Polnische Weihnachtstraditionen – meine Erlebnisse

Ja, Weihnachten ist schon einige Zeit her, aber nichtsdestotrotz möchte ich noch etwas dazu schreiben, wie ich manche Traditionen erleben durfte. Vielleicht stelle ich ja auch einen Rekord für den spätesten Weihnachtsartikel auf.

Nikolaus oder Święty Mikołaj wurde an meiner Schule mit Wichteln in jeder Klasse gefeiert.  Ich durfte natürlich vom deutschen Fest erzählen.

Im Deutschunterricht der 2. und der 8. Klasse (wenn man wie in Deutschland zählt) bastelten die Schüler zusammen Weihnachtskarten, wobei die älteren den kleinen helfen sollten. Um die Wartezeit auf die Achtklässler zu überbrücken (es gab ein kleines Missverständnis, wann die Bastelstunde stattfinden sollte), sangen wir „Lasst uns froh und munter sein“ bzw. den Refrain. Beim Basteln ging ich rum und half, wo ich konnte; sprich hauptsächlich verteilte ich Aufkleber und malte die Tannenbäume vor. Am Ende entstanden schöne Karten, alles innerhalb einer Stunde. Fotos gibt es hier: http://5gim.lublin.pl/index.php?option=com_content&view=article&id=2082:frohe-weihnachten-warsztaty-boonarodzeniowe-z-jzyka-niemieckiego&catid=9:aktualnoci&Itemid=17

Es war echt süß, wie begeistert manche Kinder waren, dass ich wirklich eine Deutsche bin. Die Sprachbarriere hielt manche jedoch nicht davon ab, mit mir zu reden, wovon ich nicht wirklich alles verstand. Mit Übersetzung der Lehrerin stellte sich eine Frage als „Warum hast du einen Schal an?“ raus 😀 Auch ich konnte neue Wörter wie Schere, Kleber, Weihnachtsbaum und Aufkleber lernen. Trotzdem war es schwieriger als gedacht, zu sagen, was ich will. Denn nur weil ich weiß, was Kleber heißt, kann ich nicht sagen: „Mach mal da noch was mehr Kleber hin, dann hält das besser.“ Für mich war es eine andere Erfahrung als mein gewohntes Basteln mit deutschsprachigen Kindern.

Mit der 7. Klasse verzierten wir in der letzten Stunde vor Weihnachten Kekse und ordneten Bräuche nach Deutschland/Polen/beides. Das war für mich sehr interessant. Einiges wusste ich schon, anderes war neu. Zum Beispiel gibt es auch in Polen Weihnachtsmärkte, allerdings kommt dies aus dem Westen, wo sie auch deutlich größer sind. Während der Breslauer Weihnachtsmarkt groß und bunt beleuchtet war, gab es in Warschau mehrere kleine mit ca. 10-15 Ständen.

Obwohl ich Weihnachten zu Hause verbrachte, konnte ich die polnischen Bräuche für Heiligabend bei zwei Weihnachtsfeiern miterleben. Einmal bei der der 8. Klasse und bei der der Lehrer*innen. Es gibt traditionell 12 Gerichte (für die 12 Apostel/Monate), darunter kein Fleisch. Gegessen wird mit dem ersten Stern (haben wir aufgrund der Uhrzeit nicht beachten können) und ein Gedeck bleibt frei für einen Gast/Verstorbene (haben wir auch nicht so gemacht).

Zu Beginn wird die Oblate geteilt. Dazu bekommt jeder ein Stück, man geht durch den Raum zu allen Personen und wünscht jeder etwas. Das kann von „Frohe Weihnachten!“ bei Leuten, die man nicht gut kennt, bis zu einer langen Liste mit Freunden, Gesundheit, einem reichen Mann, … bei näheren Bekannten reichen. Danach bricht man ein Stück der Oblate der anderen Person ab und küsst sich auf die Wangen/gibt sich die Hand (wieder nach Bekanntheit).

Das erste Weihnachtsgericht ist Barszcz, eine Rote-Beete-Suppe mit Uszka (Öhrchen), kleinen Pierogi (Piroggen). In der Klasse hat jeder zwei Löffel Suppenpulver in seine Schüssel bekommen, das ganze wurde mit heiß Wasser aufgegossen und es kamen lauwarme Uszka aus der Packung rein. Bei der Feier mit Kollegium wurde alles frisch gekocht serviert.

Zur Klassenweihnachtsfeier hatten die Schüler*innen dann noch weitere Gerichte mitgebracht, nicht alles so traditionell. Es gab Salat, Kuchen, Fisch, Brot, Saft und noch weiteres.

Bei der Feier im Kollegium waren auch ehemalige Lehrer anwesend, also kannte ich gar nicht alle. Zu Beginn sang der Schulchor und die Musiklehrerin mit drei anderen Frauen, dann las die Vizedirektorin die Weihnachtsgeschichte aus der Bibel vor, ein Pfarrer sagte etwas mir Unverständliches auf Polnisch und das Oblatenteilen ging los.

Anschließend aßen wir Barszcz, dann Hering und Karpfen (manchen Fisch kalt, anderen frittiert, ich weiß nur nicht mehr, welchen wie) mit Brot und wer mag auch Meerrettich. Mohnkuchen konnte man sich auch die ganze Zeit nehmen und am Ende gab es Pierogi. Kompot, ein Getränk aus Dörrobst, zählt auch als eine Speise; der Schwarztee (in Deutschland wäre es wohl Kaffee gewesen) aus Kannen jedoch nicht.

Ich unterhielt mich mit den Deutsch- und Englischlehrrinnen und ein kleines bisschen auch mit den anderen, die sich über meine polnischen Sätze „Heute fahre ich nach Warschau und morgen nach Deutschland“ gefreut haben.

Polnische Weihnachtslieder gibt es auch viele, bis auf „Stille Nacht“ (Cicha Noc) waren sie  mir zu Beginn alle unbekannt. Dank eines Weihnachtskonzerts der Musikschule, zu dem ich mit meiner Ansprechpartnerin ging, einem in letzter Minute gesungenen Lied der 8. Klasse und dem Schulchor änderte sich das jedoch. Von der 8. Klasse bekam ich dann noch eine CD mit polnischen Weihnachtslieder (mit Textbuch!), sodass ich sie auch in Deutschland hören konnte. Dazu schenkten sie mir Süßigkeiten, die 7. Klasse schenkte mir einen Engel und Süßigkeiten und die Deutschlehrerinnen ein Polnischlernheft und noch mehr Süßigkeiten (alle polnisch und teilweise sogar aus Lublin).

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