Ultima zi in Sebes

Liebe LeserInnen meines Blogs,

ich sitze gerade, so wie des Öfteren, auf meiner alt eingesessenen Terrasse und falle in leichte Melancholie. Nun sind 3 Monate vergangen seit dem ich das erste Mal Fuß auf rumänischen Boden legte. 3 Monate die mir vorkamen wie 3 Wochen. In dieser Zeit ist unfassbar viel passiert, worüber es sich zu Berichten lohnt, doch ich konzentriere mich in den Folgenden Zeilen auf das Wesentlichste.

Seit 10 Tagen bin ich wieder in Sebes. Vorher war ich eine Woche lang auf dem von kulturweit organisierten Zwischenseminar in Lviv (Ukraine). Es kamen Freiwillige aus Lettland, Estland, der Ukraine, der Republik Moldau und Rumänien zusammen. Wir haben über unsere Erfahrungen in den jeweiligen Einsatzländern gesprochen, sowie weitere personen- und länderorientrierte Inhalte reflektiert und diskutiert. Am Mittag bin ich dann meistens von unserem Seminargelände in einer Vorstadt in die Altstadt gefahren und bin durch die Gassen gebummelt. Lviv ist eine sehr impulsive Stadt mit toller Architektur und einer außergewöhnlichen guten Esskultur, die wie ich finde zu einer der schönsten Städte in Osteuropas zählt. Ich habe nicht gewusst, dass es neben russisch-orthodox auch die ukrainisch-orthodoxe Kirche gibt. Dies hat unter anderem auch politische Beweggründe und die ukrainisch-orthodoxen befinden sich mit ihrer Ausrichtung sehr nah am Vatikan. Allgemein ist das anti-russische in der Mentalität der Leute deutlich spürbar. Egal ob Proteste vor dem Rathaus, Plakate für die Freilassung aus russischer Haft oder Einwohner die insistieren, sie würden „Ukrainisch“ sprechen und auf keinen Fall „Russisch. Alles in allem ein aufregender Aufenthalt mit vielen neuen Facetten.

Die ukrainisch-orthodoxe Kirche Lviv’s

 Eine sowjetische Bank

Heute am 14.6 ist also der letzte offizielle Schultag und es geht nun für die Schüler des Colegiul National Lucia Blaga bei 32 Grad in die 3 monatigen Ferien bis sie dann Mitte September aus Neue an die Schreibhefte müssen. Bevor sie jedoch entlassen wurden, gab es eine Zeremonie im Schulhof, bei der die besten Schüler jedes Jahrganges geehrt wurden und ein „Diploma“ sowie Geld erhalten haben. Diplome scheinen hier wohl eine sehr beliebte Währung zu sein denn selbst ich habe 6 davon im Koffer für Teilnahme an Spracholympiaden, Workshops&Co. Das beliebteste Reiseziel der jungen Siebenbürgener scheint sowohl Griechenland als auch Kroatien zu sein, so wie es mir die Schüler mitteilten. Als dann die Zeremonie vorbei war, wurde ich im Lehrerzimmer verabschiedet und machte mich auf zu einem meiner Freunde um von seiner Oma hausgemachte Sarmale und frisch fermentierte Holunderlimonade zu trinken. Leider gibt es in der Nähe kein Freibad oder betretbare Seen, denn es ist nun seit zwei Wochen jeden Tag über 30 Grad im Schatten. Ich wandere dann also mit vollem Bauch so durch die engen Gassen von Sebes und bin auf der einen Seite froh, dass es nun zunächst nach Hause geht, bevor es dann weiter nach Bukarest geht um an einem rumänischen Sprachkurs teilzunehmen, da ich meine Familie und Freunde vermisse. Zum anderen jedoch, habe ich mich nach den vergangenen Monaten erst so richtig einleben können und die Sprache ein wenig zu sprechen gelernt um die englisch Defizite bei einigen wenigen etwas auszugleichen. Nun, zum Ende hin, habe ich gute Freunde gefunden aber muss sie auch schon wieder verlassen. Freunde, die einem die wahren Winkel Rumäniens zeigen, die einem als Außenstehender so oft verwehrt bleiben. Dies können etwa kleine Tunnel sein die man im Gebirge ohne Wissen niemals finden würde und die einen an entlegene Orte bringen oder Rezepte, etwa wie Holunderlimonade mit Hefe fermentiert wird und sich dann im Sommer zu einer kalten Erfrischung verwandelt. Jedoch ist es mir am liebsten den Sonnenuntergang anzuschauen, in der die Sonne in den Weiten der Karparten in immer dunkler werdenden rot Tönen langsam untergeht.

 Sonnenuntergang beim Rapa Rosie

Ich hatte jedoch auch viel Zeit um einfach nur da zu sitzen, zu denken, zu reflektieren. „Konstruktive Langeweile“ wie ich es so schön nenne, denn anders als zuhause gibt es hier weniger Möglichkeiten etwas mit seiner Zeit anzufangen. Ich habe viel neues über mich selber gelernt, etwa das ich nicht gut mit Langeweile klarkomme aber auch das man keine Angst haben soll auf Leute zuzugehen, egal woher sie kommen und welche Sprache sie sprechen, denn in der Zeit in der wir zögern vergehen wesentliche Minuten, Stunden, Tage und das musste ich in meiner kurzen Zeit in Rumänien selbst erfahren, welche Auswirkungen das hat. Viele 12. Klässler mussten sich nämlich in den letzten 4 Wochen ihrem „Abitur“ widmen und mussten zusätzlich noch Arbeiten. Dementsprechend hatten sie kaum noch Freizeit und hätte ich eher den Kontakt zu manchen jetzigen Freunden gesucht, hätte man vielleicht noch einige weitere schöne Stunden zusammen verbracht. Des weiteren habe ich (auch wenn sich das recht kitschig anhört) eine neue Definition von Heimat gefunden. Nämlich ist diese nicht an einen Ort gebunden so wie sich das viele Vorstellen. In Rumänien etwa ist die Offenheit, die Gastfreundschaft und die Leichtigkeit Heimat für mich und ich werde mich mein Leben lang daran erinnern können und sagen, ich habe diese Werte zurück zu meinem tatsächlichen Zuhause gebracht und meine Heimat dadurch erweitert.

Zeremonie am letzten Schultag

Nun werde ich die alten Schmutzsachen vom Schrank holen und mein Gepäck packen und hoffen, dass der Transfer den ich für morgen um 5 Uhr früh gebucht habe auch pünktlich kommt. Eine komische Mischung aus Traurigkeit und Zuversicht macht sich bei mir breit. Ich werde ganz sicher irgendwann wiederkommen und dann mit fließendem rumänisch im Koffer.

La revedere Sebes!

Cine este Lucian Blaga? Wer ist Lucian Blaga?

Salut! Ce mai faci? Sunt bine!

Während ich gerade bei herrlichen 24 Grad auf meiner kleinen Terrasse für mich hin vegetiere und über einen griffigen Titel für meinen neuen Blogeintrag nachdenke, esse ich ein paar frisch gemachte „Mici“ oder auch Cevapcici mit Senf und trinke dazu klassisch einen Salep (Joghurtdrink). Nebenbei lerne ich noch einige rumänische Vokabeln, um auf dem Markt auch ja die letzte köstliche Erdbeere für meine „Bani“ zu ergattern. Wenn es also jemals einen sogenannten Kulturschock gegeben hat, ist der nun komplett verschwunden. Übermorgen findet meine neu eingeführte American Football AG statt, bei der ich den Schülern nach dem Unterricht ein paar Basics in Sachen Catching& Route-Running beibringe und wir sogar schon ein kleines 5 gegen 5 Touchfootball Match zu Stande bekommen haben.

Zunächst zu meiner Freizeitbeschäftigung während meines ersten Monats in Romania. Mit einem Jungen namens Andrei, den ich aus der Schule kenne, habe ich mir letzten Freitag ein Motocross geliehen und wir waren im Gelände Off-Road fahren. Enorm spaßig aber auch nicht ganz ungefährlich. Nächste Woche wollen wird die Transalpina Route fahren, die sich auf einer höhe von 2500 Metern in den Karpaten erstreckt. Des Weiteren habe ich mir über das Wochenende einen kleinen Dacia geliehen um etwas die entfernten Gebiete Siebenbürgens zu erkunden. Firstly, Burg Hundeoara. Ein imposantes Schloß aus dem 14. Jahrhundert mit gotischen Zügen, welches auf einem Kalkfelsen in Mitten eines, meiner Meinung nach nicht ganz so charmanten, Industriegebietes thront.

Am Tag darauf folgte das kleine Dorf Sighisoara oder im Deutschen Schäßburg. Dieses kleine aber feine Dorf katapultiert einen (dort gibt es wirklich Katapulte höhö) direkt ins Mittelalter. Große Gebäudeteile und Mauern sowie Festungstürme sind noch so gut wie im Originalzustand erhalten. Demnach ist die komplette Altstadt nicht umsonst seit 1999 UNESCO Weltkulturerbe. Erwähnenswert ist, dass sowohl Schäßburg als auch seine größeren Brüder Hermannstadt und Kronstadt kein bisschen an Authentizität verloren haben und man quasi spüren kann, wie hier ein mal sächsische Siedler vor 800 Jahren gelebt haben. Wie heißt es so schön, hier wird Geschichte lebendig.

Die Stadt ist zwar unerwartet touristisch und mit Souvenirläden übersät aber behält dennoch in den meisten Teilen ihren Charme und lädt zum bummeln durch die kleinen verwinkelten Gassen ein. Besonders gut gefallen hat mir die auf dem Berg des Dorfes stehende evangelisch-gothische Kirche, die durch einen kleinen Tunnel in die dunklen angrenzenden Katakomben führt. Verlässt man die Kirche in Richtung Süden, kann man einen kleinen Umweg zurück ins Dorf nehmen, der sich alle Mal lohnt. Nämlich durch einen 200 Jahre alten Friedhof der sich den ganzen Rücken des Berges herunter bahnt und einen tollen Ausblick auf die Landschaft bietet. Auf dem Rückweg wurden noch zwei Stops eingelegt. Der erste an einem Apfelstand um den besten Apfelsaft zu kaufen, den ich je getrunken habe (ist nicht übertrieben) und der zweite in Sibiu (Herrmannstadt) um mit einem vollen Bauch voll „Samale“, oder auch Kohlrouladen, und „Mici“ nach Sebes zurück zu fahren. Mir gefällt die rumänische Küche enorm, insbesondere die sogenannte „Hirtenpfanne“. Gepökeltes und gekochtes Lammfleisch an Polenta mit Tzatziki. Durch meine bisher zurückgelegten Autofahrten muss ich nun allerdings einen Kritikpunkt loswerden. Die Rumänen, denen ich im Straßenverkehr begegnet bin, fahren enorm riskant und überholen selbst in Kurven ohne nachzudenken. Alleine auf der halbstündigen Fahrt nach Sibiu bin ich, meines Zählstandes nach, an 48 Kreuzen am Straßenrand entlang gefahren. Wenn also irgendein tollkühner Leser auf die Idee kommt mit dem Auto durch Rumänien zu fahren, passt bitte auf! Daheim angekommen begab ich mich auf direktem Wege in mein Bett, da die vielen Eindrücke und die recht nervenaufreibende Autofahrerei dann doch Kraft gekostet haben. In Sebes selbst mache in unter der Woche bis auf Basketball und Football recht wenig und liege meistens in dem kleinen Garten in unserem Hinterhof in der Sonne und lese zurzeit  „Der Streik“ von Ayn Rand (sehr zu empfehlen & wer es liest, versteht auch den Titel des Eintrags)

Nun zu meiner Arbeit an dem „Colegiual National Lucian Blaga“. In den ersten Wochen hatte ich einen Stundenplan bekommen samt Übungsaufgaben zu den im Mai anstehenden Fit-Prüfungen (A1-B1) die vom Goethe Institut erstellt wurden und die Deutschkenntnisse des Absolventen nachweisen sollen. Ebenfalls bereiten sich die Schüler auf eine nationale deutsche Spracholympiade vor, bei der sie, falls erfolgreich, neben Prestige für die Schule einen garantierten Universitätsplatz an ihrer rumänischen Wunschuni bekommen. Mein Schulalltag besteht also darin, im Einzelunterricht mit den Kindern Aufgaben zu den bevorstehenden Prüfungen zu machen und so viel wie möglich mit ihnen zu sprechen, was nur gelegentlich ins englische abdriftet. Die Prüfung besteht aus Lesen,Hören,Sprechen und Schreiben und dauert insgesamt 3 Stunden. Mittlerweile beaufsichtige ich auch die Kinder der vorhandenen Deutschlehrerinnen, bei denen der Druck und die mutmaßlichen Versagensängste spürbar am größten sind. Was das Sprachniveau angeht, sind die Schüler sehr durchmischt. Manche bereiten sich auf die B1 Prüfung vor, obwohl sie nicht mal ihr Wochenendplanungen präsentieren könne, wohingegen andere Schüler sich auf die A2 Prüfung vorbereiten und Texte von Erich Kästner zusammenfassen können. Alles in allem muss ich allerdings sagen, dass die überwiegende Mehrheit für ihren Lernstand hervorragend deutsch spricht, was allerdings auch ihrer bilingualen Erziehung, da wie in meinem früheren Blogeintrag angegeben, noch viele Siebenbürgen Sachsen in Sebes ansässig sind und dem Deutschunterricht in der Grundschule mit zu verdanken ist. Peinlich wurde es, als eine Lehrerinn mich während des Unterrichts unvorbereitet aufforderte ein deutsches Lied zu singen. Spontan fiel mir da nur „Dieser Weg wird kein leichter sein“ von Xavier Naidoo an, das ich diesen durch SingStar auswendig beten konnte. Ich behaupte jedoch nicht, das mein vorhandenes Wissen, meine krächzende Stimme und meinen hochroten Kopf in irgendeiner Weise retten konnte. In der laufenden Woche wich mein Stundenplan jedoch von der Norm ab und ich musste für Frau Suciu den Deutschunterricht spontan übernehmen, da sie mit den deutschen Austauschschülern aus Düsseldorf an einigen Exkursionen teilnehmen musste. Bei den Klassen war zwischen der 6. und der 12. Klasse alles mit im Boot. Überraschenderweise fiel es mir nicht besonders schwer in der Klasse mal mit dem Rücken zur Tafel zu stehen. Mit den Jüngeren machte ich vorgegebene Aufgaben von Frau Suciu, die sie ohne zu murren erledigen und mit den älteren etwas improvisiertere Sachen, wie etwa Präsentationen üben oder einfaches Vorlesen aus der Tragödie Faust. Leider muss ich zugeben, dass die Schule einen großen Fokus auf Naturwissenschaften legt und Sprachen in der Obligatorik etwas zu kurz kommen, was sich durch die Abwesenheit der Schüler bemerkbar macht. Bisher kann ich aber mit gutem Gewissen sagen, dass mir meine Tätigkeit hier in Sebes spaß bereitet und  zugeben muss, die rumänische Kultur völlig unterschätzt zu haben. Da bald Ostern vor der Tür steht, habe ich vor Kurzem einen Flug nach Dortmund gebucht und werde die Feiertage bei meiner Familie verbringen. Die darauffolgende Woche werde ich meinen ehemaligen Roommate Igor in Amman besuchen, der dort ebenfalls als Freiwilliger im Auftrag von dem Pädagogischen Austauschdienst tätig ist.

 

P.S. In Sighisoara war zwar das Geburtshaus von Vlad Dracul, dem historischen Dracula, allerdings bis auf Souvenirs in Form von T-Shirts mit der Aufschrift „I have survived Dracula“ kein Anzeichen auf etwaige Vampire. Vielleicht ändert sich dies, wenn ich Anfang Mai mit Frau Suciu zu der nationalen deutschen Spracholympiade nach Kronstadt fahre und das Schloß Bran (Schloß Dracula) besichtige.

Münster goes Mühlbach

Meine Reise begann mit einem Riß in der Frontscheibe.

Als ich am Morgen des 14.3, mental aufgeladen, unsere Wohnung verließ und am Flughafen Münster/Osnabrück ankam und bereits meinen Koffer abgegeben und durch die Sicherheitskontrolle gegangen bin, kam die Durchsage, der Flug sei gecancellt worden… Das Flugzeug hatte wohl auf einmal einen gravierenden Riß in der Scheibe. Daraufhin musste ich, verständlicher Weise dezent angenervt, meinen Koffer abholen und wurde auf den Folgetag umgebucht. Am Freitag ,dem 15.3 sollte es dann also offiziell losgehen und der Flieger nahm pünktlich um 13 Uhr Kurs auf München, wo es von dort weiter nach Hermannstadt/Sibiu gehen sollte. Als ich dann also maximal pünktlich am Gate des Fluges ankam, teilte uns ein Sprecher mit, das Flugzeug habe den Startflughafen noch nicht verlassen und man könnte den Passagieren noch nicht mitteilen wann es denn weitergehen könnte. Nach einer kurzen Atempause schrieb ich meiner Ansprechperson, Frau Suciu in Sebes, die so freundlich war und mich vom Flughafen abholen gewollt war, dass mein Flug Verspätung hat. Diese wiederum teilte mir mit, dass Sie bereits am Flughafen warten würde. Ungefähr 3 Stunden zu früh. Nach weiteren 2 Stunden Wartezeit, 2 Stunden Flugzeit und ausgerüstet mit einer Schachtel Toffife als Entschädigung, war Sibiu nun endlich in Sichtweite. Als wir zum Landen ansetzten, sah ich bereits während des Sonnenuntergangs am Ende des Horizonts die schneebedeckten Karpaten und die letzten 1 1/2 Tage waren wie vergessen. Nach dem Landen hieß es auf meinen überbepackten Koffer warten, was von einem ca. 2 Minütigen Stromausfall überschattet wurde. Leider erwischte mich dieser Eiskalt am Pissoir mit denkbaren Folgen. Frau Suciu wartete bereits am Ausgang auf mich und fuhr mich zu meinem Einsatzort, in das 50 km entfernte Sebes. Daraufhin fuhr Sie bei Nacht einmal durch den Ort, um mir einen groben Überblick zu geben und brachte mich kurz darauf zu dem Gästezimmer in der Evangelischen Gemeinde, welches für das nächste halbe Jahr mein Zuhause sein wird. Da ich an einem Freitag anreiste, hatte ich das Wochenende Zeit um anzukommen und mich zu akklimatisieren. Ich nutzte die Zeit und erkundetet den überschaubaren Ort bei herrlichen 22 Grad. Ich wohne direkt an der Bulevardul Lucian Blaga, der Hauptstraße der Stadt, von der aus vor Allem meine Einsatzstelle, das Lucian Blaga National College, zu Fuß zu erreichen ist. Sobald ich mein Apartment verlasse, springt mir die eindrucksvolle evangelische Kirche mit ihrem Mosaik verzierten Dach ins Auge, die das Stadtbild (zu Recht) dominiert. Direkt um die Ecke sind etliche Lebensmittelgeschäfte, Metzgereien und Obststände. Auf der rechten Seite der Kirche befindet sich ein kleiner Park, wo bei gutem Wetter die älteren rumänischen Herrschaften Boule spielen und auf den Parkbänken verweilen und sich sonnen. Neben der oben genannten Kirche befindet sich eine traditionelle Grundschule, an der in deutscher Sprache die Worte „Bildung ist Freiheit“ angebracht sind. Diese Worte fande ich persönlich sehr ergreifend und bieten viel Raum für Interpretation.

Es herrscht eine sehr lockere und entspannte Atmosphäre und die Einheimischen sind sehr gastfreundlich und geben ihr bestes in Sachen Englisch, wenn man mal eine Frage hat. Die meisten Häuser sind Einfamilienhäuser in wunderschönen unterschiedlichen Farben und besonders auffällig ist, dass die Stromversorgung bei jedem Haus überirdisch verläuft und somit die Luft voller Kabel ist.

Abgerundet habe ich den Tag mit einem kleinen Kochexperiment, nämlich Sauce Bollognese. Nach meiner Erkundungstour habe ich am Folgetag eine kleine Wanderung eingeschlagen und wollte zum sogenannten Rapa Rossi wandern. Dies ist eine von Wind- und Wassererosionen geformte rote Felswand, die etwas an den Grand Canyon erinnert. Dieses Naturschauspiel ist einzigartig in Europa und verschlug mir echt die Sprache.

Als ich eine Stunde über alle möglichen Steigungen gekraxelt bin und am Ziel angekommen war, die Aussicht genoß, wollte ich nicht den gleichen Weg zurückgehen und entschied mich an den Felsen vorbei und in das angrenzende Tal hinab zu steigen. Diese Entscheidung war allerdings folgenschwer, da ich auf dem Rückweg, neben der herrlichen Landschaft, auch durch eine Autodeponie gehen musste und es von Straßenhunden nur so wimmelte. Einige bellten mich aus der Ferne an doch ich musste an ihnen vorbei um wieder auf die Hauptstraße zu gelangen. Ich versuchte langsam und ruhig zu bleiben, da ich normalerweise das Gegenteil von Angst verspüre wenn ich Hunde erblicke. Doch dieses Mal rannten die Hunde nach einiger Zeit kläffend auf mich zu und ich rannte wie ein Irrer auf den nächsten Zaun zu und sprang hinüber. Dabei holte ich mir zwar eine leicht zerrissene Hose aber auch eine Blog-Werte-Geschichte. Daraufhin gönnte ich mir bei Papa Georgi einen Teller Schweine Kottlets, eine Suppe, zwei Cola, einen Latte Macchiato und ein Eis für 75 Lei ( umgerechnet ca. 15 Euro)

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Am Montag, den 18.3 sollte dann also mein faktisch erster Arbeitstag sein und ich stand um Punkt 7 Uhr auf und wartete um 8 Uhr zu Schulbeginn vor dem Lehrerzimmer auf das Eintreffen von Frau Suciu. Die Schule ist in drei Gebäude unterteilt. Eines für die Jahrgangsstufen 5-8, eines für die Oberstufe (Lyzeum) und eines für Informatik/Technik. Die Klassenräume sind mit mehreren Zweiertischen in drei senkrechten Linien aufgeteilt und fast alle mit Smartboards und Beamern ausgestattet und sind ausgesprochen modern. Bis zu diesem Zeitpunkt wusste ich jedoch noch nicht ob ich etwa selber als Deutschlehrer tätig sein werde oder die Lehrer nur bei ihrem Unterricht unterstützen sollte. Am ersten Tag hieß es jedoch weder noch, da das komplette Lyzeum das Baccalaureate simulierte und somit der Deutschunterricht entfiel. Allerdings hatte mich Frau Suciu bereits gewarnt, dass es in der ersten Woche etwas chaotisch werden könnte. Ich betrat das Lehrerzimmer und wurde von allen Lehrern herzlich empfangen und durfte zwischen Ihnen platz nehmen. Ich landete dann nach einem hin und her als „Gasthörer“ im Erdkundeunterricht bei Herrn Ilyan, der von jetzt auf gleich die Lingua Franca von Rumänisch auf Englisch umstellte, damit ich dem Unterricht folgen konnte ( und das in der Achten Klasse über das Thema erneuerbare Energien!). Daraufhin folgte Englischunterricht, wo ich mich vorstellen sollte und mit den Schülern einen kleinen Dialog über unterschiedliche Hobbys, von Fussball über Basketball bis hin zu American Football, führen sollte. Ich stellte fest das, anders als bei uns in Deutschland, die Schule nur von 8-14 Uhr geht und ehe man sich versieht, der Tag auch schon fast vorbei war. Als es um 12 Uhr eine 20 minütige Pause gab, kam ich mit einigen Lehrern ins Gespräch (Manche Lehrer können hervorragend Deutsch und fast alle Englisch). Neben Fragen bezüglich meiner Motivation, meiner Hobbys und meinen ersten Eindrücken, wurde permanent gefragt ob ich Basketball spielen würde. Herr Ilyan sagte, dass er nun unweigerlich den Titel des größten Lehrers abtreten müsste. Ebenfalls teile er mir mit, dass er vorletztes Jahr 3 Monate in Deutschland gearbeitet hat. Zum „Traubenlesen“. Dann hat er gefragt „Gathering grapes? Is that correct?“ und ich war auf ein Mal total verdutzt und fragte naiver (und auch unverschämter) Weise „Yes it is but why did you do that?“. Er entgegnete daraufhin anrüchig “ Für Geld (?!)“. Ich konnte mir in diesem Moment einfach nicht vorstellen, dass ein Lehrer an einer rumänischen Eliteschule, der in seinem Fach den Unterricht mühelos von Rumänisch auf perfektes Englisch switchen konnte, nach Deutschland fliegt und dort als Gastarbeiter Trauben erntet. Ich habe mich nach dieser Bemerkung geschämt und an dem Tag nicht mehr mit ihm geredet. In der letzten Stunde sollte ich eine Klasse übernehmen, da die Lehrerinn etwas zu bezüglich der anstehenden Deutschprüfungen zu organisieren hatte. Ich ging mit den 6 Klässlern nach draußen, wobei keiner von ihnen englisch geschweige denn deutsch sprechen konnte. Und was macht man draußen mit einer Gruppe voller 12 Jähriger und einem Ball auf der Wiese? Richtig! Völkerball! Jungs gegen Mädchen. Einfach zu erklären und neben dem pädagogischen Lehrwert der „Gewaltverherrlichung „auch noch zu tiefst amüsant.

Am Dienstag war also dann mein „richtiger“ richtiger Arbeitstag und ich lernte die 4 Deutschlehrerinnen kennen und mir wurde mein Arbeitsplan überreicht. Ich werde nun tageweise an der Seite, der mir zugewiesen Lehrerin, dem Unterricht assistieren. Die Stunden an diesem Tag begannen mit dem Austeilen eines Arbeitsblattes, welches etwa als Beispiel, eine Reise nach Wien beinhaltete und wir gemeinsam zum Thema „Reisen“ aus dem Text Vokabular an die Tafel brachten und dieses Tafelbild am Ende Gemeinsam weiter ausfüllen sollten. Auf dem Schulhof sah ich plötzlich während der Pause ungefähr fünf Polizeiwagen mit Blaulicht und Einsatzkräfte mit MP5 und Sturmmasken. Alle Schüler und Lehrer blieben jedoch seelenruhig und es stelle sich heraus, dass an diesem Tag wohl der „Geburtstag“ der Polizei sei und sie so laut eines Schülers, Werbung für ihren Beruf machten. Auf dem Nachhauseweg wurde ich von mehreren Rumänischen Schülern angesprochen und wir kamen ins Gespräch woraufhin sie mich zum Cevapcici essen mitnahmen. Nach einigen ersten Tagen zeichnet sich ein sehr charmantes und liebenswürdiges Bild der Stadt Sebes ab und ich freue mich bereits auf die kommenden Tage an der Lucian Blaga.

 

 

P.S. Bisher habe ich noch keine Vampire entdecken können.

Der Anfang von etwas Weitem

Bun venit auf meinem kulturweit Blog,

Mein Name ist Aaron, ich bin 18 Jahre alt und wohne in der westfälischen Stadt Münster. Ich habe mich letzen Jahres kurz nach meinem Abitur für den Kulturfreiwilligendienst der Deutschen UNESCO-Komission beworben, welchen ich in circa einem Monat in Rumänien absolvieren werde. Um genauer zu sein in dem bürgerlichen Dorf Sebes in zentral Transsilvanien mit gut 25.000 Seelen.

Transsilvanien ? War da nicht was mit Vampiren ? Dies war mein erster, wenn auch kindlicher Gedanke als ich den Namen meiner Einsatzstelle das erste Mal laß. Es gibt viele Vorstellungen von Rumänien und ich werde euch in den kommenden Monaten meine Erfahrungen und Erlebnisse in diesem osteuropäischen Land schildern. Transsilvanien (oder auch im deutschen „Siebenbürgen“) beherbergt noch eine deutsche Minderheit, nämlich die Siebenbürgen Sachsen die schon seit dem 12. Jahrhundert in Rumänien ansässig sind. Die deutsche Kultur ist also immernoch in Sebes existent und spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle in der Gemeinde. Damit verbunden ist auch mein Aufgabengebiet, welches ich an der Schule „Lucian Blaga“ mit gut 1000 Schülern, habe. Deutsch wird an der Schule als zweite Fremdsprache gelehrt und ich werde dafür zuständig sein, die vorhandenen Deutschlehrer bei ihrem Unterricht zu unterstützen sowie Workshops und andere außerschulische Aktivitäten zu planen. „Lucian Blaga“ gehört zu den sogenannten PASCH- Schulen, welche weltweit vertreten und vernetzt sind und in denen Deutsch einen besonders hohen Stellenwert hat. Meine Kontaktperson in Sebes, Frau Marculet, die ebenfalls Lehrerin an der obengenannten Schule ist, hat mir bereits im Vorfeld einige Tipps sowie Do’s & Dont’s für meinen kommenden Aufenthalt mitgeteilt und war dabei ausgesprochen nett und zuvorkommend. Sie hat mir dazu auch einige Informationen über Sebes und dessen Einwohner gegeben, etwa das die Menschen ausgesprochen gastfreundlich seien und sehr traditionell leben würden. Ebenfalls erzählte Sie, dass einige Sportturniere, mit Fokus auf Fussball, anstehen würden, die hohes Ansehen innerhalb des Dorfes genießen und bei denen ich mich auch mit einbringen könnte.

Des Weiteren hat Frau Marculet mir auch empfohlen auf eigene Faust im Land herumrzureisen, da es wohl eine enorme kulturelle und geographische Vielfalt in Rumänien gibt und sich ein Kurztrip in alle Himmelsrichtungen immer lohnen würde. Deshalb suche ich bereits nach einem kleinen Pkw um dieser Empfehlung  nachzugehen. Mein Onkel war lange Zeit als Guide für off-road Geländewagentouren tätig. Währenddessen leitete er auch Touren durch die Kapaten und berichtete mir immer wieder von vielen Abenteuren sowie der unbeschreiblich schönen Natur Rumäniens. Was die Unterkunft während meines Freiwilligendienstes angeht, habe ich über Frau Marculet bereits mit Herrn Dahinten kommuniziert, einem  Pfarrer, der mir eine Wohnung in der evangelischen Gemeinde zur Verfügung stellen wird.

Nun heißt es bald Koffer packen und die ersten Wörter Rumänisch auf die Reihe kriegen um dann nach meinem Vorbereitungsseminar am 14.3 von Münster/Osnabrück nach Sibiu zu fliegen. Der größte Flughafen Rumäniens ist ungefähr 50 Minuten mit dem Auto von Sebes entfernt und bemerkenswert gut vernetzt. Ich blicke mit Freude auf die kommende Zeit und werde versuchen, auch mithilfe eines rumänischen Sprachkurs, so tief es als Außenstehender geht in diese nahe und doch so ferne Kultur zu blicken und von ihr zu lernen.

 

Meinen Blog werde ich alle 2-4 Wochen up-to-date halten um euch von meiner Ausreise detailliert erzählen zu können.