Archiv für den Monat: Dezember 2016

Crazy Christmas- Oder ich will hier nicht mehr weg!

Am 24. ging es los. Ich fuhr morgens früh zum Flughafen – am Malecón vorbei und durch Callao. Am Flughafen selbst war es super voll – überall Menschen. Die Schlange zu meinem Schalter erstreckte sich quer durch den Flughafen, anscheinend gehört der 24. zu den Tagen an dem die meisten Menschen fliegen. Nach fast einer Stunde war ich am Schalter angekommen und beeilte mich zu meinem Gate zu kommen – mein Ziel Bogotá. Leider flogen wir etwa 45 später ab als geplant und in Bogotá angekommen, bemerkte ich dass meine Sim-Karte hier gar nicht funktioniert. Ein bisschen gestresst und nervös machte ich mich auf durch diverse Kontrollen und Immigration. Kaum im Ankunftsbereich angekommen hörte ich schon: „Sophiaaaaaaa“. Juliana (meine kolumbianische Freundin, die ich aus Deutschland kenne) und ihr Vater haben mich netterweise abgeholt. Weihnachten und Neu Jahr werde ich mit ihr und ihrer Familie verbringen und dann versuchen noch so viel wie möglich von dem Rest Kolumbiens zu sehen.

Kaum bei Juliana zu Hause angekommen ging es auch schon mit ihren Eltern weiter, zu einem späten Mittagessen. Im Restaurant angekommen trafen wir auf Julianas Geschwister. Meine erste kolumbianische Mahlzeit – ich total überfordert.  In dem Restaurant gab es verschiedene „Stationen“, mit verschiedenem Essen (Fleisch, Fisch, Salat, Saft…), bevor wir alle loszogen erinnerte uns Julianas Mama daran, dass wir am Abend noch mal Essen und sie den ganzen Tag gekocht hat. Ich – immer noch total überfordert – lies Juliana für mich entscheiden. Wir teilten uns einen Arepa (Maisteig, gefüllt mit Käse) und ich aß noch eine Art Bohnen-Suppe in die ich noch andere Sachen (wie Reis und Avocado) reintat. Es kam jedoch immer noch mehr auf den Tisch und am Ende waren wir alle gesättigt und nahmen die Hälfte des Essen mit. Zurück zu Hause, machten wir erst mal eine Pause. Weihnachten geht hier in der Familie erst um 21/22 Uhr los. Gefeiert wurde mit etwa 10 Leuten. Erst wurde viel geredet, dann getrunken – meine erste Begegnung mit Aquardiente – es wurde gebetet und jeder erzählte was er_sie sich für das neue Jahr wünscht bzw. erhofft. Zum Schluss wurde laut und schief gesungen. Um kurz nach 12 wurde sich Umarmt und gefeiert wie bei uns Neujahr – ¡Feliz Navidad! Dann ging es ans Geschenke auspacken (es dauerte etwa 1,5 Stunden – ein Geschenk nach dem andern und die Story dazu). Gegen drei Uhr nachts haben wir dann doch noch alle etwas gegessen. Ich bin dann um halb vier Tot ins Bett gefallen, wohingegen der Rest der Familie noch bis 5 Uhr weiter feierte.

Am 25. ging es dann weiter nach einem Frühstück/Mittagessen (aus den ganzen Resten vom Vortag) sollte ich eine „Familien-Tradition“ kennen lernen- Tutti-Frutti. Ich hatte keine Ahnung was mich erwarten sollte – sie redeten immer von einem Spa – einem sehr seltsamen Spa. Im Endeffekt eine seltsame Sauna. Wir saßen in Badeanzug und Bademantel in Dampfbädern die jeder ein anderes Aroma hatten (Zitronengras, Eukalyptus, Mandarine, Ananas…), dazu tranken wir frischen Saft und lachten viel. Kaum zurück zu Hause ging es auch schon weiter zu der Großmutter und den restlichen Verwandten – Juliana hat sechs Cousinen (teilweise schon mit Kindern). Ich wurde sehr herzlich aufgenommen. Es wurde gegessen, wieder lange Geschenke ausgepackt und viel gelacht. Ich hatte noch nie ein so großes Weihnachten. Es hat super viel Spaß gemacht – aber ich war sehr froh, dass Weihnachten nur bis zum 25. ging. Am 26. mussten Juliana und ich uns erst mal erholen.

Julianas Familie hat mich so herzlich aufgenommen. „Unser zu Hause ist dein zu Hause„. Ich fühle mich nach ein paar Tagen schon so erholt, dass ich gar nicht mehr gehen will. Vor allem der flauschige Teppich in Julianas Zimmer wird mir fehlen 😉

781 Sterne später

Mittlerweile hat die Schule Ferien, trotzdem möchte ich hier die Chance nutzten etwas über meinen letzten Monate in der Schule zu schreiben.

Im November hieß es zum ersten mal alleine Unterricht zu halten. Dafür brauchte ich kein Artikulationsschema, keine hörgeschädigten spezifische Maßnahmen und kein gestresstes Wochenende an dem ich mir den Kopf zerbreche und eine Idee nach der anderen verwerfe – auf der Suche nach der „perfekten“ Stunde. Nein! Diesmal hatte ich das Glück alles vorbereitet zu bekommen. Sechs Stunden sollte ich alleine halten, in der 9.,10., und 11. Klasse. Die Lehrerin bereitete mir alles vor, kopierte alle Arbeitsblätter und ging mit mir jede Stunde durch. Leider sollten aus den sechs Stunden nun vier werden, denn zwei Klassen schrieben an dem einen Tag, während des Deutschunterrichts, ein Examen. Auch gut. Montag morgen saß ich immer noch leicht erkältet und viel zu früh an meinem Arbeitsplatz und ging die drei Stunde für den Tag durch. Kurz vor Unterrichtsbeginn ging ich ins Klassenzimmer und wartete….und wartete…und wartete. Genauer gesagt  wartete ich 35min bis die ersten eintrudelten. Nach 40min waren alle da. Sie hatten einen Vortrag von einer Universität, der sich leider etwas gezogen hat. In den letzten 5min noch anzufangen, hätte auch nichts gebracht, also ließ ich sie gehen. Die zwei anderen Stunden liefen mehr oder minder geplant. Das eine Arbeitsblatt (Dativ und Akkusativ) bereitete den Schülerinnen der 9. Klasse Probleme und so musste ich kurzerhand improvisieren und die komplette Stunde und auch die nächste umstellen. Sonst habe ich schon mittlerweile mehrere Stunden vertreten oder alleine gehalten.

Parallel dazu begannen die Vorbereitung auf das A1 (Klasse 5 und 6), dass wir dieses Jahr zum ersten Mal in der Schule gemacht haben. Wir haben Probeexamen mit den Schülerinnen geschrieben und im Unterricht für den mündlichen Teil der Prüfung geübt. An einem Tag schrieben die Schülerinnen dann die drei schriftlichen Teile (Hörverstehen, Leseverstehen und schriftliche Kommunikation), diese mussten natürlich auch korrigiert werden. Also setzte ich mich an dem Nachmittag hin und korrigierte 4 Klassensätze. Dabei bekamen die Kinder keine Noten, sondern 1-3 Sterne in jeder Kategorie. Das schöne dabei ist, dass jedes Kind mindesten einen Stern in jeder Kategorie bekommt und auch jedes Kind am Ende ein A1 Diplom hat. Ein paar Wochen später wurde dann das mündliche Examen abgenommen. Dieses besteht aus einem Frage-Antwort-Teil und einem „Freien-Teil“ zu einem bestimmten Thema. Für den zweiten Teil bereitet ich etwa 20 Zettel pro Klasse mit verschiedenen Themen vor (Mein Haus, meine Familie, meine Schule…). Am Tag der Prüfung teilten wir uns dann auf, zwei meiner Kolleginnen fingen an die Klasse 7A zu prüfen, während ich parallel mit meiner anderen Kollegin die Klasse 7B prüfte. Es war super schwer für mich, da ich in der 7B nur selten im Unterricht war und die Namen noch nicht kannte, die vorbereiteten Namensschilder, waren durch die langen Namen der Mädchen leider auch sehr klein geraten und die ersten Minuten war ich total überfordert. Doch dann bin ich rein gekommen und immerhin waren wir zu zweit und hatten vorbereitete Bogen. Das gleiche Prozedere wiederholten wir mit den sechsten Klassen. Die Schülerinnen haben in allen vier Kategorien sehr gut abgeschnitten, viele sogar mit insgesamt 12 Sternen. Das Ende müsste man meinen – leider nein, denn jetzt ging es an die Zertifikate. Die Zertifikate waren zwar schon vorgedruckt, mit Name und Geburtsdatum, aber die Sterne waren leider noch auf jedem Zertifikat weiß. Also bekam ich kurzerhand drei Goldstifte in die Hand und begann zu malen. Die ersten paar Stunden waren ja noch ganz angenehm – ein Lückenfüller für zwischendurch – doch irgendwann wollte ich nur noch fertig sein. Nach 781 Sternen war ich es dann auch endlich. Wie lange es gedauert hat – ich will es gar nicht wissen.