1 in Chambarack ist dabei gewesen; dieses Schulportrait war allerdings schon sechs Jahre alt.

Also habe ich mir acht Schüler und Schülerinnen der 8. Klasse geschnappt, die ganz gut in Deutsch sind und motiviert genug, auch außerhalb der Schule ein bisschen zu arbeiten. Mit ihnen zusammen habe ich erst das alte Schulportrait gelesen und ein wenig erklärt worum es geht, danach durften sie sich aufteilen und eines der vier Themen, in die ich den Text unterteilt hatte (Chambarack, die Schule im Allgemeinen, der Deutschunterricht, die PASCH-Initiative und ihre Bedeutung für die Schule), wählen.

Eine Woche hatten sie Zeit, um Informationen zu sammeln, Fotos zu machen und einen kurzen Absatz zu ihrem Thema zu schreiben. Tatsächlich waren auch alle Gruppen, bis auf die drei Jungs, rechtzeitig fertig und ich konnte mich daran machen, die Texte zu korrigieren und sie in ein wenig geschliffeneres Deutsch zu bringen; eine Anforderung, die man 13-jährigen im Fremdsprachenunterricht nicht wirklich abverlangen kann.

Das Ergebnis findet sich unter: https://www.pasch-net.de/de/par/spo/eur/arm/3360417.html

Yes lav em

Die Tage gehen vorüber wie Perlen an einer Kette, fädeln sich auf zu Wochen, einer nach der anderen, und nun schon zu einem Monat…

Ein… interessant geformter Baum. Ich glaube immer noch, dass sich dort ein Portal verbirgt.

Ich muss vor allem eine Sache sagen: Es geht mir sehr gut hier. Besser, als ich es erwartet hätte. Yes schat lav em.

Meistens komme ich kurz nach dem Klingeln zur ersten Stunde in der Schule an. Dort korrigiere ich Tests, eine schön meditative Arbeit, die gut geeignet für die Morgenstunden ist, und plane meinen Tag. Manchmal hospitiere ich ein oder zwei Unterrichtsstunden, um zu sehen, welche Themen gerade durchgenommen werden, und auch um die Namen besser zu lernen. In der Pause zwischen der dritten und der vierten Stunde gibt es Kaffee im Lehrerzimmer. Ab und zu verpasse ich diesen jedoch leider, weil ich mit Schülern über etwas rede, sie an das nachmittägliche Treffen oder eine Aufgabe erinnern muss. Danach bereite ich meistens den Nachmittagsunterricht vor; zum Mittagessen gehe ich heim.

Am Sonntag: Wandern in Dilijan

Da ich momentan ein Projekt durchführe (mehr dazu bei Zeiten), verschiebt sich natürlich einiges, im Groben und Ganzen ist das jedoch das, was ich tagein tagaus so mache in der Schule. In der Realität ist es natürlich spannender als aufgeschrieben:

Die Fünftklässler erobern mit fleißigem Mitmachen und reingerufenen Komplimenten einen Platz in meinem Herzen; mit den Achtklässlern komme ich endlich dazu, am Schulportrait zu arbeiten und eine vierte Klasse, bei der ich vor ein paar Wochen Vertretungsunterricht gehabt habe, bittet Emma darum, dass ich wieder zu ihnen komme.

Am Abend gehe ich glücklich mit dem Tag ins Bett und am nächsten Morgen habe ich immer einen Grund mich zu freuen; ein Projekt kann in Angriff genommen werden, meine Lieblingsklasse ist heute dran oder der Wochenendsausflug nach Yerevan steht wieder bevor.

Dieser kleine Racker ist uns in Yerevan an zwei aufeinanderfolgenden Tagen hinterhergelaufen. Wir nannten ihn Fred.

Mit dem Armenischlernen mache ich leider etwas weniger Fortschritte; einen spontanen Test den ich schreibe bestehe ich mit genau der Hälfte der Punkte. Etwas mehr zu Lernen kann wohl nicht schaden.

Besonders genieße ich, wie die Arbeit in der Schule, die relativ ruhigen Nachmittage und Abende und die sprühenden Wochenenden in Yerevan sich abwechseln.

Ein bisschen Alltag…

Nach meiner Reise nach Tiflis habe ich nun etwas Alltag hinter mir – unterbrochen von drei Tagen Yerevan – der sich für mich nicht unbedingt weniger spannend anfühlt.

Am Mittwoch arbeite ich das erste Mal seit langem wieder mit meinem Deutsch-Club, den nachmittäglichen Übungsgruppen. Eigentlich möchte ich mit den 8. Und 9. Klässlern ein neues Schulportrait in Angriff nehmen, doch sie bitten mich darum, ihnen bei einem Videoprojekt zu helfen, dass von Eike, einem der Lehrer aus Bremen, aufgegeben wurde. Die Stunde verbringen wir also damit, auf dem Schulhof 20 kurze Vorstellungsvideos auf Deutsch zu drehen, bevor sich die Jugendlichen nach und nach heim verziehen.

Ein Zeichen des Winters, das mir heute auffällt: Zweimal laufen mit in der Schule kleine Mäuschen über den Weg, die vor der einbrechenden Kälte von den Feldern fliehen. Süß aber… befremdlich.

Donnerstag ist die 6. Klasse dran, eine Stunde, auf die ich mich eigentlich gefreut habe… Doch es sind mehr Kinder da, als ich erwartet habe. Zwischen 15 und 20 kommen und wieso, weiß ich ehrlich gesagt nicht, denn als hätten sie besonders viel Lust auf freiwilligen Unterricht wirken sie nicht. Zwar machen viele von ihnen begeistert mit, hopsen, sich verzweifelt meldend, auf ihren Stühlen herum und geben auch meist richtige Antworten, doch grundsätzlich herrscht ein Lärmpegel in der Klasse, gegen den ich nichts ausrichten kann. Als kleinen Trost hole ich mir drei große Granatäpfel, für umgerechnet ca. 1,02€ und in hundertmal besserer Qualität, als alles, was ich je in Deutschland gefunden habe.

Hier ist meine reguläre „Woche“ auch schon vorbei, denn am Freitag heißt es wieder Yerevan. Mit einer Gruppe von 9. Klässlern fahren die Russischlehrerin und ich um 10.00Uhr los, um eine Ausstellung des Mathematikums in Aachen und des Goethe-Instituts zu besuchen: Mathematik zum Anfassen. (http://mathematik-zum-anfassen.de/)

Abgerundet wird der Ausflug mit einem Besuch in der Pizzeria, bevor die Gruppe sich am Nachmittag wieder auf den Heimweg macht, während ich zur etwa zwei Kilometer entfernten WG spaziere. Da dies mein erster Freitagabend in Yerevan ist, bekomme ich heute auch endlich einmal etwas vom Nachtleben der Hauptstadt mit: Nach einigen Gin Tonics in der Wohnung ziehen in eine Bar, danach ins „Basement“. Lange bleiben wir nicht, und so lassen wir den Abend ab 2.30Uhr noch bei einem Käffchen und dem Erstellen diverser Memes auf der Couch ausklingen.

Sonntag geht es weiter mit dem Alkoholkonsum: Von Botschaftsmitarbeitern werden wir zum „Herbstgrillen“ in einer ziemlich reichen Umgebung eingeladen. Grillen mit Armeniern; das bedeutet, dass spätestens um 15.00Uhr der Vodka zu fließen beginnt. Nicht nur der handelsübliche, zur Feier des Tages wurde extra selbstgebrauter, 80%iger mitgebracht, von dem ich jedoch die Finger lasse. Stattdessen begnüge ich mich mit Sekt, Wein und Kaffee mit Schuss, schließlich steht mir Montagmorgen die anstrengende Rückfahrt in der Maschrutka bevor.

Auch wenn viele Ausflüge dies unterbrechen: Ich habe mehr und mehr das Gefühl, in einen Rhythmus zu kommen. Die Arbeit fühlt sich schon alltäglich an, wenn ich über die Freiwilligen in Yerevan rede, sage ich meistens „meine Freunde“ und in der Schule fühle ich mich schon so heimisch wie seinerzeit im Rhein-Gymnasium. Meine Einlebungsphase, so scheint es, ist vorbei.

Lucy

 

*Ich hatte diese Woche kein spannendes Foto… Beitragsbild sind die Kaskaden in Yerevan, Quelle pixabay 🙂

Biodiversität nebenan – Vielfalt im Kaukasus

Dies ist das erste Projekt, welches ich hier in Armenien durchgeführt habe, allerdings ist es nicht meine Idee gewesen, sondern eine Vorgabe des Goethe-Instituts. Der Anlass hierfür ist das Nachtreffen zum Pantiani-Sommercamp, bei welchem Schüler aus Armenien, Georgien und Aserbaidschan teilgenommen haben, vom 06.10. bis zum 08.10. in Tiflis. Hierfür sollen die fünf Schüler der 9. Und 10. Klassen, die aus Chambarack am Camp teilgenommen haben, eine Exkursion, ein Plakat sowie eine Schulaktion machen; zum Thema „Biodiversität nebenan – Vielfalt im Kaukasus“.

An einem Freitag, sechs Tage nach meiner Ankunft in Armenien, gehen wir zusammen in den Wald, wo die Schüler Fotos der Flora und Fauna machen, sowie ein paar Pflanzen zum Pressen sammeln. (Siehe mein zweiter Artikel ?)

Für das Plakat und die Schulaktion bleibt nun allerdings bis zur Deadline gefährlich wenig Zeit, und so kann es sein, dass wir den Schülern vielleicht etwas mehr unter die Arme griffen, als wir es normalerweise getan hätten… So werden allerdings unser wunderschönes Plakat und die Fotos der Präsentation, die sie in aller Schnelle halten, noch rechtzeitig eingesendet.

 

Zwei Wochen später wird es dann auch ernst: Am Sonntag, dem 06.Oktober holt uns ein Taxi ab und bringt uns nach Georgien. In Tiflis treffen sich verschiedene Schulen aus allen drei Ländern des Südkaukasus in dem hiesigen Goethe-Institut und die Schüler stellen ihre Projektarbeit vor, die sie zuhause vorbereitet haben.
Mit zwei Referenten aus Österreich erarbeitet die Gruppe in den zwei Tagen, die wir dort sind, eine Charta zum Umweltschutz, insbesondere zur Rettung der Bergregionen.

Auf dieser Internetseite sind auch alle Ergebnisse des Projektes veröffentlicht; zusätzlich dazu ein paar lustige Fotos: https://padlet.com/HAUP/goethe

 

Tbilisi loves you

Tiflis – was für eine Stadt! Nur drei Tage konnte ich in Georgiens Hauptstadt verbringen; diese reichten jedoch aus, um mich Hals über Kopf zu verlieben.

Schon bei unserer Ankunft am 06. Oktober zeigt sich uns Tiflis von seiner Schokoladenseite: Es ist Stadtfest und die Straßen sind erfüllt von orangegelbem Licht, rauem Gesang und glitzerndem Glück.

Am Abend spazieren Alma und ich durch den Friedenspark und bewundern die Wasserspiele. Leider (wahrscheinlich eher zm Glück) ohne in der Lage zu sein, uns an den vielen kleinen Ständen etwas zum Naschen kaufen zu können, denn weder mit Euros, noch mit Armenischen Dram kommen wir hier weiter.

Wir lernen Sonntag auch Hannah, eine andere kulturweit-Freiwillige und Theresa und Bernadette, zwei Praktikantinnen am Goethe-Institut kennen, mit denen wir Pizza genießen und die während des Projekts unsere bescheidenen Aufgaben teilen: Den Jugendlichen helfen und Kaffee kochen.

Unsere zwei Stunden Freizeit am Montagnachmittag verbringen Alma und ich mit Merrit, Julia und Christa (hier geht es übrigens zu Merrits Blog: https://tiflis-fuer-anfaenger.jimdofree.com/), den Freiwilligen, die ich beim Vorbereitungsseminar schon getroffen habe. Ein paar klasse, sehr quirlige Mädchen, die uns die Metrofahrt und Chatschapuri spendieren und uns den Must-See-Teil der Stadt zeigen. Im Gegensatz zu Yerevan ist Tiflis sehr viel aufgeputzter und schicker; was auch daran liegen mag, dass die Sowjetregierung hier nicht die komplette Altstadt zerstört hat.

Wir sehen mosaikbestückte Häuser, die berühmten Schwefelbäder und sogar einen Wasserfall, an dem Georgier einen Falken und einen Pfau bereit halten, mit denen Fotos gemacht werden können.

Eine Sache, die mich jedoch ein wenig überrascht und mir auch leichte Bauchschmerzen verursacht: Überall, aus jedem Souvenirshop und von so manchem T-Shirt schaut, mir heroischem Blick oder wohlwollenden Opa-Lächeln, Stalin zu mir. Der gebürtige Georgier ist hier wohl eine Art Nationalheld, die Mädchen berichten uns auch von dem Stalin-Museum: Keine geschichtlichen Hintergründe, bloß Personenkult.
Doch nicht nur der ehemalige Diktator wird verehrt: An vielen Straßen hängt neben der georgischen Flagge die Deutsche. Auch jene der EU ist oft zu sehen, wenn auch etwas weniger auffällig.

Nach unserer kurzen Besichtigung geht es für einen kleinen Filmabend zurück ins Institut, danach machen Alma und ich noch einen langen Spaziergang durch die lebhaften, bunten Straßen.
Am Dienstag bleibt leider keine Zeit mehr: Wir fahren direkt nach dem Frühstück zurück nach Chambarack, aber ich bin mir jetzt schon sicher, dass es nicht mehr letztes Mal hier sein wird.

Hoher Besuch

Langsam entwickeln sich Strukturen und Routinen in meinem Leben hier und langsam komme ich auch arbeitstechnisch in einen Alltag rein. Die letzte Woche hatte ich meine ersten Deutsch-Stunden; freiwillig und nach der Schule, für die Schüler, die Lust darauf haben, diese Woche habe ich sogar zweimal Unterricht übernommen. Noch ist es ein wenig holprig- das liegt vor allem an der Sprachbarriere, und daran, dass ich wegen mangelnder Erfahrung sozusagen wenig in der Hinterhand habe, mit dem ich arbeiten kann, wenn die geplanten Aufgaben erledigt sind. Alles in allem hatte ich, aber großen Spaß daran, mit den Kindern zu arbeiten, besonders mit der 4. Klasse. Den Kleinen hat man die Freude am Lernen und die Begeisterung sehr angemerkt, im Gegensatz zu den etwas apathischen 9. Klässlern konnten sie es kaum erwarten, ihre Deutschkenntnisse zu erproben.

Letzten Freitag sind Emma, Henrik und ich dann nach Yerevan gefahren, während die anderen Freiwilligen sich aufgemacht haben, um noch die letzten warmen Tage am Sewansee zu genießen. Alma und ich dagegen ziehen übers Wochenende in die WG ein; wir müssen „arbeiten“. Es ist Deutschlehrertag und so verbringe ich den Samstagvormittag an unserem Stand in einem pikfeinen Hotel und überwache, dass die Direktoren der Schulen sich ordnungsgemäß in die Anwesenheitslisten eintragen; ein Job, der genauso spannend ist, wie es klingt.
Hierbei treffen wir auch die Delegation der Oberschule Findorff in Bremen vor, die, wenn alles glatt läuft, eine Partnerschaft mit meiner Schule in Chambarack anstrebt. Um uns kennenzulernen sind sie für eine Woche aus Deutschland angereist; zwei Tage in Yerevan und drei Tage bei uns.

Dilijan

Dadurch, dass ich mitverantwortlich bin, mich um unsere Gäste zu kümmern, bekommen wir ein wenig das obligatorische Armenien-Sight-Seeing-Programm spendiert:

Quetscht man sich durch eines der Löcher in diesem Baum, gehen alle seine Wünsche in Erfüllung – so heißt es
  • Geghard, eine in Fels gebaute Klosteranlage
  • Garni, der am besten erhaltene heidnische Tempel Armeniens
  • Dilijan, mit dazugehörigem Kloster
  • Goshawank, ebenfalls ein Kloster (die gibt es hier wie Sand am Meer)

 

Dieser kleine Engel tollte mit seinen Geschwisterchen bei einem Restaurant herum, bei dem wir einen „Imbiss“ eingenommen haben

Ein Nachteil der armenischen Gastfreundschaft ist allerdings: Die Tage, in denen ich mit den Gästen aus Bremen unterwegs bin, erwachsen zwischen den Klosterbesuchen, zu einer einzigen Fressorgie. Nur die Tatsache, dass ich von dem in rauen Mengen ang

ebotenem Fleisch (für unserem Besuch beim Bauernhof mussten zwei Hühner ihr Leben lassen) und Fisch nichts anrühre, verhindert, dass ich nicht einfach platze.
Auch so gehe ich jeden Abend mit wie in der Schwangerschaft gespanntem Bauch und starken Magenschmerzen ins Bett. Nicht, weil das Essen nicht gut gewesen wäre, im Gegenteil, sondern weil es einfach zu viel ist.

Alles Liebe und bis zum nächsten Mal 🙂

Lucy

„No russki!“ – Ankommen in Chambarack

Die Fahrt am Dienstag von Yerevan zu meinem Einsatzort, Chambarack, führt uns durch die kaukasische Landschaft und am Sevan-See vorbei, wo wir einen Sight-Seeing-Zwischenstopp einlegen, einen armenischen Kaffee trinken und ich mich für ein paar Fotos auf ein fremdes Boot vor dem See stellen soll. Wir haben Glück mit dem Wetter, für Mitte September ist es noch sehr sonnig und angenehm warm.

Chambarack selbst ist ein kleiner Ort zwischen den Bergen, nahe der aserbaidschanischen Grenze.
Mein erster Eindruck: Es ist seehr ländlich. Auf dem Schulhof laufen Hühner und Gänsescharen, manchmal begegnet man einem Kalb auf der Straße und Kühe, Schweine und andere Tiere sind nicht hinter Gattern und Zäunen, sondern laufen einfach frei auf den Feldern herum.

Die Sprachbarriere bekomme ich jetzt in voller Wucht mit, oft werde ich auf Russisch oder armenisch angesprochen („no russki“ und „ees tsheem hayastan chossum em“ sind wahrscheinlich die Ausdrücke, die ich die letzte Woche am häufigsten verwendet habe). Ich versuche zwar, so viel wie möglich auf Armenisch zu antworten, doch meistens verstehe ich nicht einmal die Frage.

Die Schule macht einen sehr freundlichen Eindruck auf mich, auch wenn alles ein wenig schäbig aussieht, ist es voller Leben und ich bin mir sicher, dass ich mich hier sehr wohl fühlen werde. Als ich am nächsten Tag gegen 10Uhr wieder dort ankomme, werden mir im Lehrerzimmer Äpfel, Süßigkeiten und armenischer Kaffee angeboten, in bruchstückhaftem deutsch fragen meine neuen Kollegen nach meiner Familie und bringen mir ein paar Wörter armenisch und russisch bei.

Der Eingang der Hauptschule No. 1

Neben dem Hospitieren habe ich auch schon die erste Aufgabe bekommen: Ich soll den Lehrern einer Bremer Schule, die am 30.September kommen werden, ein Konzept für eine Projektwoche zum Thema „Müll“ vorstellen. Sollte eine Partnerschaft zwischen den Schulen entstehen, wird das Projekt im Frühling mit den Schülern beider Schulen hier in Chambarack durchgeführt werden. Zwischen den Stunden, die ich im mit im Deutschunterricht sitze, arbeite ich hieran.

Eline, eine der Deutschlehrerinnen, stellt mich auch einigen Schülern vor, erst einer Gruppe 9.Klässler (die höchste Klasse dieser Schule) mit sehr komplizierten Namen, von denen ich die meisten in der Sekunde vergesse, in der ich sie höre, danach einigen Siebtklässlerinnen, die nach einer Unterrichtsstunde zu mir kommen. Als ich, auf die Frage nach meinen Hobbys, erzähle, dass ich gerne zeichne, werden sie aufgeregt und bitten mich, sie heute Nachmittag in die Kunstschule zu begleiten. Emma schärft ihnen (auf Armenisch) noch ein, mir ein bisschen den Ort zu zeigen und mit mir zum Supermarkt zu gehen, dann wuselt die aufgedrehte Gruppe wieder davon, um mich am Nachmittag abzuholen.

Der Besuch der Kunstschule macht sehr viel Spaß; gleichzeitig ist es auch etwas merkwürdig, da ich mich nicht verständigen kann, sondern meine ganze Kommunikation in die Hände zwölfjähriger lege. Sie stellen eine Tafel vor mir auf, pinnen ein Blatt dran und drücken mir einen Bleistift in die Hand, dann sind wir mehr oder weniger beschäftigt, ab und zu kommt eines der Kinder zu mir, schaut mein Bild an und sagt etwas zu den anderen Kinder, die teilweise ebenfalls von ihren Plätzen aufstehen und herüberlaufen.
Da ich, außer im Kunstunterricht in der Schule, nie etwas gemalt habe, bin ich sehr langsam und werde nicht fertig mit meiner Aufgabe, als die Stunde zu Ende ist und meine kleinen Stadtführerinnen mich an der Hand wieder nach draußen ziehen. „Schnorrhakalutsjun“ – danke, kann ich den Lehrern noch zurufen, für mehr reichen meine Sprachkenntnisse leider noch nicht aus. Bevor wir die Stadt anschauen, bringen die Mädchen noch ihre Kunstmappen nach Hause, dabei ruft eine von ihnen, Goharik, ihre Mutter ans Fenster, um mich vorzuführen. Ich begrüße sie, den Rest des Gesprächs übernimmt Goharik, beantwortet Fragen nach meinem Alter und meiner Herkunft, dann ruft die Mutter ihren Sohn ans Fenster. „Das ist mein Bruder, er ist 17!“, sagt meine Übersetzerin aufgeregt, dann, nach einem weiteren Zwischenruf ihrer Mutter: „Willst du ihn heiraten?“

Nein danke, ich habe einen Freund in Deutschland, schlage ich das Angebot aus und zeige das silberne Armkettchen, dass Lorenzo mir vor meiner Ausreise geschenkt hat. Die Mutter lacht nur und wirft noch ein paar Süßigkeiten zu uns herunter, bevor sie wieder in der Wohnung verschwindet.

Freitagnachmittag gehe ich mit einer Gruppe 9.Klässler, die ein Projekt zum Thema „Biodiversität nebenan – Vielfalt im Kaukasus“ vorbereiten sollen, in den Wald spazieren und genieße die wunderschöne Natur, die Chambarack zu bieten hat, während die Jugendlichen Fotos der Flora und Fauna machen und mir manchmal Kräuter zum Essen in die Hände drücken.

Oben auf dem Hügel machen wir eine kleine Pause, und ich komme in den Genuss einer der wunderschönen Aussicht über das kleine Städtchen.

Noch einen schönen Tag 🙂

Lucy

Yerevan

Es fällt mir schwer zu glauben, dass ich das hier Montagabend schreibe, dass mein dritter Tag hier in Armenien vorbei ist. Gefühlt bin ich erst vor einigen Stunden hier in Yerevan, der Hauptstadt Armeniens angekommen; oder aber vor 2 Wochen.

Der erste Tag meiner sechs Monate Freiwilligendienst beginnt spät; schließlich haben wir uns erst um 6.00Uhr Ortszeit schlafen legen können. Leider sind Alma, meine Mitfreiwillige am Goetheinstitut und ich etwas krank, hustend und schniefend werden wir von unserer Ansprechpartnerin Dana zur Stadttour durch Yerevan abgeholt.
Hier stelle ich fest, dass ich, als eher Dorfkind, mich selten so wohl in einer Millionenstadt gefühlt habe. Die Menschen sind höflich, in der Metro bekommt man als Frau beinahe immer von einem Mann den Platz angeboten (wobei ich nicht weiß, ob ich das als positiv oder negativ einschätzen soll) und die Gehwege sind großzügig angelegt, sodass ich mir wenig Sorgen um Taschendiebe mache.

Direkt am Samstag werde ich auch bei einigen meiner Vorurteile eines Besseren belehrt: Fast auf allen Schildern steht unter dem Armenischen (eine eigene Sprache mit eigener Schrift ;)) die englische Übersetzung; auch viele Menschen sprechen englisch. Einerseits ist das natürlich hilfreich; andererseits hatte ich auch noch nicht die Gelegenheit, die paar Brocken armenisch, die ich vor meiner Ausreise gelernt habe, anzuwenden.

Um 17.00Uhr geht es aufs Oktoberfest der Deutschen Botschaft; und ich fühle mich sofort wieder wie daheim (keine 24h seit ich von dort los bin) bzw. wie auf den klischeehaften Dorffesten zuhause, wo jeder von der Musik genervt ist und man eigentlich so schnell wie möglich wieder verschwinden möchte.

der Berg im Hintergrund ist der Ararat; ein extrem heiliger Ort. Hier soll damals die Arche gestrandet sein.
der Blick von den Kaskaden nach unten, ungefhr in der Mitte des Bildes ist die Oper zu sehen.

 

Etwas fitter als am Tag zuvor, machen wir uns am Sonntag direkt nach dem Frühstück auf, in Richtung der WG der anderen Freiwilligen, und von dort aus zur Vernissage; einem berühmten Kunst- und Souveniermarkt. Noch habe ich mir nichts gekauft, aber zumindest weiß ich jetzt, dass ich keine Probleme damit haben werde, Weihnachts- und Geburtstagsgeschenke für meine Lieben zuhause zu finden. Schließlich werden wir von Nourian, einem weltwärts-Freiwilligen, auf einen „Imbiss“ zur „Tavern Yerevan“ geführt. Da in armenischen Restaurants unser „Tellergericht“ fremd ist, bestellen alle zusammen; das Essen kommt in großen Platten auf den Tisch, und jeder nimmt sich, was er möchte auf seinen Teller- quasi wie zuhause bei Mutti ;). Vieles ist nicht nur typisch-armenisch, eher georgisch oder generell kaukasisch, doch das nimmt dem Geschmack natürlich nichts. Ebenfalls beeindruckend ist die Rechnung: Für Vorspeise, Hauptgang, Nachtisch, Getränke und Kaffee, inklusive Trinkgeld bezahlen wir zu acht 32.000Dram; das sind ungefähr 7,50€ für jeden von uns.

 

Um halb elf treffen wir Montagmorgen im Sprachlernzentrum des Goethe-Instituts ein – bzw. eher 5 nach halb; weil wir uns auf dem Weg von der Metro hierhin etwas verlaufen haben. Hier bekommen wir zuerst noch mal die Mitarbeiter des Zentrums vorgestellt (und von diesen gleich ein Stück Torte angeboten), vor allem aber dürfen wir uns die Taschen mit Büchern und Materialien aus der Bibliothek füllen, welches wir an den Schulen benutzen können. Alma und ich schnappen uns beide eine Ausgabe von „Grimm’s Märchen“ und „Goethe für Kinder“; dazu noch ein paar Lektüren für Deutschlernende auf unterschiedlichen Niveaustufen und einige Filme.

Nach dem Tag im Zentrum werden noch einige letzte gesellige Stunden mit den Anderen in der WG verbracht; bevor es morgen um 9Uhr für mich nach Chambarack, meinem eigentlichen Zielort, geht.

 

Bahri gisher meine Lieben 🙂